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Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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öffnete mir Frau Hansen jetzt die Tür zu einer, wie ich auf Anhieb erkannte, liebevoll für mich hergerichteten Gästetube: „Bitte, Fräulein von Tornheim, Euer Reich, ich hoffe, Ihr fühlt Euch wohl darin.“
„Bestimmt, Frau Hansen, es ist traumhaft.“
Ein Bett stand darin, ein riesiger Kleiderkasten, ein Tisch, umgeben von vier Stühlen, und ein Waschtisch - über dem an der Wand ein Spiegel angebracht war! Ich musste mich zurückhalten, mich nicht sofort davor zu stellen, wobei mir ungewollt Herr Hansen zur Hilfe kam, indem er seinen blonden Kopf zur Tür hereinstreckte, um mich zu fragen: „Was ist mit den beiden Reisetruhen im Gepäckraum, sollen die auch hoch?“
„Nein, nein, nur die Kleider darin.“
„Ich helfe dir, sie rauf zu tragen“, bot Frau Hansen ihm an.
Sie hatten den Raum noch nicht recht verlassen, als ich auch schon vor dem Spiegel stand. Und was ich sah, nahm mir den Atem - die nachgewachsene Braue war zur Zwillingsschwester der anderen geworden, ebenfalls rotblond, verlief sie im gleichen hohen, langen Bogen über dem rechten Auge. Dem Himmel sei Dank! Erst jetzt stieß ich die angehaltene Luft aus und atmete dann mehrmals erleichtert durch. Nun wollte ich noch die Haut besser beurteilen, wozu ich mich über dem Waschtisch näher zum Spiegel hinrecken musste. Doch auch nach längerer Untersuchung konnte ich keinerlei Vernarbungen mehr entdecken, meine Haut war, bis auf geringe Unebenheiten über und unter der neuen Braue, einwandfrei glatt, genau wie sie sich die letzten Tage mit den Fingern angefühlt hatte. Einzig die leicht eingedellte Schläfe erinnerte noch an meine Verletzung, aber nur mich selbst, denn für andere blieb sie unter dicken Locken unsichtbar.
Ich verharrte noch immer in dieser Pose, als Frau Hansen zwei Kleider und mehrere Hüte hereinbrachte, worauf ich, ertappt wie ein unartiges Kind, erklärte: „Wegen meiner Allergie, weil, ich habe doch all die Tage keinen Spiegel gehabt, deswegen.“
Sie verstaute die Kleider und Hüte im Wandkasten und trat dann verständnisvoll lächelnd zu mir: „Ja, das habt Ihr erwähnt. Aber man sieht absolut nichts mehr davon, wirklich, ihr habt eine blütenweiße Haut, beneidenswert. Überhaupt, Ihr seid eine zauberhaft schöne Frau.“
„Na, na“, meinte ich verlegen und dennoch voller Glück, „bis auf dieses verrückte Haar.“
„Fräulein, ich bitte Euch, Euer Haar ist zwar etwas ungewöhnlich, aber es fasziniert, und es passt zu Euch. Seht meins an, eine langweiligere Farbe gibt es nun wirklich nicht.“
Darüber empörte nun ich mich: „Langweilig! Es hat das satte Braun einer Kastanie und ebensolchen Glanz.“
Herr Hansen trat ein, hoch bepackt mit Kleidungsstücken: „Damit ist jetzt eine Truhe ausgeräumt, und ich habe bereits mit der zweiten begonnen.“
Wir nahmen ihm die Stücke von oben her ab und verteilten sie auf dem Bett. „Da ist ja Herrenkleidung mit bei“, wunderte sich jetzt Frau Hansen, worauf ich erklärte:
„Sie hat Ritter von Aue gehört, jenem Helden, der mich vor Sangerhausen im Stich gelassen hat. Dafür hat er mein Reitpferd mitgenommen, meine geliebte Reike. Ich schenke Euch die Herrenkleidung, Herr Hansen, sie müsste Euch passen.“
Darauf reichte er mir, ungeachtet des heftigen Einspruchs seiner Gattin, freudig zum Dank die Hand.
Gleich drauf forderte er uns auf: „Jetzt geht’s erst mal rüber an den Esstisch, unsere Haushälterin trägt bereits auf. Und Ihr, verehrtes Fräulein, werdet ordentlich zugreifen“, er sah an mir herab, „denn es ist nicht zu übersehen, dass Euch diese Allertaler Mönche fast haben verhungern lassen.“
„Jörg!“, tadelte ihn kopfschüttelnd seine Marlis, ich hingegen musste über seine Bemerkung schmunzeln, mir gefiel seine offene Art.

    F ür mich noch immer nicht recht zu fassen - ich war kein Gesichtskrüppel mehr, ich war ein normaler Mensch unter Menschen. Damit eröffnete sich mir ein gänzlich neues Dasein, das ich frohlockend zu erforschen begann.
Gleichzeitig freute ich mich über die von Frau Hansen mit Buntstiften gezeichneten Entwürfe für meine neue, bürgerliche Kleidung, die sie, unter Berücksichtigung meiner sich wieder normalisierenden Figur, bereits zuschnitt.
Die Schneiderei samt Haus stand im Besitz ihrer Eltern, die hier als Schneidergesellen tätig waren, und Frau Hansen war die Meisterin, auf deren Wort ihre Eltern deshalb in der Werkstatt zu hören hatten. Herrn Hansen oblag als gelerntem Tuchhändler nicht nur die

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