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Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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von ihr befand sich an der Längswand der Herd ihrer Vertreterin Eugenie, und an Eugenies rechter Seite wurden dem Lehrmädel Elgrin Kochkenntnisse beigebracht. An der linken Wand stand Alma an ihrem Herd und an dem Herd neben ihr die meist griesgrämige Karoline. Den größten Raum aber nahm in der Mitte der Küche der mächtige, von Messern und Fleischklopfern malträtierte Arbeitstisch ein. Auf ihm wurden die Lebensmittel vorbereitet, wozu auch das augenbrennende Zwiebelschälen gehörte, das auf Theklas gehässige Anordnung noch immer ausschließlich ich zu verrichten hatte.
Da es im Winter überwiegend ruhig in der Küche herging, fand ich nun die Möglichkeit, den Köchinnen ein wenig über die Schulter zu schauen. Dabei hatte ich bald erkannt, dass die Harzer weitaus deftiger kochten als die Schwaben. Hier wurde zu fast jedem Mittagsmahl Fleisch gebraten oder gesotten, mit Vorliebe Wildbret. Als Fett wurde meist Schmalz verwandt, auch an Speck wurde nicht gespart - beides in einer Heilküche eine Todsünde - und alle Speisen wurden so üppig gewürzt, dass ich dann bei Tisch kaum noch das Eigenaroma der einzelnen Lebensmittel herauskosten konnte. Die Geschmäcker waren eben verschieden, und auch ich gewöhnte mich allmählich an die Harzer Gerichte - zwangsweise.
Am liebsten beobachtete ich Thekla am Herd, und trotz all ihrer Bosheiten erkannte ich an, dass ihre Geschicklichkeit beim Kochen unübertroffen war. Oft rührte sie mit einer Hand in einem Suppentopf, rüttelte mit der anderen eine Pfanne mit Fleischstücken und roch gleichzeitig, dass auf dem Herd des Lehrmädels die Rüben anzubrennen drohten. Auch schien sie hundert Augen und Ohren im Kopf zu haben, sie bekam mit, wenn hinter ihr an dem mächtigen Zubereitungstisch eine Köchin den Nudelteig nicht kräftig genug knetete, wenn eine Magd beim Zerkleinern von Gemüse fast einschlief oder wenn ihr die mürrische Karoline nach einer Zurechtweisung hinterrücks die Zunge rausstreckte. Thekla entging nichts. Und auf alles reagierte sie fuchtig, womit sie tagtäglich die Stimmung in der Küche verpestete. Ohja, sie hatte ihre Untertanen im Griff.
Hatte ich es im vergangenen Sommer nicht abwarten können, eine Anstellung zu finden, so zählte ich jetzt stets die Tage und dann die Stunden, bis endlich mein freier Nachmittag anbrach. Im Gasthof Schramm wurde ich von jedem wie ein Fremdkörper behandelt und fühlte mich auch selbst wie ein solcher. Ich vereinsamte hier. So sehr ich mich auch all die Monde bemüht hatte, mir war es nicht gelungen, mit auch nur einem der siebzehn hiesigen Angestellten in näheren Kontakt zu geraten, ich konnte mit niemandem ein vertrautes Wort wechseln. Jörg hatte wohl doch Recht, ich konnte meine Herkunft und sicher auch meine klösterliche Erziehung nicht abstreifen.

    D ie junge Lenzingsonne begann fast unmerklich den Schnee zu tauen, als ich an meinem freien Nachmittag über den kurzen Fußweg zum Dorf spazierte. Bald werden mich wieder Marlis und Jörg besuchen, freute ich mich, was ihnen seit über drei Monden wegen der hoch verschneiten Straßen nicht möglich gewesen war. Die Köchinnen und Mägde hatten mich schon mehrmals nach meinem Besuch mit dieser vornehmen Kutsche ausfragen wollen. „Der lange Blonde ist dein Freund, dein Liebhaber, gib es zu“, hatte mich die übel gesonnene Thekla in die Enge zu treiben versucht, worauf ich, ungeachtet der Gefahr, sie damit noch mehr gegen mich aufzubringen, gekontert hatte:
„Freund schon, aber nicht Liebhaber, für mich ist ein verheirateter Mann tabu.“
Darauf war sie rot angelaufen, die Köchinnen hatten kaum ihr Feixen unterdrücken können, und ich blieb seitdem von derartigen Bemerkungen verschont.
Über diese Gedanken hatte ich Keilberg erreicht. Es zählte zu den wenigen freien Dörfern Deutschlands, sein Bürgermeister unterstand direkt dem hiesigen Grafen von Gerolstein. Für ein Dorf war Keilberg ungewöhnlich groß, mit mehr Werkstätten und Kaufläden als Bauernhöfen, wodurch es das Gesicht einer Kleinstadt vermittelte. Das allerdings hörten die Keilberger nicht gerne, denn sie fürchteten stets, ihren vorteilhaften Status als ‚freier Dörfler‘ zu verlieren. Während ich nun durch Keilbergs Gassen schlenderte, betrachtete ich mir interessiert die Auslagen der verschiedenen Läden. Hier lebte ich stets auf. War ich im Gasthof die Minderwertigste von allen, so fühlte ich mich hier unter den Dörflern aufgehoben. Ich genoss es sogar, als Bürgersfrau und

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