Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
und teilte uns mit, er habe die Wirtsleute soeben von den unerhörten Anschuldigungen der Meisterin gegen seine Frau unterrichtet und Eugenies restlichen Lohn abgeholt.
Darauf wurde Thekla nervös, wie nur sollte sie diesen Vorfall den Wirtsleuten erklären? Das wird umso unangenehmer für sie, da Frau Schramm sie ohnehin, wegen ihrer früheren Liebschaft mit ihrem Gatten, bei jeder Gelegenheit mit spitzen Bemerkungen traktierte, weshalb Thekla ihr stets möglichst weit aus dem Weg ging. Diesmal wird sie ihr nicht ausweichen können.
Es dauerte auch nicht lang, bis ein Stubenmädel Thekla zur Wirtin bat, und so kleinlaut, wie sie dem Mädel dann folgte, hatte sie hier noch niemand erlebt.
Erst nach einer halben Stunde kehrte Thekla zurück - in sich gesunken und bleich. „Du sollst zur Wirtin kommen“, richtete sie mir aus, worauf ich wissen wollte, weshalb.
Sie ließ sich erst auf einen Schemel plumpsen, bevor sie antworten konnte: „Weil sie meint, du wärst eine unparteiische Zeugin. Sie sitzt in ihrer Schreibstube, du wüsstest, wo die ist. - Jetzt geh schon.“
Wieso hielt die Wirtin ausgerechnet mich für unparteiisch?
Das erfuhr ich sogleich von ihr persönlich. „Du scheinst mir vom Küchenpersonal die Vernünftigste zu sein“, empfing mich Frau Schramm und wollte dann von mir erfahren, wie dieser Streit denn nun tatsächlich abgelaufen sei.
Ich schilderte ihr kurz, die Meisterin und Eugenie hätten sich über eine Nichtigkeit die Köpfe heiß geredet, bis beide nicht mehr gewusst hätten, was sie sagten.
„Aber die Meisterin hätte die Vernünftigere sein müssen“, meinte die Wirtin mit recht, wozu ich besser schwieg. Da sie nun keine Fragen mehr stellte, wollte ich mich zurückziehen, sie aber forderte mich auf: „Bleib noch. Tora ist dein Name, nicht?“
„Ja, Tora Tornle.“
Sie lächelte, als sie dann fragte: „Du drückst dich immer so gewählt aus und kannst auch schreiben, ungewöhnlich für eine Magd. Mich interessiert, aus welcher Art Haus du stammst.“
„Ich bin in einem schwäbischen Kloster erzogen worden, Frau Schramm, in dem mir Lesen, Schreiben, Mathematik, eben die gesamte Grundbildung beigebracht wurde.“ Jetzt gilt es, sagte ich mir und warf alles in eine Waagschale: „Darüber hinaus bin ich in der dortigen Hochschule und der Klosterküche zur Heilköchin ausgebildet worden.“
„Du bist . .“, ihr Blick verstörte sich für einen Moment, „du bist Klosterköchin? - Weißt du, diesen Beruf hätte ich selbst gerne erlernt, es war mein Traumberuf. Doch meine Eltern haben für mich die Ehe mit dem Sohn und Erben des alten Gastwirts Schramm vorgezogen. - Tora, eins erstaunt mich jetzt aber, weshalb hast du dich dann bei uns als Küchenmagd beworben?“
Auf diese Frage war ich vorbereitet und erklärte ihr, dass ich wegen widriger Umstände, auf die ich jetzt nicht eingehen wolle, das Kloster übereilt habe verlassen müssen, wobei mir mein Diplom abhanden gekommen sei.
Darauf bot sie mir nach kurzem Überlegen an: „Dann beweise uns dein Können, Tora. Bereite meinem Mann und mir ab morgen zum Frühstück, Mittag und Abend Heilkost zu, ja?“
„Gerne“, freute ich mich, worauf sie hinzufügte:
„Und wenn wir mit deinen Künsten zufrieden sind, erheben wir dich zur Köchin. - Allerdings“, fiel ihr ein, „müssten wir dann eine neue Magd für deine hinterlassene Lücke anwerben, was momentan schier aussichtslos ist.“
„Das wäre nicht nötig, Frau Schramm“, wagte ich einzuwenden. „Wenn ich mir erlauben darf, Euch einen Vorschlag zu unterbreiten?“
„Ich bitte darum.“
„Übertragt dem unausgelasteten Hofknecht Bertold das Heranschaffen unserer Heizmaterialien und das Befeuern der Herde, das würde Euch eine neue Küchenmagd ersparen.“
„Ja? Hm. - Mir sagt diese Idee zwar zu, Tora, wie aber wird die Küchenmeisterin . .“ Sie erhob sich entschlossen: „Egal, ich gehe jetzt mit dir ins Küchenhaus und gebe das alles bekannt.“
M ein Herz schlug Purzelbäume, als sie in der Küche verkündete, ich sei ausgebildete Kloster-, also Heilköchin und werde ihrem Mann und ihr in den kommenden Tagen eine Kostprobe meines Könnens bieten. Dabei habe mir niemand, auch nicht die Meisterin - sie warf Thekla einen galligen Blick zu - reinzureden. Und falls ich mich bewähre, werde ich Eugenies freigewordene Position, stellvertretende Küchenmeisterin, einnehmen. Eine neue Magd werde nicht eingestellt, stattdessen werde Bertold dann gleichsam als Küchenknecht die hier
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