Die Hexensekte!
seiner Jacke den Schutzstein hervor und wartete in gebückter Haltung auf Marie.
Sie bewegte sich wie eine Schlafwandlerin und schien David gar nicht zu bemerken. Er trat ihr in den Weg.
Als sie an ihm vorbei gehen wollte, hielt er sie am Arm fest.
David erschrak. Der Arm des Mädchens war glühend heiß, als habe sie hohes Fieber. Das Mädchen runzelte die Stirn und wandte sich ihm zu. Sie wirkte wie eine Schlafende, die jemand gestört hatte und nicht recht wusste, wie ihr geschah.
„Marie!“ rief David eindringlich. „Komm zu dir! Du musst aus dem bösen Alptraum erwachen und zu dir selber zurückfinden! Nur so bist du zu retten!“
Sie machte sich frei von seinem Griff und strich sich mit einer fahrigen Bewegung über die Stirn.
Entschlossen nahm David seinen Schutzstein zur Hand und hielt ihn Marie entgegen. Sie betrachtete den Mineralstein mit einem verständnislosen Blick.
David kam näher auf das Mädchen zu und drückte ihr den Stein blitzschnell auf die Stirn.
Sie schrie schmerzverzerrt wie ein angeschossenes Tier. Rauch kringelte hoch. Es zischte. Gestank von verbranntem Fleisch entstand.
Das hatte David nicht erwartet. Erschrocken sprang er einen Schritt zurück, dabei löste sich der Stein von ihrer Stirn.
Das Zischen hörte auf. Marie fixierte den Privatdetektiv mit einem stechenden, zornigen Blick. Ihre Augen schienen größer zu werden, bis sie fast sein Gesichtsfeld ausfüllten.
David war plötzlich unfähig, sich zu rühren.
„Marie!“ flüstere er mit einem heiseren Krächzen. „Erwache endlich.“
Aber es war offensichtlich schon zu spät!
Marie Hofer war das Opfer Schwarzer Mächte und wurde sich dessen nicht einmal bewusst. Im Gegenteil, ihre Verbundenheit mit dem dunklen Jenseits verstärkte sich. Die Bande waren nicht mehr zu lösen.
Oder etwa doch?
Die Wunde an ihrer Stirn schloss sich wieder. Die junge Frau hob ihre Hand. Zwischen ihren Finger schoss eine weiße, durchsichtige Kugel hervor und traf David direkt auf die Brust. Er wurde von dem Aufprall der unheimlichen Kugel zu Boden geschleudert.
Plötzlich hörte er ein Fauchen über sich und drehte sich erschrocken zur Seite. Marie stand über ihm. Sie hatte sich nunmehr vollends zu einer Hexe gewandelt.
In dieser Nacht hatte sie die erste Weihung hinter sich gebracht. Sie gehörte zur Hälfte der schwarzen Göttin Hekate, die es nicht mochte, wenn jemand eine ihrer Dienerinnen bekämpfte.
David bekam das am eigenen Leib zu spüren.
Er war ein kräftiger Mann, hatte aber trotzdem nicht die geringste Chance, als sich Marie, die zierliche schlanke Marie, nach ihm bückte, ihn freischwebend emporhob und durch die Bäume in den Wald schleuderte.
Das Mädchen begann zu rasen. Dabei gab sie Laute von sich wie ein wildes Tier. Schaum trat vor ihren Mund.
David hütete sich, dem rasenden Mädchen nochmals zu nahe zu kommen. Ihm taten noch alle Knochen weh. Die Kraft der Hexe war übermenschlich. Der Graf blieb ebenfalls versteckt hinter einem Baum stehen.
Wenige Augenblicke später beruhigte sich die Hexe wieder. Sie drehte sich um und schwebte wie von Geisterhand getragen in Richtung Kloster.
„Na gut“, flüsterte David, „jetzt wissen wir wenigstens, dass ihr mein Schutzstein Schmerzen zufügt, aber sie nicht vernichten kann.“
„Ich werde es mit meinem Schwert versuchen“, antwortete Max von Mergentheim selbstbewusst.
„Wir sollten sehr vorsichtig sein“, antwortete David. „Sie dürfen uns nicht entdecken, wir sollten sie erst genau beobachten, bevor wir zuschlagen.“
Max nickte zustimmend mit dem Kopf und folgte David leise durch den dichten Wald.
Sie kamen in die Nähe des Klosters, umrundeten das alte Gebäude. Es war eine kalte und mondlose Nacht. Heute war Neumond!
Der Graf schlich voraus, bis sie kurz vor der Lichtung hinter dem Kloster anlangten. Im Zentrum dieser Fläche stand der Hexenbaum, so benannt, da angeblich hier die Hexen im Mittelalter die Walpurgisnacht gefeiert hatten.
Sie suchten sich eine geschützte Stelle, wo sie sich verstecken konnten, aber trotzdem freie Sicht auf die Lichtung hatten.
Der Wald schien völlig still zu sein. Es war eine geisterhafte, unheimliche Ruhe, nur das leichte Rauschen und Rascheln der Blätter war zu hören.
Dann schritt eine größere Gruppe von Frauen auf die Lichtung. Jede trug eine Fackel in der Hand. Sie zeichneten Kreise in den Boden um den Hexenbaum und steckten die Fackeln dort hinein.
Es sah aus, als würde der majestätische Baum in
Weitere Kostenlose Bücher