Die Hexensekte!
geöffnet. Heller, gleißender Schein fiel in den Raum.
David wandte den Kopf.
Eine zierliche Gestalt, die von einer strahlenden Aura umgeben war, trat ein. Es war Marie Hofer, das junge Mädchen, das er kurz vorher aus dem See gerettet hatte.
Die junge Frau wirkte in ihrem bodenlangen, weißen Gewand wie ein Engel. Nur das Gesicht sprach dem entgegen. Es lag im Schatten verborgen. Als David das Profil sah, wirkte es unnatürlich, wie mit der Schere von einem schlechten Künstler aus weißem Papier geschnitten.
Lautlos ging sie durch den Raum. Sie schwebte fast.
David presste seine Hände zu einer Faust, bis es ihn fast schmerzte. Er konnte seinen Blick nicht von der Erscheinung lösen.
Das Strahlen und Glänzen, das nur vor dem Gesicht Halt machte, nahm an Intensität zu, doch blendete es nicht. Es war von besonderer, unwirklicher Art, als stamme es nicht aus dieser Welt.
Jetzt erst bemerkte David, dass man in dem Schein nichts von der Inneneinrichtung des Raumes sehen konnte. Es blieb ausschließlich auf Marie Hofer beschränkt.
Dann war der Spuk mit einem Schlag vorbei. Das Mädchen hatte den Raum verlassen, der nun wieder in völliger Dunkelheit lag. Er drückte den Lichtschalter, es blieb jedoch völlig dunkel.
Er tastete sich an dem Tisch entlang, bis er zu Simon Hofer gelangte. Als er den Mann berührte, fuhr er erschrocken zusammen. Simon fühlte sich eiskalt an, seine Haut war mehlig.
David stockte für einen Moment, überlegte wie er dem Mann helfen konnte. Dann beschloss er, dass er sich später um ihn kümmern musste. Dafür war jetzt keine Zeit, er wollte dem Mädchen folgen.
Endlich erreichte er in der Dunkelheit den Ausgang des Zimmers. Die Tür ließ sich ohne weiteres öffnen. Wenig später verließ er den Bauernhof.
Er sah in einiger Entfernung das schwebende Mädchen zwischen den Bäumen verschwinden. Er rannte den Waldweg entlang und verfolgte das schwebende Mädchen.
Nach wenigen Augenblicken, die er brauchte um den dunklen Wald zu durchqueren, erreichte er die kleine Ortschaft Stans.
Eine gepflasterte Straße stieg leicht an, bevor sie eine scharfe Kurve nahm. David schaute nach rechts und links und hatte bald die zierliche Gestalt des Mädchens entdeckt. Sie war etwa einen halben Kilometer von ihm entfernt.
Für David war es rätselhaft, wie es Marie Hofer gelungen war, diesen Vorsprung in der kurzen Zeit zu erreichen. Er setzte sich in Bewegung und eilte ihr nach.
Obwohl das Mädchen sehr langsam über den Boden schwebte, musste David in Laufschritt verfallen, um überhaupt den Anschluss zu halten.
„Das geht nicht mit rechten Dingen zu“, murmelte er vor sich hin.
Wäre er nicht so sportlich gewesen, hätte er die Verfolgung frühzeitig abbrechen müssen. Das Mädchen hatte die kleine Ortschaft fast verlassen, als sie vor einem gepflegten Bauernhaus stehen blieb. Eine Tür wurde geöffnet und ein muskulöser Arm kam zum Vorschein.
Marie Hofer wurde in das Innere des Hauses gezogen.
Die Vernunft gebot David auf der Stelle kehrtzumachen und dem unsicheren Ort den Rücken zu kehren. Er dachte aber nicht daran, sondern schlich leise zu dem Bauernhaus.
Es gab ein von innen verhängtes Fenster, durch das ein schmaler Lichtschein nach außen drang. David spähte durch einen schmalen Ritz und erkannte den Rücken eines Mannes, der in Tücher gehüllt war. Er wirkte wie ein altertümlicher Priester.
Vor diesem Mann lagen seltsame Utensilien aufgetischt.
Marie Hofer ruhte ausgestreckt auf einer Art Altar. Im Hintergrund harrte eine schweigende Versammlung von Frauen, die rote Gewänder trugen. Den in Tücher gehüllten Mann trafen ehrfurchtsvolle Blicke.
Plötzlich entstand ein leiernder Singsang, in einer Sprache, die David noch nie gehört hatte.
Er fühlte sich unruhig und unbehaglich. Der Singsang ließ in ihm eine panikartige Stimmung entstehen. Er beobachtete Maria, die ihre Augen geschlossen hielt und völlig entspannt dalag. Plötzlich hob sie ihre Augenlider an. Ihre Augäpfel zeigten nur das Weiße. Die Pupillen waren nach innen gerichtet. Sie bewegten sich unabhängig voneinander.
Es war furchtbar anzusehen!
Dann öffnete sie leicht den Mund. Eine dünne Rauchfahne drang aus ihrem Rachen. Über dem Gesicht manifestierte sich der Rauch langsam zu den Umrissen eines schwebenden Mannes. Waren das die Umrisse von Max von Mergentheim. David bekam eine Gänsehaut bei diesem unheimlichen Anblick.
Der Mann, der in Tücher gehüllt war, trat vor. In seiner Hand funkelte
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