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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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nie vergessen hatte, wes Stall er entstammte: «Habt Achtung vor den Bauern. Wir säen und ernten nicht und leben doch alle von ihrer Frucht!» So hatte er seinen Kindern beigebracht, dem Landvolk mit Wertschätzung zu begegnen.
    Als sie sich eben mit ihrem Wäschekorb unter dem Arm auf den Weg machen wollte, kam der Hauptmann in eiligem Schritt die Gasse herauf.
    «Ist Egbert aus Villingen zurück?»
    «Nein, noch nicht. Ich war die ganze Zeit hier vor dem Haus.»
    «Warte mit mir auf ihn», bat er sie und begann unruhig auf dem Vorplatz des Gasthauses auf und ab zu schreiten.
    «Dass das so lange dauert, ist kein gutes Zeichen», murmelte er. Immer wieder setzte er sich zu Antonia auf die Bank, drückte ihre Hand, nur um sogleich wieder unvermittelt aufzuspringen. Irgendwann rief er Peter, der gerade in der Remise das Sattel- und Zaumzeug auf Hochglanz brachte, zu sich heraus.
    «Trommel schon mal die Hauptleute und Räte zusammen. Egbert müsste jeden Augenblick zurückkehren.»
    Antonia wusste, wie sehr ihm daran lag, endlich auch die bedeutsame Stadt Villingen in seinen Bund zu zwingen. Bereits im letzten Jahr hatte er es versucht. Dass sich die Stadt nach wie vor widersetzte und ihre Einwohner sogar gewagt hatten, die umliegenden Dörfer zu überfallen, nagte an ihm.
    Noch bis zum Mittagsläuten musste er warten, da verriet das nahende Hufgetrappel Egberts Ankunft. Er kam mit der Nachricht zurück, dass die Habsburgerstadt sich weiterhin weigere, «der christlichen Liebe, der brüderlichen Treue und dem göttlichen Recht einen Beistand zu tun und Anhänger des heiligen Evangeliums zu werden.»
    «Nicht mal bis in die Ratsstube haben sie mich vorgelassen», berichtete Egbert mit zornrotem Kopf. «Am Ende haben sie mich sogar mit Waffengewalt aus der Stadt gejagt.»
    Hans Müller zog ihn hinter sich her in die Schankstube, wo sich seine Leute bereits versammelt hatten. Antonia ließ Wäsche Wäsche sein und stellte sich unter das offene Fenster.
    «Diese verdammten Duckmäuser, diese kleingeistigen Vasallen ihres Habsburger Herrn, Hosenscheißer allesamt», hörte sie Egbert schimpfen. «Da gibt’s unsrerseits nur eine Antwort: Wir stürmen die Stadt. Heute noch.»
    Aus dem lauten Stimmengewirr, das nun folgte, konnte Antonia nichts heraushören. Dann aber schlug eine Faust auf die Tischplatte.
    «Vergessen wir Villingen.» Hans Müllers Stimme klang ernst. «Brechen wir die Zelte ab. Wir machen einen Schwenk nach Norden und holen uns dafür Triberg und Sankt Georgen.»
    Kurz darauf eilten die Männer heraus, um alles für den anstehenden Abmarsch vorzubereiten. Als Letzter erschien Hans.
    «Wieder nichts mit Freiburg», sagte Antonia leise. «Immer weiter, kreuz und quer. Hört das denn nie auf?»
    «Du hast gelauscht?»
    Antonia zuckte die Schultern. «Ihr hättet die Fenster schließen können.»
    Jetzt, wie er so vor ihr stand, fand sie, dass er müde wirkte.
    «Warum ausgerechnet Freiburg?» Seine stahlgrauen Augen blitzten verärgert auf. «Treibt sich da dieser Kerl herum, dieser Phillip?»
    Antonia schüttelte den Kopf.
    «Ich kenne die Klosterfrauen von Guntersthal. Von dort will ich weiter nach Breisach, ins Kloster Marienau.»
    «Guntersthal, Marienau …» Er schnaubte. «Die Klöster rund um Freiburg sollen alle gestürmt und geplündert sein. Wahrscheinlich steht da kein Stein mehr auf dem andern. Und überhaupt – was suchst du dort? Willst du im Ernst wieder als Nonne leben?»
    Antonia sah ihn verwirrt an: «Diese Klöster gibt’s gar nicht mehr? Zerstört genau wie Liebfrauenwalde?» Daran hatte sie tatsächlich nie gedacht.
    «In welcher Welt lebst du, Antonia? Denkst du etwa, die Bauern haben sich nur in dieser Gegend erhoben? Das, was augenblicklich hier geschieht, geschieht überall in den deutschen Landen.»
    Er bemerkte die Tränen in ihren Augen und legte ihr den Arm um die Schultern.
    «Und selbst wenn es dein Kloster noch gibt – über kurz oder lang hat das mönchische Leben, so wie wir es kannten, überall sein Ende. Warum willst du deine Freiheit aufgeben? Hast du es nicht auch genossen, jenseits von Mauern und verschlossenen Toren zu leben, inmitten von rechtschaffenen Männern und Frauen, die ebenso gläubig sind wie du, ohne sich dabei einsperren zu lassen?»
    Antonia schluckte. Er hatte ja recht. So viel von der Welt hatte sie gesehen in diesen letzten Wochen, so vieles erlebt. Auf sonnigen, mit Frühlingsblumen betupften Wiesen hatten sie Rast gemacht, hatten zwischen

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