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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Stimme aus dem Dunkel hinter der Pförtnerluke.
    «Ich bin Phillip von Holderstein. Mein Vater ist der Muntherr einer Eurer Novizinnen, Antonia von Oberthann. Ich muss unbedingt mit ihr sprechen.»
    «Wartet hier, ich werde die Priorin um Erlaubnis fragen.»
    «Warum braucht es da eine Erlaubnis?»
    Die Stimme wurde ärgerlich. «Ihr müsst Euch schon unseren Regeln fügen, wenn Ihr ein Anliegen habt.»
    «Dann fragt wenigstens die Äbtissin. Sie ist gut bekannt mit meinem Vater.»
    «Die ist auf Reisen, junger Herr.»
    Mit einem lauten Knall schlug die Klappe wieder zu.
    Ungeduldig trat Phillip von einem Bein aufs andere. Wenn man ihm nun seine Bitte abschlug? Nachdem er heute Mittag in Breisach eingetroffen war und sein Pferd in einem Stall untergebracht hatte, war er rund um die Klosteranlage herumgeschlichen wie ein Dieb. Hatte mit sachkundigem Blick die Höhe der Mauern geprüft, die Durchlässe ausfindig gemacht, war sogar in den kleinen Weingarten oberhalb des Klosters eingedrungen, um einen Blick ins Klosterinnere und vielleicht sogar auf Antonia zu erhaschen. Aber es waren nur braun gewandete Gestalten bei der Arbeit zu sehen gewesen. Den irrwitzigen Einfall, sich als Knecht verkleidet Einlass in die Klausur zu verschaffen, um Antonia irgendwo zu begegnen und ihr im Schutz einer Mauer, eines Schuppens seine Liebe zu gestehen, musste er verwerfen. Marienau war befestigt wie eine Stadt, und die Klausur der Nonnen, das hatte er schmerzhaft erkennen müssen, war vollends von der Außenwelt abgetrennt.
    Er hatte keine Ahnung, wie so ein Besuch im Kloster vonstattenging. Ganz gewiss würde man eine Novizin keinen Atemzug lang allein lassen mit einem jungen Mann. Würde er überhaupt ungehindert mit ihr sprechen dürfen? Vergeblich hatte er seinen Bruder auszufragen versucht, wie es bei ihm gewesen war hier im Kloster. Doch Kilian hatte kein weiteres Wort darüber verlieren wollen.
    Trotzdem war Phillip voller Hoffnung. Er würde sie wiedersehen, selbst wenn sie zehn Schritte Abstand voneinander halten mussten. Und sie würde erkennen, wie ernst es ihm mit seinem Brief gewesen war. Danach lag ihr Schicksal in Antonias Hand. Wenn sie seine Gefühle erwiderte, würde sie das Gelübde nicht ablegen, sondern zu ihm nach Holderstein kommen. Zumindest würde er alles, was in seiner Macht stand, unternehmen, um sie baldmöglichst von hier wegzuholen.
    «Edler Junker?»
    Phillip schrak zusammen. «Was ist, Schwester Pförtnerin?»
    «Ihr müsst Euch leider noch bis kurz vor der Vesper gedulden. Die Priorin ist mit einigen ihrer Schützlinge im Weinberg. Dort will sie nicht gestört werden.»
    «Verstehe», murmelte Phillip. «Wie lange dauert es noch bis zur Vesper?»
    «Ein gute Stunde etwa. Wenn Ihr dann also wiederkommen mögt …»
    «Das werd ich. – Halt, wartet!»
    Phillip schob seinen Arm in die Öffnung, um zu verhindern, dass die Luke wieder zuschlug.
    «Was gibt’s denn noch?»
    «Stimmt es, dass in den klösterlichen Besuchszimmern ein Gitter die Nonnen von den Besuchern trennt?»
    «Ja, was glaubt Ihr denn? Dass unsere Klosterfrauen sich gemeinsam mit Mannsbildern auf eine Bank setzen, vielleicht noch mit einem Krüglein Wein in der Hand wie in irgendwelchen Vorstadtkaschemmen? – Und nun behüt’ Euch Gott.»
    Also doch! Phillip stieß hörbar die Luft aus. Er hatte von solchen Redegittern gehört. Es würde nicht leicht auszuhalten sein, Antonia hinter einem solchen Gitter zu sehen. Das war ja fast, als ob er sie in einem Verlies besuchen würde!
    Plötzlich hallten die Worte der Pförtnerin in ihm nach: Die Priorin sei mit ihren Schützlingen im Weinberg. Wenn das Glück auf seiner Seite stand, würde er sie dort finden. Im Laufschritt umrundete er die Klosteranlage in Richtung Rheinauen, bis sich vor ihm jener langgestreckte, mit Reben besetzte Hügel erhob, auf dem der Klosterwein gezogen wurde. Die untere Mauer war stark und mehr als mannshoch, doch auf seinem Erkundungsgang zuvor hatte er herausgefunden, dass dort, wo sich die Umfriedung den Berg hinaufzog, die Mauer brüchiger und niedriger wurde. Er spürte kaum, wie er sich abermals Hände und Arme zerstach, als er sich durch das dichte Gebüsch längs der Umfriedung hinaufarbeitete, darauf bedacht, möglichst kein Geräusch zu machen. Denn bald schon hatte er helle Mädchenstimmen vernommen.
    Sein Herz raste, als er schließlich den obersten Punkt erklommen hatte. Hinter ihm lag ein dunkler Buchenhain, durch den hie und da die Reste einer

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