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Die Himmelsleiter (German Edition)

Die Himmelsleiter (German Edition)

Titel: Die Himmelsleiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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schlafähnliches Aus- und Einatmen nahm den neuen Rhythmus auf. Ganz anders als vorhin war sie jetzt sofort erregt. Schon bald hob sie die Beine an und spannte sich. Auch ich war nur noch von der Vorstellung beherrscht, sie mit jeder Faser zu besitzen. An den Armen gepackt, hatte ich sie leicht nach hinten gebogen, bis ihr Busen sich mir entgegenstreckte. Ungestüm drängte ich in sie hinein, als könnte ich mir dadurch ihre geöffneten Schenkel, ihren bebenden Bauch, die Brüste, an denen ich sog, die Rundungen ihrer Schultern oder die Biegung ihres Halses für immer erhalten. Längst hatte ich jede Kontrolle verloren, und als ich spürte, wie sie kam, war es, als müsste ich alles, was ich nicht unbedingt zum Leben brauchte, ihr überlassen. In diesem Augenblick wünschte ich mir, ich hätte damals, in diesem anderen Universum, mit ihrer Mutter so ein Kind gezeugt, wie sie eines war.
    Sp äter lagen wir Seite an Seite. Flach atmeten wir die Stille um uns herum wie dünne Höhenluft auf einem Gipfel.
    "Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt", fl üsterte ich.
    "Ich wei ß." Sie seufzte.

DAS VAKUUM-BLASEN -INSTANTON
     
    Es war fast Mittag als wir es uns wieder auf den Kissen bequem machten. Anders als gestern, war Chloé jetzt nüchtern und geschäftsmäßig. Sie hatte die dünne Brille aufgezogen, die sie auch beim Autofahren trug, und versuchte, Ordnung in die Unterlagen zu bringen, die ich mit einem geradezu urwüchsigen Sammlerinstinkt zusammengetragen hatte, ihre Bedeutung mehr dunkel erahnend, als dass sie sich mir wirklich erschlossen hätte. So wie mir jetzt, mochte es einem Vogel gehen, der ein Nest gebaut hatte und dann ergeben darauf wartet, was sich wohl tun wird.
    Sie brauchte keine halbe Stunde, um das R ätsel zu lösen. Tom Franps Brief war der offensichtliche Schlüssel, der allen anderen Aufzeichnungen und Papieren eine neue, klare Logik aufzwang. Plötzlich passte alles zusammen. Es blieben zwar ein paar Blätter wie überzählige Puzzleteile übrig - die Notizen jenes Selbstmörders zum Beispiel -, doch auch diese rundeten das Bild ab. Sie waren das Sahnehäubchen, die Kirsche auf der Torte. Mag sein, dass Chloé mehr geahnt hatte, als sie hatte zugeben wollen, vielleicht hatte sie sich von Anfang an ihren Teil zusammengereimt und mich im Dunkeln tappen lassen. Schließlich war sie mit Altomontes Versuchsanordnung bestens vertraut gewesen. Möglich, dass es nur noch eines eindeutigen Beweises bedurfte, um das auszusprechen, was sie jetzt sagte:
    "Massimo war verr ückt." Es klang wie ein Resümee, eine durch unzählige Untersuchungen abgesicherte Diagnose, und sie zog die Brille ab, um mich ernst anzusehen, als sei ich der nahe Angehörige, der soeben von der unheilbaren Krankheit erfährt.
    Als Chloé diesen Satz mit der Endgültigkeit eines Todesurteils aussprach, wusste ich sofort, was sie meinte: Ihr Vater habe einer Behandlung bedurft, er sei eine Gefahr gewesen. Und ich wusste auch sofort, dass es stimmte. Sie sprach noch nicht einmal das aus, was ich insgeheim schon lange dachte. Es war eher, als habe sie einen neuen Begriff für das gefunden, was ich vom ersten Tag an gespürt, aber hilflos mit anderen, weniger passenden Bezeichnungen belegt hatte: Wunderlichkeit, Überheblichkeit, Egoismus, fehlende Anpassungsfähigkeit oder Gefühlskälte. Möglich, dass seine Krankheit erst in den letzten Jahren in einem klinischen Sinne ausgebrochen war - Chloé wusste das sicher besser als ich -, und doch konnte man die Wurzeln dieser letzten, besonders augenfälligen Blüte mehr als zwei Jahrzehnte zurückverfolgen.
    Geduldig erkl ärte sie mir die physikalischen Einzelheiten und Zusammenhänge, die auch für einen vermeintlichen Fachmann wie mich schwer zu begreifen waren. In gleichem Maße, wie ich die Grundzüge dieses monströsen Planes verstand, stellte sich auch eine Vielzahl von Assoziationen ein. Vieles hatte ich in anderer Form schon einmal gehört. Es war, als habe sie einen vergessenen Speicher aufgeschlossen, die Fenster geöffnet und das Licht habe unzählige verlorene Bilder wiederbelebt. Alles, womit sich Altomonte seit dem Studium beschäftigt hatte, fand sich dort wieder. Zwei Erlebnisse waren mit besonders gut in Erinnerung geblieben. Auf Kreta hatten Altomonte und ich lange über Seltsame Attraktoren diskutiert, über stabile, Altomonte hatte von gefangenen Systemen gesprochen, die für immer um einen bestimmten Grundzustand pendeln.
    Auch das lange Interview wieder fiel mir

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