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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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sich über die schweißnasse Stirn.
    »Aber wo soll ich ihn suchen?«, fragte er.
    »Ihr habt es nicht weit.« In der Tür zum Haus stand der Zieglerwirt, das Gesicht fahl, die Stimme hohl vor Entsetzen. »Der Herr von Hardenberg ist schon seit Wochen unser Gast.« Seine Schwiegertochter Bethe trat hinzu, ein Geschirrtuch unter den Arm geklemmt, und begann zu schreien, dass es von den umliegenden Wänden widerhallte. Weitere Gäste, eine Magd und ein Knecht kamen aus der Gaststube und bauten sich schweigend in dem kleinen Hof auf, in dem Fredi niemals mehr spülen würde. Darunter war eine Gruppe Gerbergesellen, die eigentlich an ihre Kessel gehörten, ein gut gekleidetes Paar, das sicher in den Gastzimmern der Schenke übernachtet hatte, und drei Kaufherren aus Augsburg, von denen einer Kilian aus dem Kontor seines Onkels vage bekannt vorkam. Bethe schrie sich weiter die Seele aus dem Leib, doch irgendwie brachte gerade dieser laute, schrille Dauerton Kilian wieder zur Vernunft. Er rannte, am ganzen Leibe zitternd, die Stiege zum Obergeschoss hinauf, wo er die Gästezimmer vermutete. Froh war er nur darüber, dass er sich wieder in seine Handwerkerkluft geworfen hatte und sich nicht als Novize eines ortsansässigen Bettelordens zum Narren machte.
    »Herr von Hardenberg«, schrie er schon im Flur.
    »Wer wagt es, mich zu stören?« Eine Tür ging auf, und heraus trat, das Gesicht voller Rasierseife, der Gesuchte. Sein junger Knappe stand ratlos hinter ihm in der offenen Tür, das Rasiermesser in der Hand.
    »Der Fredi«, rief Kilian aufgeregt. »Der Gassenbub. Er ist tot.«
    »Wer ist tot?« Der Hardenberger ließ sich ein Handtuch reichen und wischte sich den Schaum aus dem Gesicht. Halb rasiert war immerhin noch besser als gar nicht.
    »So versteht doch. Der Bub, der Lena und Valentin in die Weinberge geführt hat. Er liegt mit gebrochenem Genick im Hof.«
    »Ich komme«, sagte der Ritter kurz angebunden. Einige Minuten später stand er gestiefelt und gespornt im Innenhof und kniete sich neben die Leiche. Die Schaulustigen drängten sich am Rande, und sogar Bethe hatte aufgehört zu schreien und drückte sich ihr Geschirrtuch vor den Mund. Langsam sammelten sich auch die Hardenberg’schen Gefolgsleute im Hof, so dass der Platz fast nicht mehr ausreichte. Der Recke Josef baute sich hinter ihnen auf und glotzte blöde auf die Leiche.
    »Wie ist er gestorben?« Hardenbergs Stimme war tonlos.
    »Man hat ihm das Genick gebrochen«, sagte Bruder Thomas traurig. »Wahrscheinlich, indem man den Kopf überdreht hat. Das muss ein starker und entschlossener Kämpe gewesen sein.«
    »Gerade so wie der Mörder von Bruder Ulrich und Marx Anstetter«, fügte der burgundische Glasmaler leise hinzu.
    »Und ganz sicher war es nicht Valentin.« Kilian hörte seine Stimme in der Stille widerhallen. »Denn der sitzt im Turm.«
    Nein, damit war Valentin endgültig aus dem Schneider, aber was war mit Balduin, der, so fand Kilian, noch immer Grund genug hatte, seine Schandtaten zu verbergen? Der Hardenberger drehte sich zu den Leuten um, die nun, wo der erste Schock vorüber war, durcheinanderredeten wie ein gackernder Haufen Hühner. Die Kaufleute rangen die Hände, und die reich gekleidete Dame hatte ihren Kopf an die Schulter ihres Mannes gelegt.
    »Herr Ziegler«, sagte der Hardenberger, und es wurde sofort totenstill. »Gehe ich recht in der Annahme, dass dieser Innenhof nur durch die Schenke betreten werden kann?«
    Der Wirt nickte.
    »Hat jemand einen Mann gesehen, der dem Bub in den Hof gefolgt sein könnte?« Sein strenger Blick blieb an den Schaulustigen hängen, die plötzlich zu Zeugen in einem Mordfall geworden waren und sich betreten ansahen.
    »Also, wir waren zu sehr mit unseren Geschäften zugange, um auf andere Gäste achten zu können«, sagte einer der Augsburger Kaufleute. Die Gerbergesellen schauten verlegen auf ihre Stiefelspitzen und verstärkten Kilians Verdacht, dass ihre Meister sie in den Werkstätten jetzt schon vermissten.
    »Vielleicht hat den Bengel ein Beutelschneider aus dem Esslinger Diebesgesindel auf dem Gewissen«, schlug der Knecht vor. »Genug auf dem Kerbholz hatte der ja.«
    »Das musst du grad sagen.« Die Magd stemmte ihre Hände in die breiten Hüften. »Du und der Herr Ziegler, ihr wart doch am frühen Morgen gar nicht in der Schenke. Da kam doch die neue Lieferung Wein.«
    Kilian blickte sich gespannt um. Zwei Zeugen weniger. In den Gesichtern rund herum stand ratloses Schweigen. Doch da zog

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