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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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Ihre Haare waren gewaschen und dufteten nach Lavendelseife, und die Schrammen in ihrem Gesicht hatte Renata mit ihrer Ringelblumensalbe behandelt. Beinahe erschien ihr alles wie immer.
    »Magst du noch einen?« Martha war so froh über Lenas Gegenwart, dass sie ihre Pflegetochter nach Strich und Faden verwöhnte. Auch wenn im Kessel der Sud mit den Würsten vom Schlachttag brodelte, buk sie die Eierkuchen in der Pfanne daneben gewissermaßen mit links.
    »Nein.« Lena hielt sich den Bauch. »Wenn ich nicht Pause mache, platze ich noch.« Stattdessen zog sie die kleine Sanna auf ihren Schoß, die selbstvergessen eine von Lenas Haarsträhnen in den Mund nahm und darauf herumzukauen begann.
    »Nimm mal deine eigenen Haare«, ermahnte sie die Kleine, die loskicherte und Lenas Haarsträhne stattdessen um ihr Handgelenk wickelte. Seitlich baumelten die kleinen dicken Beine von Lenas Schoß herunter, die sich in der warmen Küche umsah, als müsste sie ihr ganzes Leben neu entdecken. Denn obwohl ihre äußeren Blessuren langsam verheilten, fühlte sie sich manchmal noch, als würde sie über dünnes Eis balancieren, das jeden Moment unter ihr einbrechen konnte.
    Die Männer waren in der Werkstatt und verbleiten die sechs neuen Scheiben, die den zerstörten oberen Teil des Chorfensters ersetzen sollten. Vorsorglich hatte Lionel die Glasfragmente gleich doppelt zugeschnitten. Unter den zersprungenen Scheiben war auch das Pfingstbild gewesen, dessen Hintergrund Lena nun schon zum dritten Mal mit Rankenarkaden versehen hatte. Langsam kann ich es, dachte sie. Beim ersten Mal war es zerbrochen, als sie es in der Kirche beim überraschenden Besuch von Marx Anstetter fallen gelassen hatte.
    Meister Marx – Loisl hielt sein Andenken hoch und war, nachdem sie sich einige Tage in Lenas Kammer ausgeruht hatte, nach Tübingen abgereist, um seiner Familie von den schlimmen Ereignissen nach Anstetters Ermordung zu berichten. Danach wollte sie zurück nach Fürstenfeld gehen, aber vielleicht, so hoffte Lena insgeheim, würde sich ein Bruder von Anstetter finden, der sie zur Frau nahm. Die Schulden, die sie bei den Anstetters hatten, würden sie mit Hilfe des Honorars für das Chorfenster zurückzahlen können, das der König großzügig aufgestockt hatte. Sie fragte sich nur, wann sie mit Lionel ein offenes Wort reden konnte. Seit ihrer Gefangenschaft war sie mit ihm noch keinen Augenblick allein gewesen. Sie musste doch wissen, wann sie heiraten wollten und wann er die Werkstatt übernehmen würde.
    Ihr Vater hatte Lionel, nachdem er in die Geschehnisse rund um Roteneck und die Morde eingeweiht worden war, das Schurkenstück mit dem Glasfenster nicht übel genommen. Schließlich hatte er dabei wagemutig das Leben des Königs gerettet. Und zum Glück wird Kilian überleben, dachte sie. Sobald er konnte, hatte Bruder Thomas ihn in seine Krankenstube gebracht und dort so gut behandelt, dass er sich auf dem Weg der Besserung befand. Renatas ekelhafte Paste aus Schimmel hatte laut Valentin dabei eine wichtige Rolle gespielt. Ihr Freund und Lebensretter war vom König selbst in allen Punkten freigesprochen worden, wobei ihm auch der Tod von Rotenecks Gefolgsmann als Notwehr ausgelegt worden war. Der andere Kerl, dem Loisl mit der Bratpfanne auf den Kopf geschlagen hatte, war so wie Rotenecks weitere Helfershelfer Hals über Kopf aus Esslingen verschwunden. Der Verräter selbst lag ebenfalls auf der Krankenstation der Franziskaner, war aber seit einigen Tagen ohne Bewusstsein und würde so vielleicht nicht mehr erleben, was die Justiz einem Hochverräter und Königsmörder als Strafe zumaß.
    Nicht ganz ohne Genugtuung dachte sie an Prior Balduin, der sich bei dem Chaos in der Kirche einen Glassplitter in den Fuß getreten hatte und Bruder Thomas’ Behandlung seither verweigerte. Der Fuß war inzwischen auf die doppelte Größe angeschwollen und bereitete ihm große Schmerzen. Und seine Laune war bärbeißiger denn je, wenn man Hanna glauben wollte, die ihre Beziehung zum Cellerarius wieder aufgenommen hatte und die winzige Mia tagtäglich als Geschenk Gottes bezeichnete. Alles fügte sich gut, die Dinge kamen langsam wieder in Ordnung, doch als Lena aufstand, schwankte der Boden noch immer unter ihren Füßen. Sie sah sich um. Martha stand an der Feuerstelle, rührte im Topf, und Sanna hielt sich an ihrer Schürze fest.
    »Jetzt lass doch, Sannale! Wir kippen noch beide in den Kessel.« Martha putzte sich über die schweißnasse Stirn und

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