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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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wie gelähmt, brauchte Valentin einen Moment, um sich zu orientieren. Dann aber trugen ihn seine Beine davon, als sei er ein fliehender Hirsch. Er hatte eine Chance, dachte er, denn er war ein guter Läufer und seine Verfolger lagen einige Schritte zurück. An der Weggabelung stockte er kurz, wandte sich dann aber in Richtung des Feindes, gen Württemberg, wo die Reichsstadt keine Macht mehr hatte. Er lief und lief, rannte, ohne sich umzudrehen, um seine Freiheit und sein Leben. Aber hinter sich hörte er jemand mühelos Luft in eine Lunge saugen, die deutlich größer war als seine eigene. Josef! Und Josef holte auf. Nein! dachte er. Nicht noch einmal. Ich ergebe mich nicht. Er schlug sich nach links in einen der schmalen Wege, die durch die Rebhänge steil abwärts zum Fluss führten, und hoffte, dass ihm Josef hierher nicht folgen konnte. So schnell er konnte, stolperte er den Hang hinunter. Sicher war es hier viel zu eng für einen wie Josef. Doch er hatte sich geirrt. Der Riese trat die Weinstöcke, die ihm rechts und links im Wege standen, einfach nieder wie eine Wiese im Hochsommer. Eine gigantische Pranke langte nach ihm. Fast hatte sie seinen Kittel gepackt, aber er legte einen Schritt zu und noch einen. Josef ebenfalls. Und dann war es vorbei. Der Riese riss ihn zwischen den Reben zu Boden und drehte ihm den Arm auf den Rücken, wo er mit einem hässlichen Geräusch brach. Schmerz senkte sich über Valentin wie eine schwarze Welle und ließ ihn ohnmächtig werden.
    Josef musste ihn so mühelos getragen haben wie ein Kind. Als Valentin wieder zu sich kam, beugte sich der Hardenberger über ihn. Sein fahles Haar stand blass vor dem nun fast dunklen Himmel, und an seiner Nase hing ein Tropfen, den er geräuschvoll hochzog. Im Kreis um ihn herum standen die Esslinger Büttel neben den Bewaffneten des Herzogs. Valentins linke Hand tastete nach seinem rechten Arm, der furchtbar weh tat. Er biss die Zähne zusammen, um nicht vor Schmerz und Verzweiflung zu weinen. Josef hielt sich abseits und schaute dümmlich auf ihn herunter.
    »Auf frischer Tat ertappt.« Der Ritter rieb sich zufrieden die Hände. »Valentin Murner, ich verhafte dich wegen Mordes an Pater Ulrich von Teck und Marx Anstetter. Und diesmal ist Prior Johannes weit weg.«
    »Nein!«, schrie Lena verzweifelt. »Wir sind doch selbst gerade erst gekommen, da war der Anstetter schon tot.«
    Der Hardenberger richtete sich mühsam auf. Mit merkwürdiger Klarheit hörte Valentin seine Knie knacken. »Jungfer Lena! Denkt Ihr wirklich, dass Ihr da etwas mitzureden habt? Die ganze Stadt weiß doch, dass Ihr Marx Anstetter nicht gerade zugetan wart.«
    Lena schwieg entsetzt. Der Hardenberger wandte sich an die Umstehenden. »Ihr habt sie schreien gehört. Das Mädel war sicher nicht am Mord beteiligt. Doch anders als bei Pater Ulrich gibt es hier ein klares Motiv. Der Junge wollte seinen Nebenbuhler aus dem Weg schaffen und sie auf diese Weise für sich gewinnen.«
    Alle Worte, die Valentin sich zu seiner Verteidigung zurechtgelegt hatte, zerrannen wie Schnee in der Frühlingssonne. Ein Raunen ging durch die Menge. Die Männer drehten sich zu Lena um und musterten sie feindlich. Nicht sie!, dachte Valentin.
    »Dann war sie vielleicht seine Komplizin«, reimte sich der Stadtbüttel Wollschläger zusammen.
    »So weit würde ich nicht gehen.« Der Hardenberger starrte ihn herausfordernd an. »Jungfer Lena hatte schwer unter ihrem Bräutigam zu leiden. Ich glaube eher, dass der Steinmetz sie von dieser Bürde befreien wollte. Aber haltet Euch bereit, Jungfer Lena! Um Euch kümmere ich mich noch.«
    Die Gesichter wandten sich Valentin zu. Als ihn Josef in die Höhe hob, sank er erneut in gnädige Bewusstlosigkeit.

31
    Der dunkle Himmel glich rußigem Glas. Lena rannte bergab. Ihre Lunge brannte, und ihre geprellten Rippen schmerzten höllisch. Der Weg war schmal und durchsetzt von steilen Treppenabschnitten, die fast senkrecht durch den Rebhang ins Tal hinunterführten. Spitze Steine drückten sich durch ihre dünnen Schuhsohlen, andauernd stolperte sie über die Stufen, und die Weinstöcke rechts und links rissen an ihrem Umhang. Hin und wieder rutschte sie auf dem glitschigfeuchten Weg aus, taumelte und fing sich wieder. Sie hatte die Abkürzung genommen, weil sie sich beeilen musste, wenn sie vor den Bewaffneten in der Stadt sein wollte. Der Hardenberger hatte eine Gruppe losgeschickt, um eine Bahre für den toten Anstetter zu holen und gleichzeitig Valentin in

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