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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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leicht, sich an den Wachen vorbeizuschleichen.«
    Langsam ließ Arri die Schale sinken. »Rahn?«, fragte sie, während sie vergeblich versuchte, die Schwärze auf der anderen Seite des Raumes mit Blicken zu durchdringen. »Bist du das?«
    Diesmal bestand die Antwort aus einem kehligen Lachen, und wieder bewegte sich der Schatten. »Weißt du noch jemanden hier in Goseg, der dir wohlgesonnen genug ist, um dir Wasser und etwas zu essen zu bringen?«
    Arri blinzelte. Ihre Finger waren noch immer voller Brei, der nun auf ihren Rock zu tropfen drohte. Hastig wischte sie sie am Rand der Schale ab. »Du hast mir das Essen gebracht?«
    Rahns Stimme klang belustigt, auch wenn sie glaubte, einen leicht enttäuschten Unterton darin zu vernehmen. »Nun Überschlag dich nicht gleich. Ein einfaches Danke reicht vollkommen.«
    »Danke«, sagte Arri. Bevor sie weitersprach, leckte sie die Finger der Linken sorgfältig ab, um nichts von der kostbaren Nahrung zu verschwenden, und bedauerte es zugleich, das Wasser so gierig heruntergeschluckt zu haben. Was immer sie gerade gegessen hatte, es verklebte ihre Zähne und ihren Gaumen wie Honig. »Warum?«
    »Stell dir vor, weil ich mir eingebildet habe, du könntest hungrig sein«, antwortete Rahn. Sie hörte, wie er eine hastige Geste machte, um ihr das Wort abzuschneiden, als sie antworten wollte. Sehen konnte sie es nicht. Rahn blieb eine Stimme ohne Körper.
    »Sprich bitte nicht so laut. Wenn die Wachen hören, dass jemand hier ist, dann schauen sie nach.«
    »Und du bekommst Ärger?«
    Sie konnte Rahns Achselzucken hören. »Zumindest bekomme ich keine Gelegenheit mehr, dir noch einmal etwas zu essen zu bringen. Wenn du also gern hungerst.«
    »Ich bin sowieso zu dick«, antwortete Arri patzig. »Das gute Leben ohne Hunger, welches das Dorf meiner Mutter verdankt, weißt du?«
    Rahn machte sich nicht die Mühe, überhaupt zu antworten, und Arri kamen ihre eigenen Worte nicht nur albern und überflüssig vor, sie fragte sich auch - vergebens -, warum sie das überhaupt gesagt hatte; und vor allem erschreckte sie der unbeherrschte Ton, der plötzlich in ihrer Stimme war. Dass sie Rahn überhaupt erst bemerkt hatte, als er sich freiwillig zu erkennen gegeben hatte, sagte ihr nicht nur eine Menge über ihren eigenen Zustand, sondern machte sie auch wütend, und dass diese Wut zum Großteil ihr selbst galt, machte es allenfalls schlimmer.
    »Und jetzt erwartest du, dass ich dir vor lauter Dankbarkeit um den Hals falle, wie?«, fragte sie herausfordernd.
    »Nur, wenn ich vorher deine Hände sehen kann«, antwortete Rahn, »um mich davon zu überzeugen, dass du kein Messer darin hast, um mir die Kehle durchzuschneiden.«
    »Nur keine Sorge«, erwiderte Arri boshaft. »Anderen hinterrücks ein Messer an die Kehle zu setzen überlasse ich dir. Du hast schließlich mehr Übung darin.«
    Sie bedauerte die Worte schon, bevor sie ganz über ihre Lippen gekommen waren. Nicht, weil sie Rahn nicht verletzen wollte - ganz gewiss nicht -, aber ganz gleich, ob er sich nun darüber ärgerte (was sie inständig hoffte) oder auch nicht: Mehr als alles andere mussten ihm ihre Worte ihre Schwäche klarmachen. Dabei hatte sie sich fest vorgenommen, sich nicht herausfordern zu lassen, auch und schon gar nicht von Rahn.
    Der Fischer antwortete erst nach einer Weile - und vollkommen anders, als sie erwartet hatte. »Es tut mir Leid, wenn ich dir wehgetan habe«, sagte er ernst. »Das wollte ich nicht. Aber es war die einzige Möglichkeit.«
    »Wofür?«, fragte Arri böse. »Mich ein bisschen zu begrabschen?«
    »Dir das Leben zu retten«, antwortete Rahn.
    »Ja, sicher«, erwiderte Arri höhnisch. »Wenn das deine Art ist, jemandem das Leben zu retten, dann kann ich ja wirklich froh sein, dass du nicht mein Feind bist, wie?« Allmählich verspürte sie das Bedürfnis, sich selbst zu ohrfeigen. Warum hielt sie nicht einfach den Mund? Auf dem Weg hierher, und nachdem ihre erste Wut verraucht war, war sie zu dem Entschluss gekommen, gar nichts mehr zu sagen, bis dieser Albtraum - so oder so - vorüber war, und auch keinerlei Fragen zu beantworten (es sei denn, man zwang sie dazu), was sicherlich ein sehr kluges Vorhaben war. Nun aber schien plötzlich jede Vernunft dahin. Sie wollte einfach um sich schlagen und jemandem wehtun. Am allerliebsten natürlich Sarn und noch lieber Nor, aber wenn gerade keiner der beiden bei der Hand war, tat es Rahn zur Not auch.
    Vielleicht, um nicht noch mehr zu sagen, was ihr

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