Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
nicht?«
Das waren zwei Fragen, auf die er keine Antwort wusste. Er rettete sich in ein verlegenes Lächeln. Dass dabei sein Blick über den noch immer halb freigelegten Brustansatz des Mädchens glitt, trug nicht gerade dazu bei, dass sich seine Gedanken klärten.
»Wir sind gemeinsam aufgewachsen«, half das Mädchen nach. »Nur dass ich damals noch nicht die Heilerin war.«
»Du bist die Heilerin …?« Lexz schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Natürlich! Entschuldige! Du bist Isana – die Tochter von Kenan, dem Schmied.«
»Erstaunlich, dass dir das noch eingefallen ist«, schmollte Isana. »Ich dachte schon, du hättest mich ganz vergessen.«
»Aber nein, wie könnte ich …« Lexz rang sich ein verlegenes Lächeln ab. »Aber als ich dich das letzte Mal gesehen habe, warst du noch ein Kind. Jetzt bist du eine Frau«, er bekam einen roten Kopf, »und eine wunderschöne dazu!«
Isana lächelte nun auch. Aber sie rückte ein kleines Stück vor – und damit auch etwas von ihm ab – und beugte sich zu dem Bachausläufer hin, um mit der hohlen Hand etwas Wasser zu schöpfen und sich ihr Gesicht damit zu kühlen. »Das tut gut. Ich bin so weit gelaufen … und dann bin ich plötzlich auf Torgon gestoßen.«
»Das heißt, euer Dorf liegt ganz in der Nähe?«, fragte Lexz.
Er konnte noch immer nicht begreifen, dass er Isana nicht erkannt hatte. Ganz zweifellos hatte sie sich verändert, sie war schöner und fraulicher geworden. Aber wie blind musste er sein, dass er jemanden aus seinem Heimatdorf nicht erkannte, mit dem er doch aufgewachsen war! Da half auch kaum die Ausrede, dass sie außerhalb der Gemeinschaft in der abgelegenen Schmiede bei ihrem Vater groß geworden war.
Er hätte sie dennoch erkennen müssen.
Isana verfolgte vielleicht ganz ähnliche Gedanken, denn sie antwortete ihm nicht. Aber möglicherweise gab es ja auch noch einen anderen Grund für ihr Schweigen. Vielleicht wollte sie ihm einfach nicht verraten, wo Dragosz und die anderen gesiedelt hatten.
»Das Dorf«, sagte Lexz sanft. »Ihr wohnt doch in einem Dorf?«
Isana nahm eine schwarze Haarsträhne in den Mund und kaute darauf herum. Als sie den Blick bemerkte, mit dem er sie musterte, hörte sie sofort damit auf.
»Dorf ist vielleicht zu viel gesagt«, antwortete sie. »Wir richten uns erst ganz langsam in ein neues Leben ein.«
»Und wo ist das, wo ihr euch einrichtet?«, bohrte Lexz nach.
Isana zuckte mit den Schultern. »Bist du nicht im Streit mit Dragosz?«
»Weil ich dir diese Frage stelle?« Lexz brachte das Kunststück fertig, gleichzeitig zu nicken und den Kopf zu schütteln. »Nein. Ich will doch nicht herausbekommen, wo euer Dorf ist, um dann dort hinzuschleichen und Dragosz in der Nacht die Kehle durchzuschneiden, wenn du das meinst.«
Isana sah ihn ganz merkwürdig an. Sie schien etwas sagen zu wollen, blickte dann aber stumm ins Wasser.
»Es ergibt doch keinen Sinn, wenn wir uns bekämpfen«, sagte nun Lexz, und zu seiner eigenen Überraschung meinte er diese Worte in diesem Augenblick durchaus ernst. »Wir können nur überleben – sagt unser Schamane.«
»Zakaan?« Isana sah ihn wieder an und ein kleines Lächeln stahl sich auf ihre Züge. »Ja, Zakaan ist jemand, der die Menschen zusammenführt, nicht trennt.«
»Das kann man wirklich so sagen«, bestätigte Lexz. »Aber jetzt verrate mir wenigstens, ob ihr hier in der Nähe lebt.«
»Aber ja.« Isana ließ ihre Hände wieder durchs Wasser gleiten. Sie warf ihm einen scheuen Blick zu – und spritzte ihm dann mit einer schnellen Handbewegung Wasser ins Gesicht. »Arri wohnt hier auch – ganz nah!«
»Arri«, sagte Lexz unbehaglich, während er sich mit der Hand durch das benetzte Gesicht fuhr. »Ein seltener Name.«
Isana warf ihm einen ganz kurzen Seitenblick zu und platschte dann weiter im Wasser. »Du kennst Arri also?«
Lexz zögerte kaum merklich, bevor er den Kopf schüttelte. »Nein. Ich kenne sie nicht.«
»Und doch verwechselst du mich mit ihr?« Isanas Gesicht umwölkte sich, und mit einer schnellen Bewegung nahm sie die Hände aus dem Wasser und trocknete sie sich an ihrem Rock ab. »Findest du das nicht etwas merkwürdig?«
»Ja«, antwortete Lexz mit Unbehagen. »Vielleicht. Natürlich. Aber es ist …« Erneut fuhr er sich mit der Hand durchs Gesicht. Hätte er doch bloß Arris Namen nie genannt! »Dragosz hat mir einst von ihr erzählt. Von dem Mädchen, das ganz anders aussieht als alle anderen. Mit hellen Haaren und
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