Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
schon vermodert.« Sie hob die Hände an die Nase und roch daran. »Und sie stinkt. Aber nicht nach Verwesung.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich versteh das nicht. Irgendwas stimmt nicht mit dem Kerl.«
»Irgendwas stimmt nicht mit dem Kerl?«, wiederholte Torgon ungeduldig. »Ja, so kann man es wohl auch nennen. Der ist tot. Das ist das, was mit ihn nicht stimmt!«
Ekarna schüttelte den Kopf. » Das meine ich ja nicht.« Sie beugte sich vor, und Lexz beobachtete angeekelt, wie sie seinen Arm ergriff und hochhob. »Als wäre er gerade umgekippt. Dabei ist kein Zeichen einer Verletzung zu erkennen. Ich möchte mal wissen, an was er wohl gestorben ist.«
»Ich eigentlich nicht«, sagte Torgon. »Und jetzt lasst diesen Unsinn und kommt. Wir halten uns einfach auf dem schmalen Stück zwischen Sumpf und Waldrand und marschieren weiter. Irgendwann müssen wir ja wieder in eine normale Gegend kommen.«
»Ja, gleich«, beschied ihm Ekarna. »Ich will nur noch …«
»Du willst dir einen Toten zum Mann nehmen, weil er eine so schöne rosarote Haut hat«, unterbrach Torgon sie mit einer für ihn ganz und gar typischen Bemerkung. Aber auch diesmal fehlte jede Leichtigkeit in seiner Stimme, eher klang sie hart und unbeherrscht. »Vergiss den lebenden Toten und komm endlich!«
Ekarna gehorchte jedoch nicht, sondern beugte sich wieder ein Stück zu dem Toten hinab. Es sah tatsächlich so aus, als betrachte sie einen Liebhaber, fand Lexz.
»Fast, als schliefe er nur«, murmelte sie. »Als wäre er mit einem Schlafzauber verzaubert worden.«
»So wie wir, meinst du«, zeterte Torgon. »Und ich kann dir auch verraten, wie dieser Schlafzauber aussieht: Der Kerl ist tagelang durch die Schlingpflanzen geirrt, genauso wie wir, und so wie wir konnte er sich auch nicht zum Schlafen betten, weil er sonst von ihnen eingesponnen worden wäre. Und dann ist er hier einfach umgekippt.«
Ekarna warf einen Blick über die Schulter zurück zu Torgon. »Und deswegen sieht er so frisch aus wie ein kleines Kind?«
»Nein«, gab der Dicke ungehalten zurück. »Er sieht so frisch aus, weil da etwas ganz und gar nicht stimmt. Und das erkläre ich dir auch gerne, wenn wir hier endlich weg sind – und ein paar Mützen Schlaf genommen haben.«
»Aber ich …«
»Nichts mehr, keinen Einwand, du vorlautes Weib!«, polterte Torgon. »Wir brauchen eine Rast. Sonst schlafen wir irgendwann im Gehen ein. Also kommt endlich, beide, bevor ich euch hole und mit meinem Hammer vor mir hertreibe.«
Er streckte den Fuß vor, balancierte auf ganz eigentümliche Weise und sprang dann ein Stück weiter. Dann wiederholte er das ganze Manöver, immer darauf bedacht, dem eigentlichen Sumpf nicht zu nahe zu kommen, sich aber von den Ranken des Waldrandes weit genug fern zu halten, die sich wie die gierigen Klauen eines Ungeheuers nach ihm hangelten.
Seine Fortbewegung hatte etwas von einem Frosch, fand Lexz, von einem großen, dicken Frosch, der zu fett war, um seinen Artgenossen auf der Jagd nach Fliegen und Mücken an ein morastiges Seeufer zu folgen.
Torgon musste seinen Blick bemerkt haben, denn er hielt mitten in der Bewegung an, den rechten Fuß vorgestreckt, und wandte den Kopf in seine Richtung. »Ist irgendwas?«
Lexz schüttelte den Kopf. Vorsichtig verlagerte er das Gewicht und machte einen halben Schritt zur Seite, um nicht Gefahr zu laufen, langsam aber unaufhaltsam in dem Morast zu versinken, der schon wieder gierig unter ihm zu blubbern begonnen hatte.
»Doch, da ist etwas«, Torgon machte den nächsten seltsam anmutenden Hüpfer, und es hätte nur noch gefehlt, dass er zu quaken begonnen hätte, so lächerlich sah das aus. »Ihr seid ja schon richtig gelähmt durch das, was hier nicht stimmt. Und das ist gar nicht gut.«
»Gelähmt«, Ekarna drehte sich nun vollends sie zu ihm um. »Was meinst du damit?«
»Ich meine damit, dass hier ganz und gar nichts stimmt.« Auch Torgon war jetzt stehengeblieben, er wirkte fast hilflos. »Es könnte doch sein, dass du da auf einen Dämon gestoßen bist. Und dass es nicht der einzige seiner Art ist.«
»Ein Dämon?«, fragte Ekarna unsicher. »Meinst du wirklich …«
»Ich meine, dass hier manches nicht stimmt«, antwortete Torgon unglücklich. »Auch im Wald gab es Tote. Oder zumindest einen. Aber der war in einem ziemlich merkwürdigen Zustand, und außerdem war er noch mit Pfeil und Bogen bewaffnet. Aber dann hat er nicht geschossen, sondern hat Lexz angesprungen. Ich konnte Lexz gerade noch da
Weitere Kostenlose Bücher