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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Pflanzen, die Lexz allenfalls von Ferne bekannt vorkamen, all das verschmolz zu einer Fläche, die vor seinen Augen verschwamm, und dies umso mehr, je dichter der Bodennebel wurde, der aus den feuchten Löchern emporwallte und nach seinen Füßen griff …
    Der Gedanke an die Gefahr, die ihm damit drohte, zerstob jedoch, als er etwas sah, das zur Hälfte aus den grauen Nebelschwaden herausragte. Es hätte ein Ast sein können, oder auch ein Arm. In jedem Fall blitzte es dort, wo die Hand gewesen wäre, metallisch auf …
    Es war eine Waffe. Vielleicht aus Kupfer, vielleicht auch aus Bronze, so genau ließ sich das in den Nebelschwaden nicht erkennen.
    »Komm jetzt und beeil dich!«, rief ihm Ekarna vom Waldrand aus zu. »Du muss da weg!« Ihre Stimme kippte fast über. »Da ist etwas! Da im Nebel!«
    Lexz fuhr herum, und sein wertvolles Schwert, das als eines der letzten seiner Art in der Schmiede in ihrer Heimat gefertigt worden war, sprang wie von selbst in seine Hand.
    Ja, da war tatsächlich etwas.
    Die Toten erhoben sich. Zuerst glaubte er das jedenfalls, und er musste an die Kapuzenmänner denken, mit denen sie vor ein paar Tagen aneinandergeraten waren. Doch dann erkannte er, dass er sich doch täuschte – es war nichts weiter als substanzloser Nebel, der heranwallte.
    Obwohl, stand da hinten nicht jemand? Er kniff die Augen zusammen und starrte in die Richtung, und im nächsten Moment war er schon ganz sicher, dort eine dunkle Gestalt stehen zu sehen. Sie strahlte etwas Düsteres und Unheimliches aus. Er packte seine Waffe fester, ließ den Blick einmal in die Runde schweifen. Auch weiter hinten, schon fast an der Grenze seines Sichtbereichs, stand jemand, das war ganz klar zu sehen. Doch als er versuchte, Einzelheiten zu erkennen, zerstob die Gestalt plötzlich … und auch die andere, die er zuerst entdeckt hatte, war nicht mehr da, als er in ihre Richtung starrte.
    Das war unheimlich und höchst beunruhigend. Er sollte wirklich machen, dass er von hier wegkam. Die Gestalten, der Nebel, der unsichere Untergrund … wenn er nicht aufpasste, konnte schon sein nächster Schritt der letzte sein.
    Und obwohl das so war – oder vielleicht auch gerade, weil das so war – musste er noch zu der zweiten Leiche hinübergehen, die Ekarna entdeckt hatte. Er musste wissen, ob sie auch so unnatürlich aussah.
    Mit aller Vorsicht setzte er also einen Fuß vor den anderen. Der Boden unter ihm war im besten Fall trügerisch, und wenn er nicht gut aufpasste, würde er im Morast versinken. Dabei musste er darauf achten, dass er die Richtung beibehielt, denn die grauen Schwaden erschwerten die Orientierung und ließen alles so unwirklich erscheinen, dass er schon Mühe hatte, nicht einfach herumzufahren und schreiend aus dem Sumpf zu laufen.
    Dann hatte er die zweite Leiche erreicht. Der Nebel hatte die Stelle noch nicht vollständig zugedeckt, und trotzdem war nicht viel mehr als die Hand des Toten zu sehen. Die Finger hatten sich um das kurze, breite Schwert verkrampft und der Handrücken war mit etwas umwickelt, dessen Beschaffenheit inmitten der grauen Schwaden jedoch nicht zu erkennen war. Vielleicht war es ein Verband, vielleicht auch ein Lederschutz. Lexz hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Schon aus diesem Grund konnte er sich nicht vorstellen, dass dies einer der Raker war, die sich Dragosz angeschlossen hatten.
    Seine Gefühle waren vollkommen durcheinander geraten. Die Panik fiel ebenso von ihm ab wie im Herbst die Blätter von einem Baum, und machte etwas anderem Platz, einer Art Verwirrung, die es ihm erschwerte, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Wenn das doch einer von Dragosz’ Männern war: Dann war es eigentlich ein Feind von ihm gewesen. Aber es wäre auch jemand, den er von Kindesbeinen an kannte. Im Zweifelsfall wäre es dann doch eher ein Verbündeter, zumindest wenn irgendjemand von außen angriffe. Oder war das falsch gedacht? War ein solcher Gedanke Verrat an seinem Bruder?
    »Verdammt, was treibst du da?«, herrschte ihn Torgon aus sicherer Entfernung an. »Komm endlich! Der Nebel wird immer dichter!«
    Statt Torgons Aufforderung zu folgen, trat er jedoch noch näher an den Toten heran und ging in die Hocke. Der Mann war fast vollständig im Sumpf versunken, sodass man nichts mehr von seinem Gesicht erkennen konnte, und wurde nun von dem grauen Band des Bodennebels wie von einem Leichentuch bedeckt. Lexz schien es plötzlich ungeheuer wichtig zu sein herauszufinden, wer dieser Mann gewesen war.

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