Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
denn die Haut abziehen?«, fragte Ekarna fassungslos. »Ich meine nicht so wie bei Opfertieren. Sondern so … wie hier?«
    »Du meinst, bei lebendigem Leib.« Torgon atmete so laut und schwer, als wäre er von einem Berglöwen hierhin gehetzt worden. »Ja. Das frage ich mich auch. Oder auch nicht.«
    Ekarna trat einen Schritt zurück und schlug das Dreieck, das Abwehrzeichen gegen jegliche Art bösen Zaubers.
    »Was meinst du damit?«, fragte Lexz.
    »Was?« Torgon richtete sich ein wenig auf. »Dass ich mich auch frage, was dies hier ist, und auch wieder nicht?«
    Lexz nickte benommen. Der Gestank, Torgons wirres Gerede, und das, was er da vor sich sah … er hatte das Gefühl, als drehe sich alles um ihn, und sein Magen gleich mit.
    »Das heißt eben, dass ich es nicht genau weiß.« Er winkte ungeduldig ab, als Lexz ihm einen ungeduldigen Blick zuwarf. »Es sind alte Geschichten. Verrückte Geschichten. Geschichten, die man besser nicht glaubt, wenn man nicht selbst verrückt werden will.«
    »Das hilft uns weiter«, murrte Ekarna gereizt. »Alte Geschichten – aber über was denn? Kannst du uns das wenigstens sagen?«
    »Na, über die Zeit …« Torgon rang sichtlich nach Worten, »über die Zeit, als die Menschen noch nicht in Höhlen lebten, oder gar in Häusern.«
    »Wo sollen sie denn sonst gelebt haben?« Lexz starrte auf seine Hände und sah, dass sie ganz sacht und leicht zitterten – so wie Gras in einem unregelmäßigen Luftzug. »Vielleicht in den Bäumen?«
    »Vielleicht, ja«, gab Torgon zurück. »Aber es heißt, dass es damals viel heißer war.«
    »Als in letzter Zeit?« Ekarna wischte sich eine Haarsträhne aus dem verschwitzten Gesicht. »Kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Vielleicht nicht wie in letzter Zeit«, gab Torgon zu. »Aber stellt euch ein weites Land vor, angenehm warm, mit genügend Wasserstellen und reichlich Nahrung.«
    »Bitte nicht ausgerechnet jetzt vom Essen sprechen«, würgte Ekarna. »Mir ist so übel. Und ich glaube auch nicht, dass uns irgendwelche alten Geschichten weiterhelfen werden.«
    »Doch, natürlich. In alten Geschichten steckt die Weisheit von Generationen …« Torgon brach ab und machte mit der Hand eine Geste des Erschreckens, als Ekarna seine Antwort mit einer ärgerlichen Bewegung beiseitewischte und einen todesmutigen Schritt nach vorne tat. »Nein, Ekarna. Bleib von der Grube fern. Siehst du nicht, wie da die Käfer und Würmer krabbeln? Wie sie aus …«
    »Aus den Augenhöhlen krauchen, ja.« Ekarna machte einen weiteren Schritt auf die Grube zu, und dann noch einen und noch einen – bevor sie direkt am Rand stehen blieb und trotz des Gestanks ganz tief die Luft einsog und kurz darauf wieder angewidert ausstieß. »Meint ihr, dass das Menschen waren?«, fragte sie schließlich.
    »Was?« Auch Lexz wollte einen Schritt nach vorne machen, besann sich dann aber anders und blieb stehen, wo er war. »Wer sollte es denn sonst gewesen sein?«
    »Ich weiß nicht.« Ekarna ging in die Hocke und beugte sich ein Stück vor. Unwillkürlich hielt Lexz die Luft an. »Der gleiche modrige Gestank geht von der Grube aus wie von den beiden Kerlen, die mich angegriffen haben. Und wenn ihr mich fragt: Die sahen so gar nicht wie Menschen aus.« Sie deutete nach vorn. »Seht ihr? Das Schulterstück, dort. Es ist doch ganz anders geformt als bei Menschen. Fast … fast …«
    »Wie ein Flügelansatz«, beendete Torgon ihren Satz. »Das ist es ja, was ich euch die ganze Zeit über sagen wollte.«
    Ein Flügelansatz! Beinahe hätte Lexz laut aufgelacht, als Torgon dieses Wort in den Mund genommen hatte. Das Lachen verging ihm allerdings, als Ekarna aus der Hocke hochkam, Torgon mit einem Blick musterte, der von vornherein jede Gegenwehr im Keim erstickte, und sagte: »Dann wollen wir uns das doch mal aus der Nähe ansehen.«
    Vorsichtig streckte sie den rechten Fuß aus, fand Halt und begann mit kleinen vorsichtigen Schritten in die Senke hinabzuklettern.
    Nein, Senke war eigentlich nicht das richtige Wort. Eher war es eine Grube. Eine Grube, dachte er angewidert, und vollgestopft mit Leichenteilen. Sein Blick versuchte sich an Einzelheiten festzuhalten, aber das wollte ihm nicht gelingen. Zersplitterte Knochen und offene Wunden waren die eine Sache. Aber diese Leichenteile, die sich in unterschiedlichen Stadien der Verwesung befanden, das war mehr, als er ertragen konnte. Schwarze, aufgeplatzte Beulen, Eiter, geronnenes Blut, schwärende Wunden, abgerissene Gliedmaßen,

Weitere Kostenlose Bücher