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Die Hintertreppe zum Quantensprung

Die Hintertreppe zum Quantensprung

Titel: Die Hintertreppe zum Quantensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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vielmehr der Frage, was überhaupt bei einem radioaktiven Zerfall passiert, wenn etwa aus Radium Helium entsteht, um ein anderes Beispiel zu nennen. Und er entdeckte dabei, dass es Gesetzmäßigkeiten gab, die er unter anderem mit dem wunderbaren Begriff der »Halbwertszeit« ( half life ) erfasste. Gemeint ist damit die Zeit, die vergeht, bis die Hälfte der Ausgangsmenge eines radioaktiven Elements sich in ein anderes umgewandelt hat.
Auf dem Weg zum Atomkern
    Als Rutherford sich 1907 in Manchester einrichten konnte, wählte er zu seinen Mitarbeitern die beiden Physiker Hans Geiger und Ernest Marsden. Der Name des Deutschen Geiger ist heute berühmt durch die – ihm gemeinsam mit Rutherford gelungene – Erfindung eines Zählrohres, mit dem sich radioaktive Strahlung messen lässt. Man spricht dabei von einem Geigerzähler, der heute wenig kostet, der Forschung damals aber zunächst viel einbrachte, weil er auch in der Lage war, die Art der Strahlung zu unterscheiden. So konnten Geiger und Rutherford nachweisen, dass Alphastrahlen tatsächlich aus Teilchen bestehen, und zwar genauer aus Heliumatomen, die zwei Elektronen verloren haben. Heute würde man sofort davon sprechen, dass es sich um Heliumkerne handelt, doch als Rutherford in Manchester tätig wurde, kannte man diesen Begriff noch nicht. Die Fachwelt orientierte sich an dem Rosinenkuchenmodell von J.J. Thomson, und in diesem Bild findet sich keine Struktur, die dem heutigen Atomkern ähnelt. Er musste erst entdeckt werden, und diesen merkwürdig mühsamen Schritt verdanken wir Rutherford.
    1911 erschien seine wegweisende Schrift mit dem Titel  The Scattering of Alpha- and Beta-Particles by Matter and the Structure of Atoms , in der Rutherford die Messungen und Überlegungen zusammenfasste, die er in den letzten zwei Jahren dazu angestellt hatte. Es ging – wie es die Überschrift ausdrückt – um Streuversuche, bei denen besonders wirksam Alphateilchen eingesetzt wurden. Die Männer in Manchester lenkten einen entsprechenden Strahl zum Beispiel auf eine Goldfolie, und sie taten dies primär in der Absicht, genauer herauszufi nden, wie sich der Strahl hinter der Folie verteilte bzw. wie er von den Goldatomen gestreut wurde. Dies ist ein bewährtes Vorgehen in den physikalischen Wissenschaften, die dann aus den vermessenen Streuungen, den sogenannten Streuquerschnitten, auf die jeweils untersuchte Struktur rückzuschließen versuchen – ein Verfahren, das niemals einfach, oft aber von Erfolg gekrönt ist. Dieser wird vor allem dann möglich, wenn sich Überraschungen bei den Streuexperimenten zeigen, und vermutlich übertreiben wir nicht, wenn wir sagen, dass es Rutherford war, der die größte aller Überraschungen erleben durfte, die ein Experiment mit sich bringen kann.
    Wie es sich gehörte, fing alles normal an, als im Jahre 1909 eine Goldfolie angefertigt wurde, die so dünn war, dass nur wenige Atome hintereinander und den Alphateilchen im Weg lagen, deren Streuung man hinter der Folie messen wollte. Tatsächlich konnte man dort im Rückraum der Folie Strahlung finden, aber ein paar Anteile schienen zu fehlen. Sie konnten erst gefunden werden, als man auch einmal vor der Folie nachschaute. Zur riesengroßen Verblüffung von Rutherford und seinen Mitarbeitern war nämlich ein Teil der Alphateilchen an den Goldatomen abgeprallt und von dort wieder zur Quelle zurückgeschickt worden. In Rutherford Worten: »Es war das unglaublichste Ergebnis, das mir je in meinem Leben widerfuhr. Es war fast so unglaublich, als wenn einer eine 15-Zoll-Granate auf ein Stück Seidenpapier abgefeuert hätte und diese zurückgekommen wäre und ihn getroffen hätte.«
    Das Erstaunen war so groß – vor allem, nachdem nachfolgende Versuche das Verhalten der Alphastrahlen bestätigen konnten – dass Rutherford sich erst von dem Schock erholen musste und fast zwei Jahre brauchte, um seine Beobachtung in einem physikalischen Modell deuten zu können. Die heute leicht nachvollziehbare und längst zum Allgemeinwissen gehörende Lösung lautet: Es gibt einen Atomkern, in dem der Löwenanteil der Masse eines Atoms versammelt ist und um den die Elektronen kreisen. In Rutherfords Worten von 1911: Ein Atom besteht »aus einer zentralen, punktförmig konzentrierten elektrischen Ladung, die von einer gleichförmig sphärischen Ladungsverteilung des entgegengesetzten Vorzeichens und des gleichen Betrags umgeben ist.«
Probleme mit dem Kern
    Dieser Vorschlag muss Rutherford arge

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