Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis
Schuhschachteln.«
»Sehr witzig.«
Sie hörte das Wawuschel in der Wohnung herumrennen und Schranktüren krachen.
Seufzend beschloss Kyra aufzustehen, bevor die Grüne ihr gesamtes Mobiliar zerlegt hatte. Sie schwang die Beine, die sie eben erst so mühsam hochgezogen hatte, wieder vom Sofa herunter, reckte sich und schlug der Länge nach hin. Glücklicherweise war ihr gläserner Couchtisch im Zuge der letzten Nacht zwei Meter weiter gewandert, sonst wäre sie ihren frisch gekrönten Schneidezahn wieder los gewesen.
»Ich glaubs nicht«, stöhnte Kyra, blickte an sich hinunter, rappelte sich auf und zog ihre Jeans hoch. Ein Büschel schwarzer Haare verklemmte sich im Reißverschluss. »Ich glaubs einfach nicht.«
»Kyra, Kyra, bitte, du darfst mich denen nicht ausliefern.« Isabelle Konrad war wieder ins Wohnzimmer zurückgestürmt und schaute sie so herzzerreißend an, dass sie trotz der grünen Haare eine Art Mitleid bekam. »Leg dich einfach wieder ins Bett und halt die Klappe.«
»Aufmachen, Polizei!«
»Ja, ja, komm ja schon.« Kyra warf einen kurzen Blick in den Spiegel, um zu sehen, was bei ihr sonst noch alles offen stand, machte am Hemd zwei Anstandsknöpfe zu und begann, die diversen Schlösser zu entsichern. Bestimmt
freuten sich die Polizisten auf der anderen Seite der Tür, bei was für einer sicherheitsbewussten Bürgerin sie anklopften.
Das grüne Viergespann stürmte an Kyra vorbei, bevor sie Luft geholt hatte, um guten Tag zu sagen.
»Oh, mein Gott! Oh , mein Gott!«
Der Mann in der blau-grauen Uniform, der wie jeden Donnerstag den Rundgang machte, bevor das Pergamon-Museum seine Türen öffnete, taumelte zurück. Er würgte und rang nach Luft und würgte und wollte dem Drang widerstehen und konnte es nicht glauben und musste nochmals hinschauen und kotzte der Muse auf die marmornen Füße.
»Du miese Ratte, du hast mir versprochen - au - fass mir nicht an die Titten, du Scheißbulle.« Isabelle Konrad kämpfte und fauchte wie eine Tigerkatze mit eingeklemmtem Schwanz. Jetzt erst fiel Kyra auf, dass die Grüne ihr Lieblings-T-Shirt angezogen hatte. Aber vielleicht war es nicht der richtige Augenblick, um ihr deshalb eine runterzuhauen.
»Darf man erfahren, was das hier werden soll, wenns fertig ist?«
Heinrich Priesske und der kleinere Kommissar, dessen Name sich Kyra nie merken konnte, standen neben ihrem Bett und schauten den zwei Uniformierten bei der Arbeit zu. Die Grüne hielt sich tapfer dafür, dass bereits zweihundert Kilo Mann auf ihr lagen.
»Ich reiß dir die Eier raus, du Flachwichser.«
Kyra versuchte es noch einmal. »Kann ich den Hausdurchsuchungsbefehl sehen?«
Der Kurze, der aussah, als ob er ein reifes Magengeschwür mit sich herumtrug, das jeden Moment platzen wollte, zog ein gefaltetes Blatt aus seiner Innentasche und
hielt es wortlos in ihre Richtung. Kyra fragte sich, wie diese Amtswische es immer fertig brachten, schon aus zwei Metern Entfernung amtlich auszusehen.
Kyra gab ihm das Blatt zurück. »Und wie stehts mit nem Haftbefehl? Das, was ihre Brecher da treiben, schaut mir nicht so aus, als ob es noch unter Hausdurchsuchung fiele.«
Der Kurze warf ihr einen etwas längeren Blick zu. Angepisst war wohl das richtige Wort dafür. »Frau Berg. Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten. Zu Ihnen kommen wir noch. Und ich verspreche Ihnen, Sie haben bereits genug Ärger.«
»Sind Sie von der Sitte oder was?«
Den beiden Uniformierten war es gelungen, Isabelle Konrads Hände auf dem Rücken zu achtern. Mit einem rüden Schultergriff richteten sie die Konrad-Tochter auf, sodass sie vor den beiden Kommissaren kniete.
Heinrich Priesske zog einen Indizienbeutel aus seiner Tasche und ließ ihn vor Isabelle Konrads Nase baumeln. »Frau Konrad, ich frage Sie noch einmal: Kennen Sie diese Kette?«
»Fick dich. Mein Anwalt macht Rührei aus dir.« Isabelle Konrad blickte den Kriminalhauptkommissar an, als ob sie eben dies lieber selbst und sofort getan hätte.
Priesske lächelte unbeeindruckt. »Frau Konrad. Sie bleiben also dabei, dass Sie diese Kette nicht kennen.«
»Ohne Anwalt sag ich gar nix.«
»Ihr gutes Recht.« Er versenkte seine Hand abermals in seiner Tasche - Kyra fragte sich, ob auch das ein Grund war, warum es so wenig Kommissarinnen gab. Weil Frauenkleidung keine Innentaschen hatte, aus denen sich wirkungsvoll immer neue Beweisstücke hervorzaubern ließen. Priesske machte einige Schritte auf das Bett zu. Der Eindruck der Tigerkatze
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