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Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Titel: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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den ersten Tagesstunden klar gemacht sein sollten, denn jedenfalls bereiteten sich auch noch andere Fahrzeuge auf den Fang der Thiere vor.
    An diesem Abend fragte Filhiol den Kapitän Bourcart, ob der Fang in gleicher Weise wie bei Neuseeland vor sich gehen werde.
    »Nicht ganz so, lieber Doctor, erhielt er zur Antwort, hier bedarf es etwas größerer Vorsicht. Wir werden es nämlich mit weiblichen Thieren zu thun haben, die zwar mehr Thran liefern, doch auch gefährlicher sind, als die männlichen. Bemerkt ein solches Weibchen, daß ihm eine Verfolgung droht, so wendet es sich sofort zur Flucht. Das Thier verläßt dann nicht allein die Bai, um überhaupt nicht zurückzukehren, sondern es verlockt auch die anderen zum Verschwinden, und dann soll sie einer draußen im Großen Ocean einmal zu finden suchen!
    – Wenn aber ihre Jungen bei ihnen sind, wie dann, Kapitän?
    – Dann ist es für die Boote, antwortete Bourcart, weit leichter, an sie heranzukommen. Der weibliche Wal, der dem Spiele seines Jungen folgt, versieht sich keiner Gefahr. Man kann dann so nahe heranrudern, daß das Thier mit der Axt an den Flossen verletzt wird. Hat es die Harpune verfehlt, so genügt es, dem Thiere, und wäre es mehrere Stunden lang, mit den Booten zu folgen. Der junge Walfisch verzögert sein Entkommen, denn dieser ermüdet bis zur Erschöpfung. Da die Mutter nun das Kleine nicht verlassen will, eröffnet sich die Aussicht, sie unter Verhältnissen anzutreffen, wo man von der Lanze Gebrauch machen kann.
    – Doch sagten Sie, Herr Kapitän, nicht eben, daß die weiblichen Wale gefährlicher wären als die männlichen?
    – Jawohl, Herr Filhiol, der Harpunier muß sich deshalb sorgsam hüten, den jungen Wal zu verletzen. Dessen Mutter würde wüthend werden und großen Schaden anrichten, denn sie geht dann auf die Boote los und schlägt so furchtbar mit dem Schwanze, daß sie diese meist zertrümmert. Das hat schon viele schwere Unfälle veranlaßt. So ist es auch nach einer Fangsaison gar nichts seltenes, in der Bai Marguerite zahlreiche Trümmer solcher Boote treiben zu sehen, und schon viele Menschen haben die Unklugheit oder das Ungeschick des Harpuniers mit dem Leben bezahlt!«
    Schon vor sieben Uhr morgens war alles bereit, zur Verfolgung der gestern gesehenen Cetaceen aufzubrechen. Außer den dazu mitgeführten Harpunen, Lanzen und Beilen, hatten sich der Kapitän Bourcart, der Obersteuermann und die beiden Lieutenants noch mit Gewehren zum Lanzenwerfen ausgerüstet, deren man sich beim Angriffe auf die hier in Frage kommende Art von Walfischen stets mit Vortheil bedient. Eine halbe Meile von der Bucht zeigte sich ein Weibchen, dem sein Junges folgte, und die Boote hißten die Segel, um an das Thier heranzukommen, ohne seine Aufmerksamkeit zu erregen.
    Natürlich war Romain Allotte den anderen auch heute voraus und langte zuerst auf sieben Faden Entfernung bei dem Thiere an. Dieses war eben dabei, den Grund auf seine Tiefe zu untersuchen und mußte das Boot jetzt jedenfalls bemerken.
    Sofort schwang Ducrest seine Harpune und schleuderte sie mit solcher Gewalt, daß sie bis an den Anfang des Schaftes in den Körper des Walfisches eindrang.
    Jetzt kamen auch die anderen drei Boote heran und wollten das Thier umkreisen, um es mit Tauen weiter zu fesseln. Infolge eines – übrigens nicht seltenen – Unfalles zerbrach aber die Harpune und der Wal konnte mit seinem Jungen entweichen.
    Alle bemühten sich nun mit größtem Eifer, der Cetacee zu folgen, die den Booten bald um sechzig bis achtzig Faden voraus war. Ihr ausgestoßener Strahl – ein Dampf von zu seinem Regen condensiertem Wasser – stieg acht bis zehn Meter hoch empor, doch mit ganz weißer Farbe, ein Beweis, daß das Thier nicht tödtlich verletzt war.
    Die Matrosen strengten sich mit den Riemen aus Leibeskräften an. Zwei Stunden lang war es unmöglich, dem Walfisch nahe zu kommen, ihn nochmals harpunieren zu können. Vielleicht wäre bei einem solchen Versuche das junge Thier getroffen worden, und das wollte der Kapitän Bourcart jedenfalls vermieden wissen.
    Der Doctor Filhiol, der alle Einzelheiten dieser Jagd zu beobachten wünschte, hatte in Bourcart’s Boote Platz genommen. Auch ihm hatte sich das eifrige Verlangen mitgetheilt, das alle übrigen erfüllte, und er gab der Befürchtung Ausdruck, daß die Kräfte der Leute erlahmen würden, ehe diese an das Thier herankämen.
    Der Wal entfernte sich in der That noch immer mit großer Schnelligkeit und tauchte

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