Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin
den günstigsten Monaten – noch einmal aufzunehmen.
– Erklären Sie sich etwas näher, Kapitän. Wo könnte ich meine Ladung verkaufen?
– In Vancouver.
– In Vancouver?
– Ja, auf dem Markte von Victoria, wo jetzt von amerikanischen Häusern starke Nachfrage nach Thran ist und Sie Ihre Vorräthe zu gutem Preise absetzen könnten.
– Wahrhaftig, antwortete Bourcart, das wäre ein Gedanke, ohne Zweifel ein vortrefflicher Gedanke! Ich danke Ihnen für Ihre Anregung, Kapitän, und werde mir sie wahrscheinlich zu nutze machen.«
Die in amerikanischem Gewässer, in der Höhe des englischen Columbien gelegene Insel Vancouver ist, nördlich von der Bai Marguerite, etwa um fünfundzwanzig Breitengrade entfernt. Bei günstigem Winde konnte der »Saint Enoch« sie binnen vierzehn Tagen bequem erreichen.
Offenbar lächelte das Glück dem Kapitän Bourcart und Jean-Marie Cabidoulin kam um seine Geschichten und Unglücksprophezeiungen. Nach dem Fange bei Neuseeland und in der Bai Marguerite noch eine Fangreise nach den Kurileninseln und ins Ochotskische Meer… und das alles in demselben Jahre!
Nach Vancouver begaben sich jedenfalls auch die amerikanischen Walfänger und der »Repton« wahrscheinlich ebenfalls, wenn sie ihre volle Ladung Thran hatten, denn dieser stand dort eben hoch im Course.
Als Bourcart den Kapitän des »Iving« fragte, ob er mit dem »Repton« irgendwie in Beziehung getreten wäre, lautete die Antwort verneinend. Das englische Schiff hielt sich immer abseits und vielleicht salutierte es das Sternenbanner der Vereinigten Staaten ebensowenig wie die französische Tricolore.
Mehrmals ereignete es sich dennoch, daß die englischen und französischen Boote, sei es auf der Lagune oder inmitten der Bai, bei der Verfolgung von Walfischen einander ziemlich nahe kamen. Zum Glück jagten sie da nicht denselben Cetaceen nach, denn das hätte, wie es zuweilen geschieht, zu Streitigkeiten führen können. Bei der Gemüthsverfassung, in der sich beide Theile befanden, wären solche Streitigkeiten gewiß recht übel abgelaufen. Bourcart ermahnte seine Leute auch wiederholt und dringend, jede Berührung mit der Mannschaft des »Repton« zu vermeiden, auf dem Wasser ebenso, wenn beide in derselben Gegend kreuzten, wie auf dem Lande, wenn die Boote ausgefahren waren, um Holz zu holen oder Trinkwasser zu fassen.
Uebrigens erfuhr man nicht, ob der »Repton« mit dem Fange Glück hatte, und eigentlich kümmerte sich auch niemand darum. Der »Saint Enoch« war ihm bei der Ueberfahrt von Neuseeland nach der amerikanischen Küste begegnet, und wenn er die Bai erst verlassen hatte, bekam er den Engländer jedenfalls nie wieder zu Gesicht.
Der Fremde besichtigte den an der Seite des Fahrzeuges festgelegten Wal. (S. 70.)
Unter den erbeuteten Cetaceen befand sich ein Pottfisch, den Romain Allotte drei Meilen außerhalb der Lagune gefangen hatte. Es war das der größte, auf den man bisher getroffen war. Diesen hatte auch der »Repton« gesehen, und seine Boote stießen zur Verfolgung des Thieres ab, doch war es schon zu spät, als sie in dessen Nähe kamen.
Um den Pottfisch nicht aufmerksam zu machen, glitt das Boot bei günstiger schwacher Brise so still an ihn heran, daß es das Thier nicht aufscheuchte. Als der Harpunier aber in passender Wurfweite war, tauchte es unter, und nun hieß es warten, bis es wieder auf der Oberfläche erschien. Fünfunddreißig Minuten waren seit seinem letzten Untertauchen verflossen – ebenso lange blieb es jetzt voraussichtlich unter Wasser, und nun galt es nur, scharf Acht zu geben.
Nach der angenommenen Zeit kam es wirklich wieder zum Vorschein, jetzt aber sieben bis acht Kabellängen vom Boote, das ihm nun mit größter Geschwindigkeit nachsegelte.
Der Harpunier Ducrest stand auf dem kleinen Vorderdeck und der Lieutenant Allotte hielt sich mit dem Beile bereit. In diesem Augenblicke aber peitschte der Pottfisch, der eine Gefahr ahnen mochte, das Meer mit solcher Gewalt, daß eine Woge über das Boot hereinbrach und es zur Hälfte anfüllte.
Da die Harpune das Thier an der rechten Seite unterhalb der Brustflosse getroffen hatte, tauchte es unter, und die Leine wurde mit so großer Geschwindigkeit nachgezogen, daß man sie begießen mußte, um ihr Anbrennen zu verhüten.
Als der Pottwal wieder erschien, blies er Blut in die Höhe und einige Lanzenstiche machten ihm bald ein Ende.
Nach der Schmelzung des Speckes verzeichnete Meister Cabidoulin weitere achtzig Faß
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