Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin
die Campagne auch ausdehnen möge, ich werde es niemals bedauern, mich auf dem »Saint Enoch« eingeschifft zu haben!«
Selbstverständlich hatten die Wachen von den ersten Tagen an ihre Posten wieder bezogen und das Meer wurde unablässig scharf im Auge behalten. Zweimal des Vormittags und zweimal des Nachmittags begab sich auch der Lieutenant Allotte zum Ausguck nach den Marsen. Manchmal bemerkte man aufsteigende Wassersäulen, die das Vorhandensein von Cetaceen verriethen, doch leider in zu großer Entfernung, als daß Bourcart die Boote hätte danach aussenden können.
Die Hälfte der Fahrstrecke war binnen siebzehn Tagen ohne jeden Zwischenfall zurückgelegt worden, und am 5. August bekam der Kapitän Bourcart die Alëuten in Sicht.
Diese Inseln, die jetzt zu Nordamerika gehören, bildeten jener Zeit noch einen Theil des Russischen Reiches, das damals auch noch die große Provinz Alaska besaß, deren natürliche Fortsetzung die Alëuten bilden. Die lange Inselkette dehnt sich fast über zehn Längengrade aus und enthält nicht weniger als fünfzig vereinzelte Glieder. Man theilt sie allgemein in drei Gruppen, in die eigentlichen Alëuten, die Andreanow und die Lisii. Darauf leben einige tausend Bewohner, meist nur auf den umfänglichsten Inseln des Archipels, wo sie der Jagd und dem Fischfange obliegen und auch Handel mit Pelzfellen betreiben.
Der »Saint Enoch« hatte Umanak, eine der großen Inseln, in fünf Seemeilen Entfernung gepeilt. Von dieser sah man deutlich den neuntausend Fuß hohen Vulcan Chichaldinskoï, der gerade in vollem Ausbruche war. Bourcart hielt es nicht für rathsam, näher heranzusegeln, da er bei dem herrschenden Westwinde fürchten mußte, dort ein stark aufgeregtes Meer anzutreffen.
Die Gruppe der Alëuten schließt im Süden das Behringsmeer ab, das von Amerika mit der Küste von Alaska im Osten und von Asien mit der Küste von Kamtschatka begrenzt wird. Diese Gruppe zeigt die Eigenthümlichkeit, einen mit der convexen Seite nach dem offenen Meere hinaus liegenden, flachen Bogen zu beschreiben… eine Eigenthümlichkeit, die, der geometrischen Anordnung nach, auch bei den Kurilen, den Liu-Khieu, den Philippinen und bei der Landveste Japans angetroffen wird.
Im Verlaufe der Fahrt konnte der Doctor Filhiol mit dem Blicke den launischen Grenzlinien dieses, mit vulkanischen Bergkegeln übersäten Archipels folgen, an dem ein Anlaufen in der schlechten Jahreszeit ernsthafte Gefahren bietet.
Längs seiner Convexität hatte der »Saint Enoch« widrige Winde vermeiden können. Von einer stetigen Brise begünstigt, hatte er nur noch einen der Aeste der Kuro-Sivotrift zu durchschneiden, der mehr in der Nähe der Kurilen in nordöstlicher Richtung nach der Behringstraße zu verläuft.
Als der »Saint Enoch« am letzten Eiland der Alëuten vorübergekommen war, fand er einen nordöstlichen Wind. Das war sehr vortheilhaft für ein Fahrzeug, das einen südwestlichen Curs nach den Kurilen einschlagen wollte. Nachdem diese Gruppe passiert war, rechnete Bourcart darauf, die äußerste Spitze Kamtschatkas etwa in vierzehn Tagen zu erreichen.
An der Oeffnung des Behringsmeeres erhob sich aber plötzlich ein furchtbarer Windstoß, dem ein weniger fest gebautes und weniger geschickt geführtes Schiff vielleicht kaum hätte widerstehen können. An die Aufsuchung einer geschützteren Stelle in einer Bucht der Alëuteninseln war gar nicht zu denken, denn da hätten die Anker schwerlich sicher genug gefaßt und das Fahrzeug wäre an den Klippen daselbst zertrümmert worden.
Der von Blitzen begleitete und mit Regen und Hagel auftretende Sturm hielt achtundvierzig Stunden lang an. In der ersten Nacht wäre das Schiff beinahe auf die Seite gelegt worden, da der Sturmwind aber immer rasender heulte, waren fast alle Segel eingebunden worden und es lief nur noch vor dem Fock-und dem Marssegel.
Während dieses furchtbaren Unwetters lernte der Doctor Filhiol die Kaltblütigkeit des Kapitäns Bourcart und seiner Officiere bewundern, ebenso wie die Gewandtheit und Willigkeit der Mannschaft. Dem Meister Ollive sprach er seine höchste Anerkennung aus für die Schnelligkeit und Sicherheit, womit er alle Manöver leitete. Es hatte übrigens wenig gefehlt, so wären die Boote von Steuerbord, obwohl man die Dävits nach einwärts gedreht hatte, zerschmettert worden, wenn bei den heftigen Gierschlägen das Schiff so weit geneigt wurde, daß die Speigatten ins Meer tauchten.
Natürlich konnte sich der »Saint
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