Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin
glaube annehmen zu dürfen, daß sie eine außergewöhnliche Gefahr witterten, daß sie einer Empfindung des Schreckens folgten, als ob sie von einer Panik ergriffen wären. Sie erhoben sich weiter über die Wasserfläche und gaben Laute von sich, die ich bis dahin niemals gehört hatte.
– Das ist sehr sonderbar, ließ sich Heurtaux vernehmen, und Sie wissen auch keine Erklärung dafür?
– Nein, meine Herren, erwiderte Forth, wenn nicht etwa ein fabelhaftes Ungeheuer…
– Ah, ich bitte Sie, Kapitän, fiel der Lieutenant Coquebert ein, wenn Meister Cabidoulin, unser Böttcher, Sie hörte, rief’ er sicherlich gleich: »Sehen Sie… die große Seeschlange…!«
– Ja, lieber Lieutenant, gab Forth zur Antwort, ob es nun eine Schlange war oder nicht, was sie erschreckt hat, jedenfalls haben sich die Wale in größter Eile zu retten versucht.
– Schade, schade, fiel der Lieutenant Allotte ein, daß man den Canal der Bai Marguerite nicht hat zusperren können, um noch ein Dutzend von den Burschen einzufangen!
– Ich muß zugeben: daran hat allerdings niemand gedacht, antwortete Forth. Unsere Boote wären da wohl auch nicht ohne größere Beschädigung, vielleicht nicht ohne Menschenverluste davongekommen. Ich wiederhole aber, irgend etwas Ungewöhnliches ist dabei im Spiele gewesen.
– Da fällt mir ein, fragte jetzt Bourcart… was ist denn aus dem englischen Schiffe, dem »Repton« geworden? Hat es einen besseren Fang gehabt, als die anderen?
– Soweit ich es habe beobachten können, auch nicht, Kapitän.
– Meinen Sie, daß es noch in der Bai Marguerite zurückgeblieben ist?
– Es bereitete sich eben zur Abfahrt, als der »Iving« unter Segel ging…
– Um wohin zu steuern?
– Nach dem, was ich gehört habe, um seine Campagne im Nordwesten des Stillen Oceans fortzusetzen.
– Nun, meinte Heurtaux, ich wünschte wenigstens, es bliebe uns erspart, ihm noch einmal zu begegnen!«
Mit Einbruch der Nacht begab sich Forth wieder nach seinem Schiffe, wo er am nächsten Tage Bourcart nebst seinen Officieren gastlich empfing. Wiederholt kam da die Rede auf Verschiedenes, was sich in der Bai Marguerite zugetragen hatte. Als sich endlich die beiden Kapitäne von einander verabschiedeten, geschah es in der Hoffnung, daß der »Saint Enoch« und der »Iving« in Zukunft auf den Fangplätzen wieder zusammentreffen würden.
Siebentes Capitel.
Die zweite Campagne.
Der Kapitän Bourcart fuhr am Morgen des 19. Juli ab. Als der Anker gelichtet war, konnte das Schiff nur mit Mühe aus der Bai hinaussteuern. Der Wind, der eben aus Südosten kam, war ihm außerdem hinderlich und konnte erst ausgenutzt werden, wenn der »Saint Enoch« nach Umsegelung der letzten Spitzen von Vancouver einige Meilen draußen in der offenen See war.
Das Fahrzeug hatte jetzt übrigens nicht die Juan de Fucastraße gewählt, der es beim Einfahren in den Hafen gefolgt war; es steuerte vielmehr in nordwestlicher Richtung durch den Königin Charlottensund und den Georgsbusen. Am zweiten Tage und nachdem es die Nordküste der Insel hinter sich gelassen hatte, steuerte es westwärts und hatte noch vor dem Abend das Land aus dem Gesichte verloren.
Die Entfernung zwischen Vancouver und der Gruppe der Kurilen kann etwa auf fünfzehnhundert Lieues geschätzt werden. Unter günstigen Umständen kann sie ein Segler wohl binnen fünf Wochen zurücklegen. Auch Bourcart hoffte, wenn das Glück ihm günstig blieb, nicht mehr Zeit auf die Ueberfahrt zu verwenden.
Jedenfalls begann die Reise wenigstens unter den günstigsten Verhältnissen. Bei der aufgesprungenen frischen Brise und dem nur von langen, dünungsartigen Wellen bewegten Meere, konnte der »Saint Enoch« alle seine Segel führen. Unter Backbordhalfen glitt er langsam schaukelnd nach Westnordwesten hin. Wurde sein Curs hierdurch auch etwas verlängert, so vermied er dabei doch die Pacifische Strömung, die nach Osten hin und dann längs der Kette der Alëuteninseln verläuft.
Die Fahrt verlief im ganzen ohne jede Widerwärtigkeit. Nur von Zeit zu Zeit waren die Schoten ein wenig anzuziehen oder nachzulassen. Die Mannschaft war also voraussichtlich frisch und bereit für die beschwerliche Fangfahrt, die ihr im Ochotskischen Meere bevorstand.
Die meiste Arbeit an Bord fiel immer Jean-Marie Cabidoulin zu. Er hatte die richtige Aufstellung der Fässer im Frachtraume zu besorgen, die Hilfsapparate nachzusehen und die Schläuche und Baljen zu untersuchen, mittels der der Thran
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