Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin
Ich habe aber schon oft den Walfang in der Bai betrieben und erinnere mich nicht, sie jemals gegen Ende Juni so verlassen gefunden zu haben. Dieses Jahr vergingen ganze Tage, ohne daß die Boote ausgesendet werden konnten, obgleich das Wetter schön und die See meist ruhig war. Sie können sich Glück wünschen, Herr Bourcart, den Fang schon in den neuseeländischen Gewässern begonnen zu haben. In der Bai Marguerite hätten Sie keine volle Ladung bekommen.
– Jawohl, stimmte ihm Bourcart bei, um so mehr, als wir dort nur mittelgroße Wale zu Gesicht bekommen haben…
– Eigentlich wohl nur kleine, bemerkte Forth. Wir haben Thiere gefangen, die kaum dreißig Faß Thran lieferten.
– Sagen Sie, Kapitän, haben Sie auch die Absicht, Ihre Ladung auf dem Markte von Victoria abzusetzen?
– Gewiß, wenn hier noch gute Preise bezahlt werden.
– Das ist noch der Fall, und die schlechte Saison in der Bai Marguerite wird sie ja auch nicht zum Sinken bringen. Uebrigens erwartet man auch noch keine Zufuhren von den Kurilen, aus dem Ochotskischen Meere oder aus der Behringstraße.
– Natürlich jetzt noch nicht, meinte Heurtaux, da der Fang dort noch sechs Wochen oder zwei Monate fortdauert…
– Und davon erhoffen wir auch noch einen Antheil für uns! erklärte Romain Allotte.
– Sind denn, Kapitän Forth, fuhr der Lieutenant Coquebert fort, die anderen Walfänger in der Bai Marguerite mehr begünstigt gewesen als gerade Sie?
– O, auch nicht mehr, versicherte Forth. Als dann der »Iving« unter Segel ging, rüsteten sich die meisten anderen Schiffe ebenfalls, aufs hohe Meer hinauszugehen.
– Werden diese sich auch nach den Küsten Asiens wenden?
– Ich glaub’ es wohl.
– So wird sich da drüben ja eine recht große Flotte ansammeln! rief der Lieutenant Coquebert.
– O, desto besser! jubelte Romain Allotte. Das ist doch erst eine Lust, wenn man zu Zweien oder Dreien hinter einem Walfisch her ist, wenn man sich ins Zeug legt, daß die Riemen zu brechen drohen. Und welche Ehre für das Boot, das dann zuerst an den Burschen herankommt…
– Gemach, lieber Lieutenant, nur gemach! fiel im Bourcart in die Rede. Jetzt ist noch kein Walfisch in Sicht.
– Sie sind also, nahm Forth des Wort, zu einer zweiten Fangreise entschlossen?
– Ganz bestimmt.
– Und wann fahren Sie ab?
– Uebermorgen.
– Schon übermorgen?
– Der »Saint Enoch« braucht nur noch die Anker zu lichten.
Mit Einbruch der Nacht begab sich Forth wieder nach seinem Schiffe. (S. 91.)
– Dann freut es mich desto mehr, sagte Forth, noch rechtzeitig eingetroffen zu sein, unsere Bekanntschaft zu erneuern, Kapitän, und noch einen Händedruck wechseln zu können.
– Und wir beglückwünschen uns ebenfalls, die freundlichen Beziehungen zu Ihnen wieder haben aufnehmen zu können, antwortete Bourcart. Wenn der »Iving« gerade in die Bai von Victoria eingelaufen wäre, während der »Saint Enoch« sie verließ, hätte das bei uns gewiß großes Bedauern erregt.«
Hierauf wurde vom Kapitän Bourcart und von seinen Officieren die Gesundheit des Kapitäns Forth in einer Weise ausgebracht, die deren lebhafte Sympathie für die amerikanische Nation bezeugte.
»Hätten wir uns übrigens, bemerkte dann Heurtaux, in Victoria nicht wiedergesehen, so hätten der »Saint Enoch« und der »Iving« doch vielleicht für die zweite Campagne in den Gewässern der Kurilen in Verbindung bleiben können?
– Ja freilich, Kapitän! sagte Bourcart. Sie beabsichtigen doch wohl auch, im Norden des Stillen Oceans Ihr Glück noch einmal zu versuchen?
– Das wird mir kaum möglich sein, meine Herren, antwortete Forth, der »Iving« würde auf den Fangplätzen jedenfalls zu spät eintreffen. In zwei Monaten beginnt schon die Eisbildung an der Behringstraße und im Ochotskischen Meere, und leider bin ich außer stande, schnell genug wieder in See zu gehen. Die Reparaturen am »Iving« werden voraussichtlich drei Wochen beanspruchen.
– O, das beklagen wir mit Ihnen, Herr Forth, versicherte der Kapitän Bourcart. Ich möchte aber noch auf einen Punkt zurückkommen, den Sie schon erwähnten und der gewiß einer Aufklärung bedarf.
– Was meinen Sie damit, Kapitän?
– Haben Sie nicht in der letzten Zeit unseres Aufenthaltes in der Bai Marguerite bemerkt, daß die Wale auffallend selten wurden und es eilig zu haben schienen, ins offne Meer zu entweichen?
– Ganz gewiß, Kapitän. Die Thiere entflohen unter sonst nicht gewohnten Umständen. Ich
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