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Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Titel: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Auftauchen des Ungeheuers außer allem Zweifel.
    »Alles in allem, sagte Heurtaux, halte ich dafür, daß wir, mag die Sache nun richtig oder falsch sein, mag das merkwürdige Thier vorhanden sein oder nicht, unsere Abfahrt nicht verschieben.
    – Das meine ich auch, antwortete Bourcart, wir brauchen an unseren Plänen nichts zu ändern.
    – Zum Teufel! rief Romain Allotte, das Unthier, und wenn es ein noch so ungeheuerliches Geschöpf wäre, wird den »Saint Enoch« nicht gleich wie der Haifisch eine Speckseite verschlingen!
    – Außerdem, bemerkte der Doctor Filhiol, ist es doch schon im Interesse der Allgemeinheit besser, zu wissen, woran man sich hier zu halten hat.
    – Ganz meine Ansicht, stimmte ihm Bourcart zu; übermorgen fahren wir ab!«
    Der Beschluß des Kapitäns wurde fast von allen gebilligt. Welche Ehre würde es auch für dasjenige Schiff und für diejenige Mannschaft sein, denen es gelänge, das Gewässer hier von einem solchen Ungethüm zu befreien.
    »Nun, Alterchen, sagte Meister Ollive zu dem Böttcher, wir fahren trotz alledem ab, und wenn wir das zu bereuen hätten…
    – So würde es zu spät sein, fiel ihm Jean-Marie Cabidoulin ins Wort.
    – Da sollte man wohl überhaupt nicht mehr draußen umhersegeln?
    – Niemals mehr!
    – Bei Dir ist’s wohl da oben nicht ganz richtig… Alter!
    – Wirst Du zugeben, daß von uns beiden ich es gewesen bin, der recht gehabt hat?
    – Ich bitte Dich… erwiderte Meister Ollive die Achseln zuckend.
    – Ich, sage ich Dir… weil sie da draußen ist… die große Seeschlange…
    – Das werden wir ja sehen.
    – Nein, das ist gar nicht mehr nöthig!«
    Der Böttcher schwebte eigentlich zwischen der Furcht, die ihm das Erscheinen des Ungeheuers einflößen mußte, und der Befriedigung, immer an dessen Vorhandensein geglaubt zu haben.
    Im Flecken Petropawlowsk herrschte inzwischen eine tödtliche Angst, und man kann sich wohl vorstellen, daß eine so abergläubische Bevölkerung es gar nicht bezweifelte, daß das Thier sich jetzt in die sibirischen Gewässer verirrt habe. Niemand hätte an eine Augentäuschung der Fischer geglaubt. Das hätten keine Kamtschadalen sein können, die sich den unwahrscheinlichsten, den Ocean betreffenden Fabeln gegenüber als Zweifler erwiesen hätten.
    Die Einwohner überwachten also unablässig die Bai von Avatcha, immer in der Angst, daß das schreckliche Thier noch in diese eindringen könnte. Bei jeder hohen Welle, die sich im Ocean aufthürmte, war es das Ungethüm, das ihn bis in seine Tiefen aufwühlte, und wenn sich irgendein auffälliges Getöse hören ließ, rührte es von diesem her, indem es mit dem Schwanze in der Luft umherfuchtelte! Und wenn es nun bis in den Hafen vordrang, wenn es gar gleichzeitig eine Ophidie und ein Saurier war, dann verließ die entsetzliche Amphibie wohl auch noch das Wasser und stürzte sich wüthend auf die Stadt. Gewiß zeigte das Ungeheuer sich auf dem Lande nicht minder gefährlich, als auf dem Meere. Doch wie ihm entgehen?
    Der »Saint Enoch« und der »Repton« beschleunigten inzwischen ihre letzten Vorbereitungen. Welche Gedanken die Engländer über das apokalyptische Geschöpf auch haben mochten, jedenfalls wollten sie bald, und allem Anscheine nach an demselben Tage wie das französische Schiff, unter Segel gehen. Da aber der Kapitän King und seine Leute abzureisen nicht zögerten, so konnte doch auch der Kapitän Bourcart nicht umhin, ihrem Beispiele zu folgen.
    So kam es denn, daß die beiden Schiffe am Morgen des 10. October zur gleichen Stunde die Anker lichteten, da sie die Ebbeströmung benutzen wollten. Die Nationalflagge an der Gaffel und von einem leichten Landwinde getrieben, glitten sie nach Osten zu durch die Bai von Avatcha, als träten sie vereint die neue Fahrt an
    Vielleicht konnten sie bei einem oder dem anderen Unfalle, trotz der herrschenden feindlichen Stimmung, sogar in die Nothlage kommen, einander beizustehen.
    Die Bevölkerung von Petropawlowsk aber, immer noch eine Beute des Schreckens, nährte als einzige Hoffnung die, daß das Ungeheuer sich, nachdem es seine Wuth am »Repton« und am »Saint Enoch« ausgelassen hätte, aus den sibirischen Gewässern zurückziehen werde.
Zehntes Capitel.
Ein Doppelangriff.
    Sobald die mit einem Zwischenraume von sechs oder sieben Kabellängen dahinsegelnden Schiffe aufs offene Meer hinauskamen, wurde die Wasserfläche mit ebensoviel Aufmerksamkeit wie Unruhe beobachtet. Jetzt waren freilich schon achtundvierzig

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