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Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Titel: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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kann – eine weiße Gesichtsfarbe. Gewöhnlich bedecken die koketten Geschöpfe das Gesicht nämlich mit aufgeklebten Goldschlägerhäutchen und schminken sich mit einer aus Varec gewonnenen rothen Farbe, die mit Thran gemischt aufgetragen wird.
    Was die Kleidung betrifft, so besteht diese aus Fellen, die mit Weidenrinde gelb gefärbt sind, aus leinenen, von Rußland oder Buchara eingeführten Hemden, und aus Beinkleidern, deren sich beide Geschlechter bedienen. Alles in allem ähneln die Kamtschadalen in dieser Beziehung den Bewohnern des hochnördlichen Asiens.
    Ueberdies sind die örtlichen Sitten und überhaupt die Lebensweise dieselben wie in Sibirien unter der strengen moskowitischen Verwaltung, sowie sich die Bevölkerung auch zur orthodoxen (griechischen) Religion bekennt.
    Erwähnung verdient wohl auch, daß die Kamtschadalen, dank dem heilsamen Klima, sich einer vortrefflichen Gesundheit erfreuen, wie überhaupt im Lande nur wenige Krankheiten vorkommen.
    »Hier würden die Aerzte auch nicht reich werden!« mußte sich der Doctor Filhiol sagen, wenn er die kraftstrotzenden Männer und Frauen sah, die auch in Folge ihrer fortwährenden Thätigkeit eine auffällige Gewandtheit der Bewegungen zeigen und vor dem sechzigsten Jahre niemals ergrauen.
    Uebrigens erwies sich die Bevölkerung von Petropawlowsk recht freundlich und gastfrei; höchstens könnte man ihr den Vorwurf machen, daß sie gar zu vergnügungssüchtig sei.
    Wozu sich aber mit schwerer Arbeit abmühen, wenn man seinen Lebensunterhalt mit so wenigen Kosten bestreiten kann? Fische, vor allem Lachse, von den Tümmlern gar nicht zu reden, giebt es an der Küste in Ueberfluß, und sogar die Hunde ernähren sich davon fast ausschließlich. Die zwar mageren, doch kräftigen Hunde benutzt man zum Ziehen der Schlitten. Ein sicherer Instinkt gestattet ihnen, auch in den hier so häufigen heftigen Schneestürmen den richtigen Weg zu finden. Die Kamtschadalen betreiben nämlich nicht allein den Fischfang, sie widmen sich auch der Jagd auf die zahlreichen Vierfüßler des Landes, wie auf Zobel, Hermeline, Ottern, Renthiere, Wölfe und wilde Schafe. Schwarze Bären kommen ebenfalls häufig in den Berggegenden der Halbinsel vor. Sie sind ebenso gefährlich, wie ihre Verwandten an der Bai von Ochotsk, und man muß vor ihnen immer auf der Hut sein, denn wenn man sich nur wenig von Petropawlowsk entfernt, hat man von den Thieren immer einen Angriff zu befürchten.
    Die Hauptstadt von Kamtschatka zählte jener Zeit nicht mehr als elfhundert Einwohner. Unter Nicolaus I. wurde sie mit Befestigungen umgeben, die die vereinigten englisch-französischen Flotten im Kriege von 1855 theilweise zerstörten. Die Befestigungen werden aber jedenfalls wieder hergestellt werden, denn Petropawlowsk ist ein wichtiger strategischer Punkt und es verlohnt sich, die prächtige Bai von Avatcha vor jedem Angriff sicher zu stellen.
    Im Hinblick auf eine lange Ueberfahrt, bei der vielleicht einmal ein Walfisch erbeutet werden könnte, sorgte die Mannschaft des »Saint Enoch« auch für die Vervollständigung des Holzvorraths. Die Beschaffung des Brennmaterials war freilich an der Küste von Kamtschatka keine so leichte, wie an der des Ochotskischen Meeres.
    Die Leute hatten erst drei bis vier Meilen zurückzulegen, ehe sie einen Wald erreichten, der die unteren Abhänge des Vulcans Karoalski bedeckte. Das nöthigte zur Einrichtung eines Verkehrs mittels Schlitten, die von Hunden gezogen wurden, und auf denen das Holz nach dem Schiffe hin befördert wurde.
    Am 6. October bestiegen der Meister Cabidoulin, der Zimmermann Thomas und sechs Matrosen, alle mit Sägen und Aexten ausgerüstet, einen Schlitten oder Schleife, den der Kapitän Bourcart gemiethet hatte und den sein eingeborner Führer mit der Geschicklichkeit eines leibhaftigen Musik lenkte.
    Von der Stadt aus folgte das Gefährte einem Wege – mehr einem Fußpfade als einer Straße – der sich zwischen Hafer-und Gerstenfeldern hinschlängelte. Dann führte er über ausgedehnte Weidegründe, wo eben der letzte Schnitt beendigt war und die von zahlreichen Bächen bewässert wurden. Die Hunde trabten unermüdlich schnell vorwärts, und gegen halb acht Uhr wurde der Wald erreicht.
    Dieser bestand freilich nur aus einem begrenzten Stück Landes mit Fichten, Lärchen und anderen harzigen, immergrünen Bäumen. Ein Dutzend Walfänger hätte sich hier kaum hinlänglich mit Holz versorgen können.
    »Entschieden ist es Kamtschatka nicht,

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