Die historischen Romane
Lombardo stößt an eine Klippe, und Nino Bixio sagt, es ist besser, sie kriegen ihn mit einem Loch im Bauch als heil und gesund, ja wir sollten auch gleich den Piemonte versenken. Schöne Verschwendung, sage ich, aber Bixio hatte recht, man durfte den Bourbonen nicht zwei Dampfer schenken, außerdem machen alle großen Feldherrn das so, nach der Landung verbrennt man die Schiffe und auf geht’s, da gibt’s kein Zurück mehr. Der Piemonte beginnt mit der Landung, auf der Stromboli kracht ein Kanonenschuss, aber die Kanone hat eine Ladehemmung. Der Kommandant eines englischen Schiffes, das im Hafen liegt, geht an Bord der Stromboli und sagt dem Kapitän, an Land seien britische Untertanen und er mache ihn für jeden internationalen Zwischenfall verantwortlich. Du weißt ja, die Engländer haben in Marsala große ökonomische Interessen wegen dem Wein. Der bourbonische Kommandant erwidert, internationale Zwischenfälle seien ihm egal, und lässt noch einen Schuss abgeben, aber die Kanone ist noch immer verstopft. Als die bourbonischen Schiffe schließlich ein paar Schüsse abfeuern, tun sie niemandem weh, außer dass sie einen Hund zweiteilen.«
»Also haben die Engländer euch geholfen?«
»Sagen wir, sie haben sich still und ruhig dazwischengestellt, um die Bourbonen in Verlegenheit zu bringen.«
»Was hat denn der General für Beziehungen zu den Engländern?«
Abba zuckte die Achseln wie um zu sagen, kleine Infanteristen wie er gehorchen und stellen nicht viele Fragen. »Hör lieber das noch, das war schön. Als wir in die Stadt kamen, hatte der General befohlen, das Telegraphenamt zu besetzen und die Drähte zu kappen. Sie schicken einen Leutnant mit ein paar Männern hin, und als der Angestellte im Telegraphenamt sie kommen sieht, rennt er weg. Der Leutnant tritt in das Amt und findet die Kopie einer Depesche, die eben an den Kommandanten von Trapani abgeschickt worden ist: ›Zwei Dampfer unter sardischer Flagge sind eben eingetroffen und setzen Männer an Land.‹ Genau in diesem Moment kommt die Antwort getickert. Einer der Freiwilligen, der beim Telegraphenamt in Genua angestellt war, übersetzt die Morsezeichen: ›Wie viele Männer und warum gehen sie an Land?‹ Der Leutnant lässt antworten: ›Entschuldigung, habe mich geirrt, es sind zwei Handelsschiffe aus Girgenti mit einer Ladung Schwefel.‹ Reaktion aus Trapani: ›Sie sind ein Idiot!‹ Der Leutnant steckt alles zufrieden ein, lässt die Drähte kappen und geht davon.«
»Seien wir ehrlich«, mischte sich Bandi ein, »die Landung war nicht bloß ein Zirkus, wie Abba sagt. Als wir anlegten, sind von den bourbonischen Schiffen schließlich doch noch die ersten Granaten und Gewehrschüsse gekommen. Wir haben uns darüber amüsiert, das ja. Mitten zwischen den Schützen ist da plötzlich ein dicker alter Klosterbruder erschienen, der uns mit dem Hut in der Hand das Willkommen entbot. Jemand rief hinüber: ›He, Brüderchen, was kommst du uns in die Quere?‹, aber Garibaldi hob die Hand und fragte: ›Pater, was sucht Ihr hier? Hört Ihr nicht die Kugeln pfeifen?‹ Darauf der Mönch: ›Die Kugeln machen mir keine Angst, ich bin ein Diener des armen Franziskus und ein Sohn Italiens.‹ – ›Dann seid Ihr also mit dem Volk?‹ fragte der General. ›Mit dem Volk, mit dem Volk‹, rief der Mönch. Da begriffen wir, dass Marsala unser war. Und der General schickte Crispi zum Steuereinnehmer, um im Namen Vittorio Emanueles, des Königs von Italien, gegen Quittung alle Einnahmen zu beschlagnahmen und sie dem Schatzmeister Acerbi zu übergeben. Ein Königreich Italien gab es noch nicht, aber die Quittung, die Crispi dem Steuereinnehmer ausgestellt hat, ist das erste Dokument, in dem Vittorio Emanuele als König von Italien bezeichnet wird.«
Ich nutzte die Gelegenheit, um zu fragen: »Aber ist der Schatzmeister nicht Hauptmann Nievo?«
»Nievo ist der Stellvertreter von Acerbi«, präzisierte Abba. »So jung und schon ein großer Schriftsteller. Ein wahrer Dichter. Das Genie ist ihm auf die Stirn geschrieben. Er geht immer allein und schaut in die Ferne, als wollte er mit seinen Blicken den Horizont erweitern. Ich glaube, Garibaldi wird ihn in Kürze zum Oberst ernennen.«
Und Bandi setzte noch eins drauf: »Bei Calatafimi war er ein bisschen zurückgeblieben, um Brot zu verteilen, und als Bozzetti ihn in die Schlacht rief, hat er sich ins Getümmel gestürzt und ist dem Feind entgegengeprescht wie ein großer schwarzer Vogel, mit wehendem
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