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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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– wie Sie es ja schon andere Male getan haben – dass Sie auch welche fabrizieren, wenn es nötig ist.«
    »Und wie und als wer soll ich mich dorthin begeben?«
    »Wir haben wie üblich an alles gedacht«, sagte Bianco lächelnd. »Monsieur Dumas, den Sie als berühmten Romancier kennen werden, ist im Begriff, mit einem privaten Schiff namens Emma in Palermo zu Garibaldi zu stoßen. Wir haben nicht ganz verstanden, was er da machen will, vielleicht will er bloß eine romanartige Geschichte der Expedition Garibaldis schreiben, vielleicht ist er eitel und will seine Freundschaft mit dem Helden zur Schau stellen. Wie auch immer, wir wissen, dass er in etwa zwei Tagen in Sardinien an Land gehen wird, und zwar in der Bucht von Arzachena, also bei uns. Sie brechen morgen früh nach Genua auf, gehen an Bord eines unserer Schiffe, das Sie nach Sardinien bringen wird, wo Sie Dumas treffen werden, ausgerüstet mit einem Empfehlungsschreiben von jemandem, dem Dumas viel verdankt und dem er vertraut. Sie werden sich als Sonderkorrespondent der von Professor Boggio geleiteten Zeitung vorstellen, der nach Sizilien geschickt worden ist, um die Unternehmung von Dumas und Garibaldi zu feiern. So werden Sie zur Entourage dieses Romanciers gehören und mit ihm in Palermo eintreffen. Mit Dumas einzutreffen wird Ihnen ein Prestige und eine Unverdächtigkeit verleihen, die Sie nicht genießen würden, wenn Sie alleine kämen. In Palermo können Sie sich dann unter die Freiwilligen mischen und zugleich Kontakt mit der lokalen Bevölkerung aufnehmen. Ein Empfehlungsbrief einer bekannten und geachteten Person wird Sie bei einem jungen garibaldinischen Offizier, Hauptmann Nievo 6 , einführen, den Garibaldi inzwischen zu seinem Vizeschatzmeister ernannt haben dürfte. Stellen Sie sich vor, schon bei der Abfahrt des Lombardo und des Piemonte , der beiden Dampfer, die Garibaldi nach Marsala gebracht haben, waren diesem Hauptmann 14000 der 90000 Lire anvertraut worden, aus denen die Kasse der Expedition bestand. Wir wissen nicht recht, wieso man ausgerechnet den jungen Nievo mit solchen Verwaltungsaufgaben betraut hat, wo er doch, wie es heißt, eher ein Literat ist, aber er scheint einen tadellosen Ruf zu haben. Er wird sich glücklich schätzen, mit jemandem sprechen zu können, der für Zeitungen schreibt und sich als Freund des berühmten Alexandre Dumas vorstellt.«
    Den Rest dieser mitternächtlichen Sitzung verbrachten wir mit der Klärung technischer Aspekte des Unternehmens sowie meiner Vergütung. Am nächsten Morgen schloss ich die Kanzlei für unbestimmte Zeit, packte das Nötigste ein und nahm auch, einer spontanen Eingebung folgend, die Soutane mit, die Pater Bergamaschi in Großvaters Haus gelassen hatte und die ich damals hatte retten können, bevor alles den Gläubigern überlassen wurde.

   7.
Mit den Tausend
    29. März 1897
     
    Ich weiß nicht, ob es mir gelungen wäre, mir alle Ereignisse in Erinnerung zu rufen, zumal auch die Eindrücke und Gefühle während meiner Sizilienreise von Juni 1860 bis März 1861, 29 hätte ich nicht gestern Abend beim Kramen zwischen alten Papieren in einer Kommode unten im Laden ein Bündel zerknitterter Seiten gefunden, auf denen ich jene Ereignisse knapp notiert hatte, vermutlich um später einen detaillierten Bericht für meine Turiner Auftraggeber zu schreiben. Es sind lückenhafte Notizen, ich hatte offensichtlich nur das notiert, was ich für wichtig hielt oder von dem ich wollte , dass es wichtig erschien. Was ich verschwiegen habe, weiß ich nicht mehr.
     
    * * *
     
    Seit dem 6. Juni bin ich an Bord der Emma . Dumas hat mich sehr herzlich empfangen. Er trug eine leichte hellbraune Stoffjacke und sah ganz unverkennbar so aus wie das Mischblut, das er ist. Olivbraune Haut, wulstige sinnliche Lippen, helmartiges Kraushaar wie ein Afrikaner. Ansonsten ein lebhafter und ironischer Blick, ein herzliches Lächeln, die pralle Rundlichkeit des bon vivant … Ich erinnerte mich an eine der vielen Legenden, die von ihm erzählt werden: Ein Pariser Stutzer hatte in seiner Gegenwart maliziös auf jene neuartigen Theorien angespielt, die eine Verbindung zwischen Urmensch und niederen Arten sehen. Und er hatte geantwortet: »Jawohl, mein Herr, ich stamme vom Affen ab. Aber Sie, meine Herren, Sie steigen zu ihm auf!«
    Er stellte mir Kapitän Beaugrand vor, den Ersten Offizier Brémond, den Steuermann Podimatas (ein behaartes Individuum mit einem schwarzen Fell wie ein Wildschwein, bei dem

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