Die historischen Romane
Mantel, der ihm prompt von einer Kugel durchlöchert wurde…«
Das genügte schon, um mir diesen Nievo unsympathisch zu machen. Er musste in meinem Alter sein und betrachtete sich bereits als Berühmtheit. Der kriegerische Poet. Kein Wunder, dass sie dir deinen Mantel durchlöchern, wenn du ihn vor ihnen wehen lässt. Schöne Art, ein Ziel zu bieten, das nicht deine Heldenbrust ist…
Nun begannen Abba und Bandi von der Schlacht bei Calatafimi zu sprechen, diesem geradezu mirakulösen Sieg, mit tausend Freiwilligen auf der einen Seite und fünfundzwanzigtausend gutbewaffneten Bourbonen auf der anderen.
»Garibaldi voran«, sagte Abba, »auf einem prächtigen Fuchs wie für einen Großwesir, mit herrlichem Sattel, durchbrochenen Steigbügeln, rotem Hemd und einem Hut von ungarischem Zuschnitt. Bei Salemi erreichen uns die lokalen Freiwilligen. Sie kommen von allen Seiten, zu Pferd, zu Fuß, zu Hunderten, eine Teufelsbrut, Leute aus den Bergen, bewaffnet bis an die Zähne, manche mit Visagen wie Schergen und Augen wie Pistolenmündungen. Aber angeführt von gentiluomini , den Grundbesitzern dieser Gegend. Salemi ist schmutzig, die Straßen gleichen Abflussrinnen, aber die Franziskaner hatten schöne Klöster, und da haben wir uns einquartiert. Vom Feind hörten wir in diesen Tagen unterschiedliche Nachrichten, es seien viertausend, nein, zehntausend, zwanzigtausend, mit Pferden und Kanonen, sie verschanzten sich dort unten, nein, dort oben, sie rückten vor, sie wichen zurück… Und plötzlich steht er vor uns, der Feind. Es sind vielleicht fünftausend Männer, ach was, sagt einer von uns, das sind zehntausend. Zwischen ihnen und uns eine flache, unbebaute Ebene. Die neapoletanischen Jäger steigen von den Höhen herab. Wie ruhig, wie sicher, man sieht, dass sie gut ausgebildet sind, nicht solche armen Teufel wie wir. Und ihre Trompeten, wie unheimlich die klingen! Die erste Gewehrsalve wird erst mittags um halb zwei abgegeben. Sie kommt von den neapoletanischen Jägern, die durch die Reihen der Kaktusfeigen herabgestiegen sind. ›Nicht erwidern, nicht das Feuer erwidern!‹ rufen unsere Hauptleute, aber die Kugeln der Jäger pfeifen über unsere Köpfe hinweg mit einem solchen Jaulen, dass es einen umhaut. Man hört einen Knall, dann noch einen, dann bläst der Trompeter des Generals zum Angriff. Wir stürzen los, die Kugeln regnen wie Hagel, der Berg ist eine einzige Rauchwolke wegen der Kanonen, die auf uns schießen, wir überqueren die Ebene, durchbrechen die erste Linie der Feinde, ich schaue zurück und sehe Garibaldi auf dem Hügel stehen, ohne Pferd, den Säbel in der Scheide auf der rechten Schulter, wie er langsam vorangeht und alles im Blick hat. Bixio kommt herangaloppiert, um ihm mit seinem Pferd auszuhelfen, und ruft: ›General, wollt Ihr so sterben?‹ Der erwidert: ›Wie könnte ich besser sterben als für mein Land?‹ und schreitet weiter voran, ohne sich um den Kugelhagel zu kümmern. In diesem Augenblick habe ich gefürchtet, dass der General den Sieg für unmöglich hielt und den Tod suchte. Doch plötzlich kracht eine unserer Kanonen von der Straße her. Es ist, als bekämen wir Hilfe von tausend Armen, die Trompete bläst Avanti! Avanti! , man hört nur noch diese Trompete, die nicht aufhört, zum Angriff zu blasen. Wir stürmen mit aufgepflanztem Bajonett die erste, die zweite, die dritte Terrasse den Hügel hinauf, die bourbonischen Bataillone ziehen sich nach oben zurück, sammeln sich und scheinen neue Kraft zu gewinnen. Es scheint unmöglich, sie nochmals anzugreifen, sie sind alle oben auf dem Gipfel versammelt und wir verstreut unten am Hang, müde und matt. Eine Zeitlang passiert nichts, sie da oben, wir unten. Ab und zu ein Gewehrschuss, die Bourbonen wälzen Felsblöcke auf uns herab, werfen mit Steinen, es heißt, einer davon habe den General verwundet. Ich sehe zwischen den Kaktusfeigen einen hübschen Jungen, tödlich getroffen, von zwei Kameraden gestützt. Er bittet die Kameraden, barmherzig mit den Neapolitanern zu sein, auch sie seien doch Italiener. Der ganze Hang ist voll Gefallener, aber man hört kein Klagen. Vom Gipfel brüllen die Neapolitaner ab und zu: ›Es lebe der König!‹ Unterdessen bekommen wir Verstärkung, ich erinnere mich, dass du gekommen bist, Bandi, ganz übersät mit Wunden, aber besonders von einer Kugel, die dir über der linken Brust feststeckte, so dass ich schon dachte, in einer halben Stunde wärest du tot. Stattdessen warst du dann beim
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