Die historischen Romane
explodiert. Eine Bombe mit Schwarzpulver hätte große Metallsplitter rings um sich her verstreut, die alles im Umkreis von zehn Metern treffen, während eine Bombe mit Knallquecksilber sofort in kleine Fragmente zerfällt und dich nur tötet, wenn du genau dort bist, wo sie hinfällt. Na, und dann nimmt man doch lieber gleich eine Pistole, die trifft, was sie trifft.«
»Man könnte es ja noch mal versuchen«, meinte Simonini. Dann fügte er hinzu: »Ich kenne Leute, die an den Diensten einer Gruppe guter Feuerwerker sehr interessiert wären.«
Der ERZÄHLER weiß nicht, warum Simonini diesen Köder ausgeworfen hatte. Dachte er schon an etwas Bestimmtes, oder machte er das aus Berufung, aus Gewohnheit, zur Vorsorge, für alle Fälle? Jedenfalls biss Gaviali sofort an. »Reden wir darüber«, sagte er, »du sagst, du würdest hier bald rauskommen, und das könnte auch bei mir der Fall sein. Komm mich bei Père Laurette in der Rue de la Huchette besuchen. Dort treffen wir uns fast jeden Abend mit den üblichen Freunden, es ist ein Ort, zu dem die Gendarmen es aufgegeben haben zu kommen, erstens, weil sie sonst immer alle Anwesenden einsperren müssten, was viel Arbeit wäre, und zweitens, weil es ein Ort ist, bei dem ein Gendarm, wenn er reinkommt, nie sicher sein kann, ob er auch wieder rauskommt.«
»Feines Lokal«, sagte Simonini lachend. »da komme ich hin. Aber sag mal, ich habe gehört, dass hier auch ein gewisser Joly sein soll, der böse Sachen über den Kaiser geschrieben hat.«
»Der ist ein Idealist«, antwortete Gaviali, »Worte töten nicht. Aber er soll ein anständiger Kerl sein. Ich stelle ihn dir vor.«
Joly trug noch saubere Kleider, und offensichtlich fand er auch eine Gelegenheit, sich zu rasieren. Gewöhnlich verkroch er sich in dem Saal mit dem Ofen einsam in eine Ecke und verließ ihn, sobald die Privilegierten mit ihren Essenskörben erschienen, um nicht am Glück anderer leiden zu müssen. Er war ungefähr in Simoninis Alter, hatte die entzündeten Augen eines Visionärs, wenn auch mit einem Schleier von Traurigkeit, und gab sich als Mann voller Widersprüche.
»Setzen Sie sich zu mir«, lud Simonini ihn ein, »und nehmen Sie etwas von diesem Korb, für mich allein ist das zuviel. Ich habe gleich gesehen, dass Sie nicht zu diesem Gesindel gehören.«
Joly bedankte sich schweigend mit einem Lächeln, nahm gern etwas Fleisch und ein Stück Brot, blieb aber bei allgemeinen Floskeln. Simonini fuhr fort: »Zum Glück hat mich meine Schwester nicht vergessen. Sie ist nicht reich, aber sie versorgt mich gut.«
»Sie Glücklicher«, sagte Joly, »ich habe niemanden…«
Damit war das Eis gebrochen. Sie sprachen über das garibaldinische Heldenepos, das die Franzosen mit großer Anteilnahme verfolgt hatten. Simonini deutete an, dass er Ärger mit der Regierung gehabt habe, nicht nur mit der französischen, sondern auch vorher schon mit der piemontesischen, und dass er nun auf einen Prozess wegen Konspiration gegen den Staat warte. Joly erwiderte, er sei nicht einmal wegen Konspiration im Gefängnis, sondern einfach bloß wegen seiner Freude am Klatsch.
»Sich für ein notwendiges Element in der Ordnung des Universums zu halten ist für uns Freunde der guten Literatur dasselbe wie der Aberglaube für die Illiteraten. Man ändert die Welt nicht mit Ideen. Leute mit wenig Ideen sind weniger anfällig für den Irrtum, sie machen, was alle tun, und stören niemanden, und sie reüssieren, werden reich, erlangen gute Positionen, als Abgeordnete, Ordensträger, angesehene Schriftsteller, Akademiker, Journalisten. Kann man dumm sein, wenn man sich so erfolgreich um seine eigenen Angelegenheiten kümmert? Der Dumme bin ich, der ich gegen Windmühlenflügel kämpfen wollte.«
Als Joly beim dritten Gang immer noch nicht zur Sache gekommen war, rückte Simonini ein Stück näher an ihn heran und fragte, welches gefährliche Buch er denn bitte geschrieben habe. Und da verbreitete sich Joly über seinen Dialog in der Hölle , und je länger er darüber sprach, desto mehr empörte er sich über die Schandtaten, die er darin angeprangert hatte, und kommentierte und analysierte sie noch ausführlicher als in seinem Buch.
»Verstehen Sie? Da schafft es einer, durch allgemeine Wahlen ein despotisches Regime zu errichten! Der Elende hat einen autoritären Staatsstreich vollbracht, indem er sich auf das blöde Volk berief! Er zeigt uns, wie die Demokratie der Zukunft aussehen wird.«
Stimmt, dachte
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