Die historischen Romane
die der Übeltäter bei den Juden größer als bei den Christen: »Wussten Sie, dass von zwölf Diebstahlsfällen, die vor das Gericht in Leipzig kamen, elf von Juden begangen worden waren?« rief er aus, um dann mit maliziösem Lächeln hinzuzufügen: »Aber schon auf dem Kalvarienberg kamen ja zwei Diebe auf nur einen Gerechten. Und generell gehören die von Juden begangenen Verbrechen zu den gemeinsten, wie Betrug, Fälschung, Wucher, vorgetäuschter Bankrott, Schmuggel, Geldfälschung, Erpressung, betrügerischer Handel, um nur soviel zu sagen.«
Nach fast einer Stunde über Details zum Wucher kam der pikanteste Teil, über Kindermord und Anthropophagie, und schließlich, wie um diesen finsteren Praktiken ein luzides, im hellen Tageslicht sichtbares Verhalten entgegenzusetzen, die öffentlichen Schiebereien der jüdischen Hochfinanz und die Schwäche der französischen Regierungen bei ihrer Bekämpfung und Bestrafung.
Die interessantesten, aber kaum verwendbaren Dinge kamen, als Gougenot sich, fast als wäre er selber ein Jude, über die intellektuelle Überlegenheit der Juden über die Christen erging, wobei er genau jene Aussagen von Disraeli anführte, die ich von Toussenel gehört hatte (woran man sieht, dass sozialistische Fourieristen und monarchistische Katholiken zumindest in ihren Ansichten über das Judentum übereinstimmen). Damit schien er dem gängigen Bild vom rachitischen und kränkelnden Juden zu widersprechen, und es stimmt ja: Da sich die Juden nie körperlich ertüchtigen und auch keine militärischen Künste pflegen (man denke dagegen nur an den Wert, den die Griechen auf physische Wettkämpfe legten), sind sie zwar gebrechlich und von schwacher Konstitution, aber gleichzeitig langlebiger und von einer unfassbaren Fruchtbarkeit – eine Folge auch ihres unbezähmbaren sexuellen Appetits – und immun gegen viele Krankheiten, die den Rest der Menschheit plagen, also gefährlicher in ihrem Drang, die Welt zu erobern.
»Erklären Sie mir«, sagte Gougenot, »warum die Juden fast immer von den Cholera-Epidemien verschont geblieben sind, auch wenn sie in den ungesündesten Vierteln der Städte wohnten. Von der großen Pest im Jahre 1346 waren laut Tschudi, einem Historiker jener Epoche, die Juden aus mysteriösen Gründen in keinem Lande betroffen, Frascator zufolge haben sich nur die Juden vor der Typhus-Epidemie von 1505 retten können, Degner zufolge waren die Juden die einzigen, die die Ruhr-Epidemie von 1736 in Nimwegen überlebt haben, und Wawruch zufolge kommt der Bandwurm bei den deutschen Juden nicht vor. Was sagen Sie dazu? Wie ist so etwas möglich, wo es sich doch um das schmutzigste Volk der Welt handelt und sie nur untereinander heiraten? Das verstößt doch gegen alle Gesetze der Natur! Liegt es vielleicht an ihren Ernährungsregeln, die für uns so undurchschaubar sind, oder an der Beschneidung? Welches Geheimnis lässt sie stärker sein als wir, auch wenn sie schwächer erscheinen? Ein so perfider und mächtiger Feind muss mit allen Mitteln vernichtet werden, sage ich Ihnen. Bedenken Sie, zur Zeit ihres Einzugs ins Gelobte Land waren sie nur sechshunderttausend Mann, und rechnet man für jeden erwachsenen Mann vier Personen, so kommt man auf eine Gesamtbevölkerung von rund zweieinhalb Millionen. Doch zur Zeit Salomons waren sie eine Million dreihunderttausend Kämpfer, also über fünf Millionen Seelen, das ist schon das Doppelte. Und heute? Es ist schwierig, ihre Zahl zu berechnen, verstreut über alle Kontinente, wie sie sind, aber die Vorsichtigsten sprechen von zehn Millionen. Sie vermehren sich, sie vermehren sich…«
Er schien ganz erschöpft von seiner Suada, so dass ich schon versucht war, ihm ein Glas von seinem Cognac anzubieten. Aber er erholte sich wieder, und als er beim Messianismus und bei der Kabbala angelangt war (und folglich bereit, auch noch seine Bücher über Magie und Satanismus zu referieren), war ich in eine Art selige Starre versunken, aus der es mir schließlich nur durch ein Wunder gelang, mich aufzurappeln, ihm zu danken und mich zu verabschieden.
Zuviel des Guten, sagte ich mir. Wenn ich das alles in ein Dokument für Leute wie Lagrange reinpacken würde, bestünde die Gefahr, dass die Geheimdienste mich in ein Verlies werfen, womöglich ins Château d’If, wie es sich für einen Verehrer von Dumas gehört. Vielleicht hatte ich das Buch von Gougenot des Mousseaux ein bisschen zu sehr auf die leichte Schulter genommen, denn
Weitere Kostenlose Bücher