Die historischen Romane
Monarchen und Regierungen in Alarm zu versetzen, Besitz des Goldes, um die Sozialisten, Anarchisten und Revolutionäre in Rage zu bringen, und Zerstörung der gesunden Prinzipien der christlichen Welt, um den Papst, die Bischöfe und die Pfarrer zu beunruhigen. Dazu ein Schuss von jenem bonapartistischen Zynismus, den Joly so schön bissig geschildert hatte, sowie von jener jesuitischen Heuchelei, die Joly und ich von Sue gelernt hatten.
Also ging ich wieder in die Bibliothek, aber diesmal in Paris, wo viel mehr zu finden war als in Turin, und fand weitere Bilder von jenem Friedhof in Prag. Es gab ihn schon seit dem Mittelalter, und da er die erlaubten Grenzen nicht überschreiten durfte, hatte man die Gräber im Lauf der Jahrhunderte übereinandergeschichtet, so dass dort vielleicht hunderttausend Tote begraben lagen und die Grabsteine sich dicht an dicht drängten, verdunkelt vom Laub der Holunderbäume, ohne durch irgendein Porträt eines Verstorbenen verschönert zu werden, denn die Juden scheuen Bilder. Vielleicht waren die Steinmetze fasziniert von dem Ort und hatten es übertrieben, als sie diesen Wald von Grabsteinen schufen, die sich wie Büsche auf einer Heide in alle Richtungen neigen, diesen Raum, der wie das aufgerissene Maul einer zahnlosen alten Hexe erschien. Doch angesichts einiger ausdrucksvollerer Stiche, die den Friedhof im Mondlicht zeigten, wurde mir sofort klar, welchen Nutzen ich aus dieser Hexensabbat-Atmosphäre ziehen könnte, wenn zwischen dem, was aussah wie Bodenplatten, die sich bei einer tellurischen Aufwölbung in alle Richtungen hoben, auf einmal gebeugt, in Mäntel und Kapuzen gehüllt, mit ihren grauweißen Ziegenbärten, Rabbiner zum Komplott erschienen, auch sie geneigt wie die Grabsteine, an die sie sich lehnten, um eine nächtlichen Runde von zusammengekrümmten Gespenstern zu bilden. Und im Zentrum das Grab von Rabbi Löw, der im sechzehnten Jahrhundert den Golem erschaffen hatte, jenes Ungeheuer, das die Rachegelüste aller Juden befriedigen sollte.
Besser als Dumas, besser als die Jesuiten.
Natürlich müsste das, was mein Dokument berichten sollte, als mündliche Aussage eines Zeugen jener schrecklichen Nacht erscheinen, eines Zeugen, der bei Strafe des Todes zur Wahrung des Incognitos verpflichtet ist. Er müsste vor Beginn der nächtlichen Zeremonie als Rabbiner verkleidet in den Friedhof eingedrungen sein, um sich nahe dem Steinhügel, der das Grab des Rabbi Löw gewesen war, zu verstecken. Punkt Mitternacht – als hätte die Glocke einer fernen christlichen Kirche blasphemischerweise die jüdische Zusammenkunft eingeläutet – würden dann zwölf in dunkle Mäntel gehüllte Gestalten erscheinen, und eine Stimme, wie aus der Tiefe eines Grabes aufsteigend, würde sie als die zwölf Rosche-Bathe-Abboth begrüßen, die Häupter der zwölf Stämme Israels, und jeder von ihnen würde antworten: »Sei gegrüßt, du Sohn des Verfluchten!«
Das wäre die Szene. Wie auf dem Donnersberg beginnt nun die Stimme dessen, der sie zusammengerufen hat: »Hundert Jahre sind seit unserer letzten Versammlung vergangen. Woher kommt ihr und wen repräsentiert ihr?« Und reihum antworten die zwölf Stimmen: Rabbi Juda aus Amsterdam, Rabbi Benjamin aus Toledo, Rabbi Levi aus Worms, Rabbi Manasse aus Buda-Pest, Rabbi Gad aus Krakau, Rabbi Simeon aus Rom, Rabbi Sebulon aus Lissabon, Rabbi Ruben aus Paris, Rabbi Dan aus Konstantinopel, Rabbi Asser aus London, Rabbi Isaschar aus Berlin, Rabbi Naphtali aus Prag. Dann lässt sich die erste Stimme, beziehungsweise der Dreizehnte in der Runde, von jedem der Zwölf die Reichtümer seiner Gemeinde mitteilen und zählt die Summen der Rothschilds und der anderen jüdischen Bankiers, die über die Welt triumphieren, zusammen. So kommt er auf 600 Francs pro Kopf für die 3,5 Millionen in Europa lebenden Juden, also insgesamt 2,1 Milliarden Francs. »Das reicht noch nicht«, kommentiert die dreizehnte Stimme, »um 265 Millionen Christen zu vernichten, aber es genügt für den Anfang.«
Ich musste noch überlegen, was die einzelnen Rabbiner sagen sollten, aber den Schluss hatte ich schon entworfen. Die dreizehnte Stimme beschwört den Geist des Rabbi Löw herauf, ein bläuliches Licht erhebt sich aus seinem Grabhügel, das immer heller und blendender wird, jeder der zwölf Versammelten wirft einen Stein auf den Hügel, und langsam erlischt das Licht. Die Zwölf verschwinden in verschiedene Richtungen, von der Finsternis aufgeschluckt (wie man in
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