Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
Vom Netzwerk:
beauftragt, einen Kanal durch den Isthmus von Panama zu bauen. Sechshundert Millionen Francs mussten aufgebracht werden, wozu Lesseps eine Aktiengesellschaft gründete. Die Arbeit begann 1881 unter tausend Schwierigkeiten, Lesseps benötigte mehr Geld und legte eine Subskription auf. Aber er benutzte einen Teil des eingenommenen Geldes, um Journalisten zu bestechen und die Schwierigkeiten zu verbergen, die nach und nach auftauchten, zum Beispiel die Tatsache, dass 1887 gerade erst die Hälfte der Kanalstrecke gebaut, aber schon 1,4 Milliarden Francs ausgegeben worden waren. Lesseps bat Gustave Eiffel um Hilfe, den Juden, der diesen schrecklichen Turm gebaut hat, dann sammelte er weiter Geld und verwendete es, um sowohl die Presse als auch diverse Minister zu bestechen. So musste die Compagnie de Panama vor vier Jahren Konkurs anmelden, und achthundertfünfzigtausend brave Franzosen, die an der Subskription teilgenommen hatten, verloren ihr ganzes Geld.«
    »Die Geschichte ist bekannt.«
    »Ja, aber jetzt kann ich beweisen, dass es jüdische Finanziers waren, die Lesseps unterstützt haben, darunter Baron Jacques de Reinach – ein Baron mit preußischem Namen! Die morgige Ausgabe von La Libre Parole wird Aufsehen erregen!«
    Sie erregte tatsächlich Aufsehen, indem sie Journalisten, Regierungsbeamte und ehemalige Minister in die Korruptionsaffäre verwickelte. Reinach beging Selbstmord, einige bedeutende Persönlichkeiten mussten ins Gefängnis, Lesseps kam wegen Verjährung davon, Eiffel konnte sich nur um Haaresbreite retten, Drumont triumphierte als Moralapostel, aber vor allem hatte er er seine antijüdische Kampagne mit konkreten Argumenten untermauert.
     
    Einige Bomben
    Noch bevor jedoch Simonini den Kontakt zu Drumont hergestellt hatte, scheint er von Hébuterne an den gewohnten Ort im hinteren Mittelschiff von Notre-Dame gebeten worden zu sein.
    »Capitaine Simonini«, sagte er, »vor Jahren habe ich Sie beauftragt, diesen Taxil zu einer Anti-Freimaurer-Kampagne zu drängen, die so offenkundig nach Zirkus riecht, dass sie sich gegen die vulgärsten Anti-Freimaurer kehrt. Der Mann, der mir in Ihrem Namen garantiert hatte, dass die Sache unter Kontrolle bleiben würde, war der Abbé Dalla Piccola, dem ich nicht wenig Geld anvertraut hatte. Aber jetzt scheint mir, dass dieser Taxil es übertreibt. Da Sie es waren, der mir den Abbé geschickt hatte, muss ich Sie jetzt dringend bitten, auf ihn und Taxil Druck auszuüben.«
    Hier gesteht Simonini, so etwas wie einen Blackout zu haben: Er meint zu wissen, dass der Abbé Dalla Piccola sich um Taxil kümmern sollte, aber er kann sich nicht erinnern, ihm irgendeinen Auftrag dazu gegeben zu haben. Er erinnert sich nur, Hébuterne gesagt zu haben, dass er sich der Sache annehmen werde. Sodann habe er ihm gesagt, dass er sich im Moment weiter mit den Juden beschäftige und im Begriff sei, mit der Gruppe um Drumont Kontakt aufzunehmen. Dabei habe er mit Überraschung entdeckt, wie positiv Hébuterne diese Gruppe sah. Hatte er nicht wiederholt gesagt, dass die Regierung sich nicht in antijüdische Kampagnen einmischen wolle?
    »Die Dinge ändern sich, Capitaine«, antwortete Hébuterne auf seine diesbezügliche Frage. »Sehen Sie, bis vor nicht sehr langer Zeit waren die Juden entweder arme Teufel, die in Ghettos lebten, wie es noch heute in Russland vorkommt oder auch in Rom, oder sie waren große Bankiers wie bei uns. Die armen Juden verliehen Geld zu Wucherzinsen oder praktizierten als Ärzte, aber wer Glück hatte und zu Vermögen kam, finanzierte den Hof und mästete sich an den Schulden der Könige, indem er ihnen ihre Kriege finanzierte. In diesem Sinne war er stets auf seiten der Macht und mischte sich nicht in die Politik ein. Und da er an den Finanzen interessiert war, befasste er sich auch nicht mit der Industrie. Dann geschah etwas, das auch wir erst mit Verspätung bemerkt haben. Nach der Revolution hatten die Staaten einen höheren Bedarf an Finanzmitteln, als ihn die jüdischen Bankiers befriedigen konnten, und so verlor der Jude allmählich seine Position als Monopolist auf dem Kreditmarkt. Unterdessen, und das haben auch wir erst jetzt bemerkt, hatte die Revolution allmählich, zumindest bei uns in Frankreich, zur Gleichstellung aller Bürger geführt. Und so waren die Juden, immer abgesehen von den Armen in den Ghettos, normale Bürger geworden, Bourgeoisie, und nicht nur die Großbourgeoisie der Kapitalisten, sondern auch die Mittel- und

Weitere Kostenlose Bücher