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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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kritisierte und bemerkte, dass Antisemitismus eher typisch für die sozialistische und revolutionäre Presse sei als für die Katholiken. Drumont antwortete ihm mit einem Testament d’un antisémite , in dem er Taxils Konversion anzweifelte und an den Schlamm erinnerte, mit dem er die heiligen Dinge beworfen hatte, nicht ohne beunruhigende Fragen über Taxils Nicht-Kriegszustand mit der jüdischen Welt aufzuwerfen.
    Wenn wir bedenken, dass im selben Jahr 1892 die Zeitung La Libre Parole gegründet wurde, ein politisches Kampfblatt, das fähig war, sowohl den Panamaskandal als auch die Serie Le Diable au XIXe siècle anzuprangern, die man schwerlich als eine seriöse Publikation betrachten konnte, so verstehen wir, warum in Drumonts Redaktion Sarkasmen über Taxil an der Tagesordnung waren und man seine zunehmenden Missgeschicke mit boshaftem Lächeln begleitete.
    Mehr als die Kritiken, bemerkte Drumont, schadete Taxil der unerwünschte Applaus. Zum Fall jener mysteriösen Diana meldeten sich Dutzende von recht zwielichtigen Abenteurern, die sich familiärer Beziehungen mit einer Frau rühmten, die sie wahrscheinlich nie gesehen hatten.
    Ein gewisser Domenico Margiotta veröffentlichte Souvenirs d’un trente-troisième: Adriano Lemmi, Chef Suprème des Franc-Maçons und schickte sie an Diana, nicht ohne ihr zu versichern, dass er sich mit ihrer Revolte solidarisch erkläre. In seinem Begleitschreiben präsentierte sich dieser Margiotta als Sekretär der Loge Savonarola in Florenz, Ehrwürdiger der Loge Giordano Bruno in Palmi, Souveräner Großinspektor-General, 33. Grad, des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus, Souveräner Prinz des Ritus von Memphis und Misraim (95. Grad), Inspektor der Loge Misraim in Kalabrien und Sizilien, Ehrenmitglied des Grand Orient National de Haïti, Aktives Mitglied des Obersten Bundesrates von Neapel, Generalinspektor aller Freimaurerlogen der drei Kalabrien, Großmeister ad vitam des Orientalischen Freimaurer-Ordens von Misram oder Ägypten in Paris (90. Grad), Kommandant des Ordens der Ritter-Verteidiger der Universalen Freimaurerei, Ehrenmitglied ad vitam des Obersten und Allgemeinen Rates der Italienischen Föderation in Palermo, Permanenter Inspektor und Souveräner Delegierter des Großen Zentraldirektoriums von Neapel und Mitglied des Reformierten Neuen Palladiums. Er hätte folglich ein hoher Würdenträger der Freimaurerei sein müssen, doch er erklärte, er habe die Freimaurerei vor kurzem verlassen. Drumont meinte, er sei zum katholischen Glauben übergetreten, weil die höchste und geheime Leitung der Sekte nicht ihm zugesprochen worden war, wie er erwartet hatte, sondern einem gewissen Adriano Lemmi.
    Und von diesem obskuren Adriano Lemmi berichtete nun Margiotta, er habe seine Karriere als Dieb begonnen, habe in Marseille einen Kreditbrief der neapolitanischen Firma Falconet & Co. gefälscht und der Gattin eines mit ihm befreundeten Arztes eine Perlentasche und 300 Goldfrancs gestohlen, während sie ihm in der Küche einen Tee machte. Nach einer Zeit im Gefängnis sei er nach Konstantinopel gefahren, um sich dort in den Dienst eines alten jüdischen Kräuterhändlers zu stellen, demgegenüber er sich bereit erklärt habe, dem Christentum abzusagen und sich beschneiden zu lassen. Von den Juden unterstützt, habe er dann seine Karriere bei den Freimaurern gemacht.
    Daran sehe man, schloss Margiotta, dass »die verfluchte Rasse Judas, von der alle Übel der Menschheit herkommen, all ihren Einfluss aufgeboten hatte, um einen der Ihren, und zwar den ruchlosesten von allen, zur höchsten und universalen Leitung des Freimaurer-Ordens aufsteigen zu lassen«.
    Der kirchlichen Welt kamen diese Anklagen sehr gelegen, und Margiottas 1895 erschienenes Buch Le Palladisme: Culte de Satan-Lucifer dans les triangles maçonniques begann mit Geleitworten der Bischöfe von Grenoble, Annecy, Montauban, Aix-en-Provence, Limoges, Mende, Tarentaise, Pamiers und Oran sowie des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem Ludovico Piavi.
    Das Dumme war nur, dass die Informationen Margiottas die halbe politische Welt Italiens miteinbezogen und insbesondere jenen Francesco Crispi, der einst Garibaldis Stellvertreter gewesen und jetzt italienischer Ministerpräsident war. Solange man phantasmagorische Berichte über Freimaurerriten publizierte und verkaufte, blieb man im Grunde unbehelligt, aber wenn man sich in die Beziehungen zwischen Freimaurerei und politischer Macht einmischte, riskierte man,

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