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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Jahrzehnten, aber erst im Juli 1897 war ein offizielles Projekt gebilligt worden und erst vor kurzem hatte man mit den Ausschachtungsarbeiten für die Linie von der Porte de Vincennes zur Porte Maillot begonnen. Ziemlich wenig bisher, aber schon hatte sich eine Compagnie du Métropolitain gegründet, und seit über einem Jahr führte La Libre Parole eine Kampagne gegen die vielen jüdischen Aktionäre, die sich dort engagierten. Daher schien es mir nützlich, das jüdische Komplott mit der Pariser Métro zu verbinden, und so schlug ich vor: »Bald werden in allen Städten Untergrundbahnen gebaut sein; von denen aus werden wir alle Städte der Welt in die Luft jagen, samt ihren Einrichtungen und Dokumenten.«
    »Aber wenn die Versammlung in Prag vor langer Zeit stattgefunden hat«, fragte Golowinski, »woher wussten die Rabbiner dann von den Untergrundbahnen?«
    »Zunächst mal, wenn Sie die letzte Version der Rede des Rabbiners nachlesen, die vor zehn Jahren im Contemporain erschienen ist, werden Sie sehen, dass die Versammlung auf dem Prager Friedhof 1880 stattgefunden hat, und wenn ich mich nicht täusche, gab es da schon eine Untergrundbahn in London. Und außerdem kann es nicht schaden, wenn der Plan einen leicht prophetischen Ton hat.«
    Golowinski fand großes Gefallen an dieser Passage, die ihm »verheißungsvoll« schien, wie er sich ausdrückte. Dann gab er zu bedenken: »Meinen Sie nicht, dass viele der hier ausgedrückten Ideen im Widerspruch zueinander stehen? So will man zum Beispiel einerseits den Luxus und die überflüssigen Freuden verbieten und Trunkenheit mit Strafe belegen, und andererseits will man Sport und Spiele verbreiten und die Arbeiter zum Trinken animieren…«
    »Die Juden sagen immer das eine und zugleich auch das Gegenteil, sie sind geborene Lügner. Aber wenn Sie ein Dokument mit vielen Seiten produzieren, werden die Leute das nicht in einem Zug lesen. Man muss darauf achten, immer nur eine Empörung auf einmal auszulösen, und zwar so, dass wenn jemand sich über etwas entrüstet, was er heute gelesen hat, er sich nicht mehr an das erinnert, was ihn gestern empört hatte. Und im übrigen, wenn Sie genau lesen, werden Sie sehen, dass die Rabbiner jetzt Luxus, Spiele und Alkohol benutzen wollen, um die Massen zu verdummen, aber wenn sie erst einmal an der Macht sind, wollen sie alle zur Sittenstrenge zwingen.«
    »Stimmt, entschuldigen Sie.«
    »Na ja, ich habe halt über diese Dokumente seit Jahrzehnten nachgedacht, schon seit ich ein Junge war, und kenne alle ihre Nuancen«, schloss ich mit berechtigtem Stolz.
    »Sie haben recht. Aber ich würde gerne mit einer richtig starken Aussage enden, mit etwas, das einem im Gedächtnis bleibt, das die Bösartigkeit der Juden symbolisiert. Zum Beispiel: ›Wir haben einen grenzenlosen Ehrgeiz, eine verzehrende Habgier, einen erbarmungslosen Rachedurst und einen glühenden Hass.‹«
     
     
     
    »Nicht schlecht für einen roman feuilleton . Aber meinen Sie wirklich, dass die Juden, die ja nicht dumm sind, so etwas sagen würden? Damit würden sie sich doch selbst als ruchlos bezichtigen?«
    »Darüber würde ich mir keine Sorgen machen. Die Rabbiner sprechen auf ihrem Prager Friedhof, wo sie sicher sind, nicht von Fremden gehört zu werden. Sie sprechen offen und haben keine Scham. Aber uns kommt es darauf an, dass sich die Massen empören.«
    Golowinski war ein guter Mitarbeiter. Er nahm meine Dokumente als authentisch oder tat jedenfalls so, aber er zögerte nicht, sie zu verändern, wo es ihm passend erschien. Ratschkowski hatte den richtigen Mann gewählt.
    »Ich denke«, schloss er, »ich habe jetzt genug Material, um dasjenige zusammenzustellen, was wir die Protokolle der Versammlung der Rabbiner auf dem Friedhof in Prag nennen werden.«
    Der Prager Friedhof war im Begriff, mir aus den Händen zu gleiten, aber ich habe wohl meinen Beitrag zu seinem Triumph geleistet. Mit einem Seufzer der Erleichterung lud ich Golowinski zum Abendessen ins Paillard ein, an der Ecke der Chaussée d’Antin und des Boulevard des Italiens. Teuer, aber exquisit. Golowinski zeigte sich angetan von dem poulet archiduc und dem canard à la presse . Aber vielleicht hätte sich einer, der aus den russischen Steppen kam, mit gleichem Appetit auch das choucroute reingeschaufelt. Ich hätte sparen und die argwöhnischen Blicke vermeiden können, mit denen die Kellner einen so geräuschvoll kauenden Gast betrachteten.
    Doch es schmeckte ihm, und seine Augen –

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