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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Zeit wieder öffnete, war das Nachtlicht bedeutend schwächer geworden, vielleicht weil eine Wolke sich vor den Mond geschoben hatte. Ich tastete mit der Hand zur Seite und fasste ins Leere. Ich drehte den Kopf: Das Mädchen war weg.
    Die Abwesenheit des Körpers, der mein Verlangen so heiß entzündet und meine Gier so herrlich gestillt hatte, machte mir jäh die Eitelkeit dieses Verlangens und die Ruchlosigkeit dieser Gier bewusst. Omne animal triste post coitum . Mir wurde klar, dass ich gesündigt hatte. Noch heute indes, Jahrzehnte und Aberjahrzehnte später, und während ich meinen Fehltritt immer noch heftig beklage, kann ich nicht vergessen, dass ich damals in jener Nacht unsägliche Freude empfand, und ich täte Unrecht dem Allerhöchsten, der alle Dinge so gut und schön geschaffen hat, wenn ich nicht zugäbe, dass auch in jener Begegnung zweier sündiger Menschen etwas geschah, das an sich, naturaliter , gut und schön war. Doch vielleicht ist es auch nur mein Alter, das mir verwerflicherweise alles als gut und schön erscheinen lässt, was mit meiner Jugend zu tun hat, während ich doch mein ganzes Denken dem nahen Tod zuwenden sollte. Damals freilich, als ich jung war, dachte ich nicht an den Tod, sondern weinte, weinte bitterlich über meine Sünde.
    Ich erhob mich zitternd, auch weil ich so lange auf dem kalten Steinboden gelegen hatte, und mein Körper war steif. Wie ein Fiebernder schlüpfte ich in meine Kleider. Dabei entdeckte ich in einer Ecke das Bündel, das entschwundene Schöne zurückgelassen hatte. Ich kniete nieder, um es zu untersuchen. Es war eine Art Säckchen aus zusammengeknotetem Tuch, das aus der Küche zu stammen schien. Ich knüpfte es auf und erkannte nicht gleich, was es enthielt, teils wegen des schwachen Lichtes, teils wegen der Unförmigkeit seines Inhalts. Dann aber begriff ich: Zwischen Klumpen geronnenen Blutes und Fetzen von weichem weißlichem Fleisch lag vor meinen Augen, tot, aber noch zuckend vom gallertartigen Leben der toten Innereien, durchzogen von bläulichen Adern, ein riesiges Herz.
    Dunkle Schleier sanken mir über die Augen, bitterer Speichel schoss mir in den Mund. Ich stieß einen Schrei aus und fiel wie ein Toter zu Boden.

 
     
    Dritter Tag
NACHT
    Worin Adson voller Zerknirschung vor William beichtet und über die Funktion des Weibes im Schöpfungsplan nachdenkt, dann aber die Leiche eines Mannes entdeckt.
     
    I ch erwachte aus meiner Ohnmacht, als mir jemand mit einem nassen Lappen übers Gesicht fuhr. Es war William. Er hielt eine Lampe in der Hand und hatte mir etwas unter den Kopf geschoben.
    »Was ist los, Adson?« fragte er. »Wieso schleichst du dich nachts in die Küche und stiehlst Innereien?«
    Um es kurz zu sagen: Er war aufgewacht, hatte aus irgendeinem Grunde nach mir gesucht und, als er mich nicht finden konnte, gleich richtig vermutet, dass ich zu einem Alleingang in die Bibliothek aufgebrochen war. Als er das Aedificium durch die Küche betrat, hatte er eine Gestalt durch die Tür in den Garten entfliehen sehen (es war das Mädchen, vielleicht hatte sie ihn kommen gehört), war rasch hinterhergelaufen, doch sie hatte sich zur Umfassungsmauer geflüchtet und war plötzlich verschwunden. Nach kurzer Erkundung der Örtlichkeiten war er in die Küche zurückgekehrt und hatte mich bewusstlos gefunden.
    Ich deutete, immer noch zitternd vor Schreck, auf das Bündel mit dem riesigen Herzen und stammelte etwas von einem neuen Mord. Da lachte er schallend und sagte: »Aber Adson! Welcher Mensch sollte denn wohl ein so großes Herz haben? Das ist ein Rinderherz! Hast du nicht gesehen, dass heute Morgen ein Ochse geschlachtet wurde? Sag lieber, wie kommt das in deine Hände?«
    An diesem Punkt war es mit meiner Fassung vorbei. Zermalmt von Gewissensbissen und geschüttelt von sinnloser Angst, brach ich in hemmungsloses, heftiges Schluchzen aus und bat meinen Meister, er möge mir das Sakrament der Beichte gewähren. Er willigte ein, und ich erzählte ihm alles, ohne irgendetwas zu verhehlen.
    Bruder William hörte mir aufmerksam zu, mit großem Ernst, aber nicht ohne einen Anflug von Nachsicht. Als ich fertig war, machte er ein strenges Gesicht und sprach: »Adson, du hast gesündigt, gegen das Keuschheitsgebot wie gegen deine Novizenpflichten, daran besteht kein Zweifel. Zu deiner Entlastung spricht, dass du dich in einer Situation befandest, in der selbst ein Säulenheiliger in der Wüste gesündigt hätte. Und vom Weib als Stachel und Keim der

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