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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Schrein, eine Truhe, eine Lade. Sagen wir: accipe istam veram arcam , nimm diese echte Lade entgegen ...«
    »Das ist nicht schlecht«, sagte Rabbi Solomon. »Es ent- und verhüllt zugleich. Es öffnet den Weg zum Strudel der Interpretation.«
    So fuhren sie fort zu schreiben:
     
    Wenn Du in Unser Herrschaftsgebiet kommen willst, machen Wir Dich zum Größten und Würdigsten Unseres Hofes, und Du kannst Dich an Unseren Schätzen erfreuen. Mit diesen, die Wir im Überfluss haben, wirst Du sodann überschüttet werden, wenn Du in Dein Reich zurückkehren willst. Gedenke der Letzten Ziele und sündige hinfort nicht mehr.
     
    Nach dieser frommen Ermahnung ging der Priester dazu über, seine Macht zu beschreiben.
    »Keine Demut«, empfahl Abdul, »der Priester steht so hoch über allem, dass er sich Hochmut erlauben kann.«
    Sehr richtig. Baudolino entledigte sich aller Hemmungen und diktierte. Jener Herr der Herrschenden, dominus dominantium , überragte alle Könige auf Erden an Macht, und seine Reichtümer waren grenzenlos, zweiundsiebzig Könige zahlten ihm Tribut, zweiundsiebzig Provinzen gehorchten ihm, auch wenn sie nicht alle christlich waren – womit Solomon zufriedengestellt war, denn so gehörten auch die verstreuten Stämme Israels zu seinen Untertanen. Seine Herrschaft erstreckte sich über die drei Indien, sein Gebiet reichte von den fernsten Wüsten im Osten bis zum Turm von Babel. Jeden Monat bedienten an seiner Tafel sieben Könige, zweiundsiebzig Herzöge und dreihundertfünfundsechzig Grafen, und jeden Tag speisten an seiner Tafel zwölf Erzbischöfe, zwanzig Bischöfe, der Patriarch des Heiligen Thomas, der Metropolit von Samarkand und der Erzpriester von Susa.
    »Ist das nicht zu viel?« fragte Solomon.
    »Nein, nein«, sagte der Poet, »es geht darum, sowohl den Papst in Rom wie den Kaiser von Byzanz vor Neid zerplatzen zu lassen. Setz noch hinzu, dass der Priester Johannes gelobt hat, mit einem mächtigen Heer das Heilige Grab zu besuchen, um die Feinde Christi niederzuwerfen. Dies nur zur Bestätigung dessen, was Otto gesagt hatte, und um dem Papst das Maul zu stopfen, falls er etwa einwenden sollte, dass es ihm nicht gelungen sei, den Tigris zu überschreiten. Johannes wird es erneut probieren, darum lohnt es sich, ihn aufzusuchen und ein Bündnis mit ihm zu schließen.«
    »Gebt mir jetzt ein paar Ideen, um das Reich zu bevölkern«, sagte Baudolino. »Es müssen dort jede Menge exotische Tiere leben, Elefanten, Kamele, Dromedare, Flusspferde, Krokodile, Panther, Wildesel, weiße und rote Löwen, stumme Zikaden, Greife, Tiger, Lamien, Hyänen, lauter solche, die man bei uns nie sieht und deren Leiber kostbare Trophäen für die sind, die sich entschließen, dort auf die Jagd zu gehen. Und dann nie gesehene Menschen, von denen jedoch in den Büchern über die Natur der Dinge und des Kosmos die Rede ist ...«
    »Wilde Pfeilschützen, Menschen mit Hörnern, Faune, Satyrn, Pygmäen, Kynozephalen, Giganten, die vierzig Ellen groß sind, Zyklopen, die nur ein Auge haben«, schlug Kyot vor.
    »Gut, gut, schreib, Abdul, schreib!« sagte Baudolino.
    Im übrigen brauchten sie nur aufzugreifen, was in den Jahren zuvor gedacht und gesagt worden war, und es ein bisschen zu verschönern. Das Land des Priesters Johannes quoll über von Milch und Honig (Rabbi Solomon war entzückt, Nachklänge der Torah zu finden), es gab darin weder Schlangen noch Skorpione, es wurde durchzogen vom Fluß Ydonus, der direkt aus dem Irdischen Paradies kommt, und in ihm fanden sich ... Sand und Steine, schlug Kyot vor. Nein, antwortete Rabbi Solomon, das ist der Sambatyon. Ach ja, der Sambatyon, müssen wir den nicht auch mit reinnehmen? Doch, aber später, der Ydonus kommt aus dem Irdischen Paradies, und daher enthält er ... Smaragde, Topase, Karfunkel, Saphire, Chrysolithe, Onyxe, Berylle, Amethyste, zählte Kyot auf, der erst vor kurzem dazugekommen war und nicht verstand, warum seine Freunde hier unmissverständliche Zeichen des Überdrusses von sich gaben (wenn ihr mir noch einmal mit einem Topas kommt, schluck ich ihn runter und kacke ihn aus dem Fenster raus! schrie Baudolino), denn inzwischen, nach all den Inseln der Seligen und Paradiesen, die sie im Laufe ihrer Recherche gesehen hatten, konnten sie keine Edelsteine mehr ausstehen.
    So schlug Abdul vor, in Anbetracht, dass ja das Reich im Orient lag, seltene Spezereien zu nennen, und sie optierten für Pfeffer. Von dem Boron behauptete, er wachse auf Bäumen, die

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