Die historischen Romane
Symbol priesterköniglicher Macht fasziniert war.
Doch während sie über dies alles diskutierten, bekam Friedrich neue Sorgen. Er musste sich nunmehr damit abfinden, eine Verständigung mit Papst Alexander III. zu suchen. Da ohnehin der Rest der Welt die kaiserhörigen Gegenpäpste nicht ernst nahm, könnte er sich bereit erklären, Alexander zu huldigen und ihn als den einzigen wahren römischen Pontifex anzuerkennen – und das wäre viel –, aber im Gegenzug müsste der Papst sich entscheiden, den lombardischen Kommunen jegliche Unterstützung zu entziehen – und das wäre sehr viel. Lohnte es sich da, fragten sich an diesem Punkt sowohl Friedrich wie Christian, während sehr behutsam neue Fäden gesponnen wurden, den Papst mit einem erneuten Aufruf zur Einheit von Sacerdotium und Imperium zu provozieren? Baudolino ballte heimlich die Fäuste wegen dieser Verzögerungen, doch er konnte nicht protestieren.
Mehr noch, im April 1177 zog ihn Friedrich von seinen Projekten ab, indem er ihn mit äußerst delikaten Aufträgen nach Venedig schickte. Es ging darum, mit Umsicht und Fingerspitzengefühl die Einzelheiten der Begegnung zu organisieren, die im Juli zwischen Papst und Kaiser stattfinden sollte. Die Versöhnungszeremonie musste in allen Details bedacht werden, und kein Zwischenfall durfte sie stören.
»Besonders Christian war sehr in Sorge, dass euer Basileus irgendeinen Tumult provozieren könnte, um die Begegnung platzen zu lassen. Du wirst wissen, dass Manuel Komnenos seit geraumer Zeit um ein gutes Verhältnis zum Papst bemüht war, und da würde eine Versöhnung zwischen Alexander und Friedrich seine Pläne sicherlich stören.«
»Er gab sie für immer auf. Zehn Jahre lang hatte Manuel dem Papst die Wiedervereinigung der beiden Kirchen vorgeschlagen: Er würde die religiöse Vorrangstellung des Papstes anerkennen, und der Papst würde den Basileus von Byzanz als den einzigen wahren römischen Kaiser sowohl des Ost- wie des Westreiches anerkennen. Doch mit einem solchen Abkommen gewann Alexander nicht viel Macht in Konstantinopel, und in Italien schaffte er sich nicht den Kaiser vom Hals, und vielleicht würde er sogar die anderen Herrscher Europas alarmieren. Daher entschied er sich dann für das Bündnis, das ihm mehr Vorteile brachte.«
»Aber dein Basileus hatte Spitzel nach Venedig geschickt. Sie gaben sich für Mönche aus ...«
»Wahrscheinlich waren sie welche. In unserem Reich arbeiten die Männer der Kirche für ihren Kaiser und nicht gegen ihn. Aber soviel ich weiß – und bedenke, dass ich zu jener Zeit noch nicht am Hofe war –, hatten sie nicht den Auftrag, irgendeinen Tumult anzuzetteln. Manuel hatte sich ins Unvermeidliche geschickt. Er wollte wahrscheinlich bloß informiert sein über das, was geschehen würde.«
»Kyrios Niketas, du weißt sicher, wenn du Logothet der Sekreta warst, dass es für Spione zweier gegnerischer Parteien, die sich auf demselben Intrigenfeld treffen, die natürlichste Sache der Welt ist, herzliche Freundschaftsbeziehungen zu unterhalten und einander ihre Geheimnisse anzuvertrauen. So brauchen sie keine Risiken einzugehen, um sie sich gegenseitig zu entreißen, und erscheinen höchst effizient in den Augen ihrer Auftraggeber. Genauso lief die Sache damals zwischen uns und jenen Mönchen ab: Wir sagten einander sofort, weshalb wir da waren, wir, um sie auszuspionieren, und sie, um uns auszuspionieren, und verbrachten danach gemeinsam sehr schöne Tage.«
»Ein erfahrener Regierungsmann sieht so etwas voraus, aber was soll er denn machen? Wenn er die fremden Spione direkt befragen würde, die er ja übrigens nicht kennt, würden sie ihm nichts sagen. Also schickt er seine Spione mit irgendwelchen entbehrlichen Geheimnissen hin, und so erfährt er, was er wissen will, und was gewöhnlich alle außer ihm bereits wissen«, sagte Niketas.
»Unter diesen Mönchen war ein gewisser Zosimos aus Chalkedon. Er hatte ein unglaublich hageres Gesicht mit stechenden, wie Karfunkel glühenden Augen, die er immerfort rollte, einen langen schwarzen Bart und sehr langes Haar. Wenn er sprach, schien es immer, als redete er mit einem Gekreuzigten, der zwei Handbreit vor ihm verblutete.«
»Ich kenne den Typus, unsere Klöster sind voll davon. Sie sterben sehr jung, an Auszehrung ...«
»Der nicht. Ich habe im ganzen Leben noch nie einen solchen Schlemmer gesehen. Eines Abends nahm ich ihn auch mit ins Haus zweier venezianischer Kurtisanen, die, wie du vielleicht
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