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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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angekommen. Es war wirklich eine unglückselige Unternehmung, für alle Beteiligten. Aber diese Dinge habe ich erst dieses Jahr erfahren, als ich nach Konstantinopel zurückgekommen bin. Damals in Kilikien war es mir gelungen, Friedrich von Schwaben zu überzeugen, dass wir, um das Gelübde seines Vaters zu erfüllen, nach Indien aufbrechen mussten. Er schien erleichtert über meinen Vorschlag. Er wollte bloß wissen, wie viele Pferde und wie viel Proviant wir brauchten. Geh mit Gott, Baudolino, sagte er, ich glaube nicht, dass wir uns wiedersehen werden. Vielleicht dachte er, ich würde mich in fernen Ländern verlieren, dabei war er es, der sich verlieren sollte, der Unglückliche. Er war nicht schlecht, wenn auch zerfressen von Neid und Groll.«
     
    Während also jeder jedem misstraute, mussten unsere Freunde entscheiden, wer an der Reise teilnehmen sollte. Der Poet hatte zu bedenken gegeben, dass sie zwölf sein müssten. Denn wenn sie während der Reise zum Land des Priesters Johannes respektvoll behandelt werden wollten, sei es ratsam, die Leute glauben zu lassen, sie seien die zwölf Magierkönige auf dem Rückweg aus Bethlehem. Da jedoch nicht gesichert sei, ob die Magier wirklich zwölf waren oder doch nur drei, dürfe keiner von ihnen jemals sagen, dass sie die Magier seien; im Gegenteil, wenn jemand sie fragte, müssten sie es verneinen, aber so, dass es klinge, als hätten sie ein großes Geheimnis zu wahren. Gerade wenn und weil sie es gegenüber allen verneinten, würde es jeder glauben, der es glauben wollte. Der Glaube der anderen würde aus ihrer Zurückhaltung eine Bejahung machen.
    Nun waren da Baudolino, der Poet, Boron, Kyot, Abdul, Solomon und Boidi. Zosimos war unverzichtbar, da er fortfuhr zu schwören, er habe die Karte des Kosmas Indikopleustes im Kopf, auch wenn es allen nicht wenig gegen den Strich ging, dass dieser Widerling einen der Magier darstellen sollte, aber man durfte nicht zimperlich sein. Es fehlten also noch vier Personen. Baudolino traute inzwischen nur noch den Alexandrinern, und so weihte er vier von ihnen in das Vorhaben ein: den Cuttica aus Quargnento, seinen Schwager Colandrino Guasco, den Porcello und den Aleramo Scaccabarozzi, genannt il Ciula, der trotz seines Spitznamens (»der Dödel«) ein solider und zuverlässiger Mann war, der nicht viele Fragen stellte. Sie erklärten sich einverstanden, da auch ihnen inzwischen schien, dass es mit Jerusalem ohnehin nichts mehr werden würde. Der junge Friedrich gab ihnen zwölf Pferde und sieben Maultiere mit Verpflegung für eine Woche. Danach, sagte er, werde sich die Göttliche Vorsehung um sie kümmern.
    Während sie mit den Reisevorbereitungen beschäftigt waren, trat Ardzrouni zu ihnen und sprach sie mit der gleichen unterwürfigen Höflichkeit an, die er bisher dem Kaiser vorbehalten hatte.
    »Teuerste Freunde«, sagte er, »ich weiß, dass ihr in ein fernes Reich aufbrecht ...«
    »Woher weißt du das, Herr Ardzrouni?« fragte misstrauisch der Poet.
    »Man hört so dies und das. Ich habe auch von einer Schale gehört ...«
    »Die du nie gesehen hast, nicht wahr?« sagte Baudolino und trat so nah vor ihn hin, dass der andere zurückweichen musste.
    »Nie gesehen. Aber gehört habe ich von ihr.«
    »Wenn du so viele Dinge weißt«, sagte nun der Poet, »weißt du vielleicht auch, ob jemand in dieses Zimmer eingedrungen ist, während der Kaiser unten im Fluss ertrank?«
    »Ist er wirklich im Fluss ertrunken?« fragte Ardzrouni. »Das ist das, was sein Sohn im Moment noch glaubt.«
    »Freunde«, sagte der Poet, »dieser Kerl will uns offensichtlich drohen. Bei dem allgemeinen Durcheinander, das zur Zeit hier zwischen Burg und Lager herrscht, ist es ein leichtes, ihm einen Dolch in den Rücken zu stoßen und ihn irgendwo liegen zu lassen. Aber vorher möchte ich noch gerne wissen, was er von uns will. Die Kehle durchschneiden kann ich ihm dann immer noch.«
    »Mein Herr und mein Freund«, sagte Ardzrouni, »ich will nicht euer Verderben, ich will das meine vermeiden. Der Kaiser ist auf meinem Grund und Boden gestorben, während er mein Brot aß und meinen Wein trank. Von Seiten der Kaiserlichen habe ich keine Gunst und keinen Schutz mehr zu erwarten. Ich muss schon dankbar sein, wenn sie mich ungeschoren lassen. Hier jedoch bin ich in Gefahr. Seit ich Friedrich als Gast bei mir empfangen habe, hat Fürst Leo begriffen, dass ich den Kaiser gegen ihn auf meine Seite ziehen wollte. Solange Friedrich lebte, hätte mir Leo

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