Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
Vom Netzwerk:
nichts tun können – und daran seht ihr, dass der Tod dieses Mannes für mich ein schreckliches Unglück ist. Jetzt wird Leo sagen, durch meine Schuld habe er, der Fürst der Armenier, das Leben des vornehmsten seiner Verbündeten nicht garantieren können. Eine treffliche Gelegenheit, mich dem Tod zu überantworten. Mir bleibt kein Ausweg mehr. Ich muss für lange Zeit verschwinden und dann mit etwas zurückkehren, was mir wieder Prestige und Autorität verschafft. Ihr seid im Begriff, euch auf die Suche nach dem Land des Priesters Johannes zu machen, und wenn ihr es findet, wird eure Expedition ein glorreiches Unternehmen sein. Ich möchte mitkommen. Dadurch beweise ich euch überdies, dass ich die Schale nicht habe, von der ihr sprecht, denn hätte ich sie, würde ich hierbleiben und sie benutzen, um mit irgendwem einen Handel zu schließen. Ich bin ein guter Kenner der Länder des Ostens, ich könnte euch nützlich sein. Ich weiß, dass der junge Herzog euch kein Geld gegeben hat – ich würde das bisschen Gold mitnehmen, über das ich verfüge. Und schließlich, Baudolino weiß es, besitze ich sieben kostbare Reliquien, sieben Häupter von Johannes dem Täufer, die wir unterwegs verkaufen könnten, eines hier, eines da.«
    »Und wenn wir ablehnen«, sagte Baudolino, »dann gehst du zu Friedrich von Schwaben und bläst ihm ein, dass wir für den Tod seines Vaters verantwortlich sind.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Hör zu, Ardzrouni, du bist nicht der Mensch, den ich freiwillig irgendwohin mitnehmen würde, aber in diesem verdammten Abenteuer riskiert inzwischen jeder von uns, der Feind des anderen zu werden. Auf einen Feind mehr kommt es da also nicht mehr an.«
    »Aber genaugenommen wäre dieser Mensch bei uns überzählig«, sagte der Poet. »Wir sind schon zwölf, und ein dreizehnter bringt Unglück.«
    Während die anderen über Ardzrounis Mitnahme diskutierten, dachte Baudolino über die sieben Täuferköpfe nach. Er war nicht so sicher, dass diese Köpfe wirklich ernst genommen werden könnten, aber wenn ja, stellten sie zweifellos ein Vermögen dar. Er ging noch einmal in die kleine Kammer hinunter, wo er sie entdeckt hatte, und nahm einen der Köpfe zur Hand, um ihn genauer zu betrachten. Sie waren gut gemacht, das Antlitz des Heiligen mit seinen großen, weit aufgerissenen Augen ohne Pupillen war eindrucksvoll und regte zu heiligen Gedanken an. Sicher, wenn man sie alle in Reihe nebeneinander sah, feierten sie ihre eigene Falschheit, aber jeder für sich betrachtet konnte schon überzeugen. Baudolino stellte den Kopf wieder auf die Anrichte und kehrte zu den anderen zurück.
    Drei von ihnen waren inzwischen einverstanden, Ardzrouni mitzunehmen, die anderen zögerten noch. Boron fand, Ardzrouni habe immer noch das Aussehen eines Mannes von Rang, und Zosimos könne, auch aus Gründen der Achtung vor jenen zwölf ehrwürdigen Personen, als Reitknecht durchgehen. Der Poet wandte dagegen ein, die Magierkönige hätten entweder jeder zehn Knechte, oder sie reisten sehr geheimnisvoll allein. Ein einzelner Reitknecht würde daher einen schlechten Eindruck machen. Was die Köpfe angehe, so könnten sie die auch ohne Ardzrouni mitnehmen. An dieser Stelle brach Ardzrouni in Tränen aus und jammerte, sie wollten anscheinend wirklich seinen Tod. Kurz und gut, die Entscheidung wurde auf den nächsten Tag verschoben.
    Genau an diesem nächsten Tag, als die Sonne bereits hoch am Himmel stand und sie mit den Vorbereitungen fast fertig waren, merkte auf einmal jemand, dass schon den ganzen Morgen lang nichts von Zosimos zu sehen gewesen war. In der Hektik der beiden letzten Tage hatte ihn niemand mehr richtig bewacht, er hatte mitgeholfen, die Pferde zu zäumen und die Maultiere zu beladen, und war nicht mehr angekettet worden. Kyot entdeckte, dass eines der Maultiere fehlte, und Baudolino kam es wie eine Erleuchtung. »Die Köpfe«, rief er, »die Köpfe! Zosimos war der einzige außer mir und Ardzrouni, der wusste, wo sie sind!« Er lief mit allen im Schlepptau zu der kleinen Kammer hinunter und mußte feststellen, dass nur noch sechs Köpfe da waren.
    Ardzrouni schaute unter der Anrichte nach, ob vielleicht einer der Köpfe heruntergefallen war, und fand dreierlei: einen kleinen geschwärzten menschlichen Schädel, ein Siegel mit einem Zeta und getrocknete Siegellackreste. Damit war die Sache leider nur allzu klar: Zosimos hatte sich im allgemeinen Durcheinander des Vormittags den Gradal aus dem Schrein

Weitere Kostenlose Bücher