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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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die Völker, denen wir auf unserer Reise begegnet waren. Ihm war es beschieden zu sterben, ohne je etwas anderes gesehen zu haben als die Felsenhöhlen von Pndapetzim, und ich versuchte, ihn durch meine Erzählungen am Leben teilhaben zu lassen. Und vielleicht habe ich auch manches erfunden, ich erzählte ihm von Städten, die ich nie besucht, von Schlachten, die ich nie geschlagen, von Prinzessinnen, die ich nie besessen hatte. Ich schilderte ihm die Wunder der Länder der sinkenden Sonne. Ich ließ ihn herrliche Sonnenuntergänge über der Propontis genießen, smaragdene Reflexe auf dem Wasser der Lagune von Venedig, ein Tal in Hibernia, wo sieben weiße Kirchen sich am Ufer eines stillen Sees aufreihen, zwischen Herden ebenso weißer Schafe, ich schilderte ihm, wie die Gipfel der Alpen stets mit einer weichen weißen Masse bedeckt sind, die sich im Sommer in majestätische Katarakte auflöst und in Flüsse und Bäche ergießt an sanften Hängen unter üppigen Kastanien, ich erzählte ihm von den Salzwüsten, die sich an den Küsten Apuliens erstrecken, ich ließ ihn erzittern, indem ich vor seinen Augen Meere heraufbeschwor, die ich nie befahren hatte, aus denen Fische springen, groß wie Kälber, aber so zahm, dass die Menschen auf ihnen reiten können, ich berichtete ihm von den Reisen des heiligen Brendan zu den Inseln der Seligkeit und wie der Heilige eines Tages im Glauben, er sei auf einer Insel im Meer gelandet, auf den Rücken eines Wals trat, der ein Fisch von der Größe eines Berges ist und ein ganzes Schiff verschlingen kann, aber ich musste ihm auch erklären, was ein Schiff ist, nämlich ein Fisch aus Holz, der durchs Wasser pflügt, indem er weiße Flügel bewegt, ich zählte ihm die wunderbaren Wildtiere meiner Heimat auf, den Hirsch, der zwei große Hörner in Kreuzesform hat, den Storch, der von Land zu Land fliegt und sich liebevoll um seine greisen Eltern kümmert, indem er sie auf seinem Rücken über den Himmel trägt, den Marienkäfer, der einem kleinen Pilz ähnelt, rot mit milchweißen Punkten, die Eidechse, die wie ein Krokodil aussieht, aber so klein ist, dass sie unter den Türen hindurchschlüpfen kann, den Kuckuck, der seine Eier in die Nester der anderen Vögel legt, die Eule, die große runde Augen hat, die in der Nacht wie zwei Lichter leuchten, und die davon lebt, dass sie das Öl aus den Ewigen Lampen der Kirchen trinkt, den Igel, ein Tier mit dem Rücken voller Stachel, das die Milch der Kühe trinkt, die Auster, eine lebende Schatulle, die manchmal eine tote, aber unschätzbar wertvolle Schönheit hervorbringt, die Nachtigall, die singend die Nacht durchwacht und die Rose anbetet, die Languste, ein gepanzertes Monster in flammendem Rot, das rückwärts flieht, um sich vor den auf sein Fleisch begierigen Jägern zu retten, den Aal, eine furchterregende Wasserschlange, die jedoch sehr fett ist und köstlich schmeckt, die Möwe, die über den Wassern schwebt, als wäre sie ein Engel des Herrn, aber schrille Schreie ausstößt wie ein Teufel, die Amsel, ein schwarzer Vogel mit gelbem Schnabel, der sprechen kann wie ein Mensch und denunziatorisch immer das sagt, was sein Herr ihm anvertraut hat, den Schwan, der majestätisch durchs Wasser pflügt und im Moment seines Todes eine wundersüße Melodei anstimmt, das Mauswiesel, das biegsam ist wie ein junges Mädchen, den Falken, der im Sturzflug auf seine Beute niederfährt und sie dem Ritter bringt, der ihn aufgezogen hat. Ich malte ihm die Pracht von Edelsteinen aus, die er nie gesehen hatte (sowenig wie ich): die purpurnen und milchigen Flecken der Murrhina, die violetten und weißen Adern einiger ägyptischer Steine, das Gleißen des Orichalkums, die Transparenz des Kristalls, das Funkeln des Diamanten, und dann pries ich ihm den Glanz des Goldes, eines weichen Metalls, das zu feinsten Blättern geformt werden kann, das Zischen der glühenden Klingen, wenn sie zum Abkühlen ins Wasser gehalten werden, ich hielt ihm vor Augen, welche unvorstellbaren Reliquiare in den Schatzhäusern der großen Abteien zu sehen sind, wie hoch und spitz die Türme unserer Kirchen sind, wie hoch und gerade die Säulen des Hippodroms in Konstantinopel, was für Bücher die Juden lesen, Bücher voller Zeichen, die wie Insekten aussehen, und was für Laute sie ausstoßen, wenn sie darin lesen, wie ein großer christlicher König einmal von einem Kalifen einen eisernen Hahn geschenkt bekam, der bei jedem Sonnenaufgang ganz von selber krähte, was es mit

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