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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Chores, genau über dem Altar, einen schwachen Schimmer, der die herrlichen Farben der Gläser, die bis dahin im Dunkel gelegen hatten, erstmals aufleuchten ließ. Es war noch längst nicht die Morgenröte, die erst während der Prima durchbrechen sollte, genau am Ende der Gesänge Deus qui est sanctorum splendor mirabilis und Iam lucis orto sidere. Es war nur der erste zaghafte Vorschein der winterlichen Morgendämmerung. Doch er genügte, die Farben aufleuchten zu lassen – und damit zugleich den leichten Schatten aus meinem Gemüt zu vertreiben, der nun im Kirchenschiff anfing, als Zwielicht an die Stelle des nächtlichen Dunkels zu treten.
    Wir sangen gerade die ersten Worte des Evangeliums, und als wir das Verbum bezeugten, das da gekommen ist, den Menschen Leben und Licht zu sein, schien mir, als breche das Tagesgestirn in all seinem Glanze hervor. Mich dünkte, das Licht (das noch gar nicht da war) leuchtete auf in den Worten des Cantus gleich einer mystischen Lilie, die wohlriechend sich entfaltete zwischen den Bögen des hohen Gewölbes, und ich betete stumm: »Dank dir, oh Herr, für diesen Augenblick unbeschreiblicher Freude!« Und zu meinem verzagten Herzen sagte ich: »Törichtes Ding, was fürchtest du noch?«
    In diesem Moment erhob sich ein großer Lärm vor dem Nordportal draußen im Hof. Ich fragte mich, wie die Knechte es wagen konnten, derart das fromme Gebet der Mönche zu stören, denn zweifellos waren es Knechte auf dem Wege zu ihrer Arbeit. Da wurde auch schon die Tür aufgerissen, und hereingestürzt kamen drei Schweinehirten mit schreckverzerrten Gesichtern, eilten zum Abt und flüsterten ihm etwas zu. Der wies sie mit einer Geste zur Ruhe, um den Gottesdienst nicht unterbrechen zu müssen, doch schon folgten andere, und das Geschrei wurde lauter. »Ein Mensch, es ist ein toter Mensch!« rief einer erregt, und andere schrien dazwischen: »Ein Mönch! Hast du nicht das Schuhwerk gesehen?«
    Die Betenden hielten inne, der Abt stürzte eilends zur Tür und hieß den Cellerar, ihm zu folgen. William heftete sich an seine Fersen, doch schon erhoben sich auch anderen Mönche und strömten hinaus.
    Der Himmel war klar und wolkenlos, im Osten tagte es, und die weiße Schneedecke ließ das Gelände noch heller erscheinen. Hinter der Kirche, im Hof vor den Ställen, drängten sich Männer um den großen Bottich mit Schweineblut, der seit dem Vortag dort stand. Über den Rand des Bottichs ragte ein seltsam längliches Etwas, x-förmig und schief, als wären es zwei überkreuzte Stangen, wie man sie auf den Feldern in den Boden steckt und mit Lumpen behängt, um die Vögel zu schrecken.
    Es waren indes zwei menschliche Beine: die Beine eines kopfüber in den Bottich gestürzten Mannes.
     
    Der Abt befahl, dass man die Leiche (denn nur eine Leiche konnte es sein: kein Lebender hätte in einer so widernatürlichen Stellung so lange ausgehalten) aus der eklen Flüssigkeit ziehe. Widerwillig, doch folgsam traten die Schweinehirten an den Kübelrand und hievten den blutigen Körper heraus, nicht ohne sich selber dabei aufs Heftigste zu besudeln. Das Schweineblut war in der Tat nicht geronnen, da man es, wie mir am Vortag erklärt worden war, gleich nach der Schlachtung gründlich gerührt und dann in der Kälte stehen gelassen hatte, doch die klebrige Schicht, die den Leichnam bedeckte, seine Kleidung durchtränkte und seine Züge unkenntlich machte, wurde nun zusehends stockig und zäh. Ein Diener eilte mit einem Eimer voll Wasser herbei und goss davon auf das Gesicht des grausigen Toten, ein anderer beugte sich mit einem Tuch darüber und wusch das Blut ab – und so erschienen vor unseren Augen allmählich die bleichen Züge des Mönches Venantius von Salvemec, jenes Kenners der griechischen Welt, den wir am Vortag noch im Skriptorium bei den Büchern des toten Adelmus gesprochen hatten.
    »Adelmus mag Selbstmord begangen haben«, sagte William bedächtig, während er die Züge des Toten musterte. »Aber der hier bestimmt nicht, und es ist wohl auszuschließen, dass er zufällig auf den Rand des Bottichs hinaufgeklettert ist und aus Versehen hineinfiel.«
    Der Abt trat näher und sagte erregt: »Bruder William, Ihr seht, es geht etwas vor in dieser Abtei! Etwas, das Eure ganze Klugheit fordert! Ihr müsst rasch handeln, ich bitte Euch dringlichst!«
    »War Venantius heute früh während der Mette im Chor?« fragte William.
    »Nein. Ich hatte sein Fehlen schon bemerkt.«
    »Hat sonst noch jemand

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