Die Hitzkammer
muss Euch dringlich sprechen.«
»Ihr sitzt auf meinem Stuhl. Ich darf Euch bitten, dort auf der Bank Platz zu nehmen.«
Lapidius unterdrückte seinen Ärger. Während er den Stuhl räumte, fragte er sich, wie er die Unterredung am besten beginnen sollte. Er hatte schon die ganze Zeit darüber gerätselt, war aber noch immer um eine Anwort verlegen. Sollte er mit der Tür ins Haus fallen und fragen, ob Tauflieb schon vorbeigeschaut hatte? Nein, das war ungeschickt. Auch machte es wenig Sinn, sich nach Krabiehls Erkenntnissen hinsichtlich der beiden Frauenmorde zu erkundigen. Der Büttel, der in der Sache sicher nichts unternommen hatte, würde nur verstockt reagieren. Schließlich, weil ihm nichts Besseres einfiel, fragte Lapidius: »Kommt Ihr direkt von zu Hause?«
»Ist es das, was Ihr so dringlich wissen wollt?«, gab Krabiehl zurück. Er ließ sich betont langsam auf seinem Stuhl nieder. Es war offenkundig, dass er die Situation genoss. »Nun, wenn es Euch beruhigt, will ich Euch antworten: Nein, natürlich nicht, es gehört zu meinen Pflichten, den Markt auf übles Gelichter zu überprüfen, und genau das habe ich heute Morgen als Erstes getan.«
»Aha, natürlich.« Lapidius fiel ein Findling vom Herzen. Aus Krabiehls Antwort ergab sich, dass Tauflieb sich noch nicht an den Büttel gewandt hatte. »Nun, um ehrlich zu sein, bin ich um anderer Fragen willen hier. Ihr wisst, dass ich die Freyja Säckler beherberge und dass ich mich für sie verwende.«
»Ja. Und?« Krabiehls Hochstimmung schien nachzulassen. Jedenfalls drückte sein Gesicht das aus.
»Mich würde interessieren, ob ihr Kräuterwagen mittlerweile aufgetaucht ist.«
»Nein, nicht dass ich wüsste.«
»Schade, das hatte ich schon befürchtet. Immerhin könnte das Gefährt Hinweise darauf liefern, wer die hier auf dem Markt gefundene Tote auf dem Gewissen hat.«
Krabiehl blies die Backen auf. »Als ob Ihr das nicht genau wüsstet. Die Hexe Säckler wars, wer sonst.«
Lapidius überhörte die Herausforderung. »Ihr Wagen wurde nicht zufällig zum Abtransport des toten Walter Koechlin benutzt? Ich frage das nur, weil die Leute sagen, er wäre ebenfalls nicht eines natürlichen Todes gestorben.«
Der Büttel riss die Augen auf, gab sich dann aber betont gleichgültig. »Wer sagt das?« »Man hört so allerlei. Ich glaube j a auch, dass er dem Suff erlag, aber so mancher behauptet, Koechlin habe niemals einen Tropfen angerührt. Bleibt die Frage, woran er wirklich gestorben ist. Habt Ihr in Eurer Eigenschaft als Stadtbüttel nicht Ermittlungen aufgenommen?«
»Ich habe meine Pflicht getan.«
»Dann habt Ihr sicher auch Richter Meckel in den Fall einbezogen?«
»Selbstverständlich. Der Herr Richter ist sehr zufrieden mit mir. «
»Natürlich.« Lapidius musste an den Morgen nach dem Sturm auf sein Haus denken, als Meckel ihn zu sich zitiert und mit drohendem Unterton gesagt hatte, Freyja Säckler sei spurlos verschwunden, und er, Lapidius, trage dafür die Verantwortung. Wie wütend hatte der Richter dreingeblickt, als er erfuhr, dass die Nachricht seines Informanten, der niemand anders als Krabiehl gewesen war, nicht stimmte! Dies betrachtet, konnte Meckel mit dem Büttel unmöglich zufrieden sein.
Vielleicht aber war er es doch? Dann nämlich, wenn, aus welchem Grund auch immer, Meckel daran gelegen war, dass der Tod des Walter Koechlin nicht an die große Glocke gehängt wurde. Vielleicht, damit seine Zeugin Auguste Koechlin nicht in Schwierigkeiten geriet und weiter gegen Freyja aussagen konnte? Herrgott im Himmel, was war das nur für ein Sumpf, dem er überall begegnete! Lapidius war bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. »Sicher habt Ihr die Witwe Koechlin befragt?«
»Nein, habe ich nicht.«
Das war eine faustdicke Lüge, schließlich hatte der Büttel eine Liebschaft mit der Koechlin und traf sie wahrscheinlich jeden Tag. Zumindest gesprochen haben musste er mit ihr. »Aha, nun j a. Es geht mich j a auch nichts an. Ich stelle fest, der Kräuterwagen der Säckler hat sich jedenfalls noch nicht angefunden.«
»Richtig.«
»Wessen Karren wurde dann benutzt?«
»Walter Koechlins Leiche wurde auf dem Wagen des Apothekers Veith fortgebracht. Er war so freundlich, ihn zur Verfügung zu stellen.«
»Der Apotheker Veith?«
»Genau der.«
»Das ist, äh … zu loben.« Lapidius war aus dem Konzept gebracht. Veith! Der Pharmazeut, der ein so seltsames Gebaren an den Tag gelegt hatte, der abends und nachts nicht daheim weilte, der
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