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Die Hitzkammer

Die Hitzkammer

Titel: Die Hitzkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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die Filii Satani?
    Der Athanor brannte wieder gut. Von Marthe war nach wie vor nichts zu sehen. Lapidius beschloss, sich nicht verrückt machen zu lassen. Vielleicht war die Magd nur zu ihrer Mutter gegangen. Erst einmal würde er sich um Freyj a kümmern. Während er die Treppe emporstieg, durchforschte er seine Taschen nach dem Schlüssel. Wo war er nur? Lapidius dachte scharf nach und kam zu dem Schluss, dass die Magd ihn zuletzt gehabt hatte. Gestern Abend, als sie zu Freyj a hinaufgegangen war. Es blieb nur zu hoffen, dass sie den Schlüssel jetzt nicht bei sich trug. In banger Erwartung eilte Lapidius zurück und nahm in der Küche den Stein aus der Wand. Gott sei Dank! Da lag das gute Stück. Er griff sich den Schlüssel und eilte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, zu Freyja empor. »Da bin ich. Eigentlich wollte ich gestern Abend noch zu dir kommen, aber ich habe es einfach verschlafen.«
    »Ja«, sagte Freyja. Sie war froh, dass Lapidius endlich da war. Niemals würde sie ihm sagen, wie sehr sie auf ihn gewartet hatte.
    »Hast du denn gar nichts gehört? Ich meine, die Magd muss sich doch bei dir gemeldet haben, als sie vom Markt zurück war?«
    »Hab nichts gehört. Nur später, da wurds laut. Da hat Marthe immer gerufen, so was wie ›Sie redet nix‹ und ›Lass mich‹.« Das Sprechen strengte Freyja sehr an.
    »Heißt das, j emand anderes war noch im Haus?«
    »Ja.«
    Lapidius schoss der Schreck in die Glieder. Die Hoftür! Sie hatte also doch schon offen gestanden, als er kam. Ein Unbekannter hatte sie gewaltsam geöffnet und war ins Haus eingedrungen. Ein Mann? Eine Frau? »Hast du gehört, mit wem Marthe sprach? Konntest du die Stimme erkennen?«
    »Nein.«
    »War es vielleicht Gorm?«
    »Weiß nicht.«
    »Nun, nun …« Lapidius versuchte, Ruhe auszustrahlen. »Vielleicht gibt es für alles eine ganz normale Erklärung.« »Mir ist heiß.«
    »Ich habe das Feuer im Athanor wieder angefacht. Warte …« Er nestelte nach dem Schlüssel und öffnete die Türklappe, damit kühle Luft an Freyjas Körper gelangen konnte. Er tat es mit schlechtem Gewissen, denn die Vorschriften der Syphiliskur mussten bis zum letzten Tag auf das Genaueste eingehalten werden, andererseits waren die zwanzig Behandlungstage fast um, und überdies dauerte sie ihn.
    »Danke.« Freyja schöpfte ein paar Mal tief Luft. Lapidius versuchte, an Freyjas Körper vorbeizublicken, doch es gelang ihm nicht. Er sah, dass ihre Schultern, ihre Arme, ihre Brüste nicht mehr genügend Schmiere trugen, ein Zustand, der so nicht hinzunehmen war. Zwar konnte er es verantworten, die Hitze in der Kammer vorübergehend abzuschwächen, eine mangelnde Quecksilberschicht dagegen durfte nicht sein. »Das Unguentum muss erneuert werden, ich werde Marthe …«, sagte er und brach unvermittelt ab. Die Magd war ja nicht da. Dennoch musste für die Einreibung gesorgt werden. Was sollte er tun?
    »Mach du es doch.«
    »Ich?« Im Leben hätte er nicht daran gedacht. So etwas war nicht schicklich, ganz und gar nicht schicklich. Allerdings, es musste sein. »Ich … ich …«
    »Stört dich, dass ich so hässlich bin?«
    »Überhaupt nicht, überhaupt nicht! Äh … ich meine, natürlich bist du nicht hässlich, ich wollte nur sagen, also, wenn es dir nichts ausmacht …«
    »Nein.«
    »Ja. Gut. Dann hole ich die Salbe.« Lapidius war froh, der Situation entfliehen zu können. Er hastete die Treppe hinunter, verschloss als Erstes die Hoftür wieder, indem er die schwere Gesteinskiste davor schob, griff sich dann die Salbe, einen Lappen und einen Eimer Wasser und stieg schwer beladen nach oben.
    Als er bei Freyja wieder anlangte, war er seiner Verlegenheit einigermaßen Herr geworden. Er sah, dass sie sich mit dem Oberkörper schon zur Hälfte aus der Hitzkammer geschoben hatte. Nun verhielt sie, völlig ausgepumpt und entkräftet. Lapidius stellte die Sachen ab. »Ich fasse dir von hinten unter die Schultern und ziehe dich ganz heraus.«
    Freyja atmete heftig und flach, bis ihr Puls sich wieder beruhigt hatte. »Marthe hats auch so gemacht.«
    »Fein.«
    »Und mich auf die Truhe gesetzt.«
    »So. Ja.« Er zog sie unendlich vorsichtig aus ihrer Höhle und verhielt vor dem Möbel. »Ich hebe dich jetzt hoch.« »Ich … kann aber nicht mehr sitzen.« »Dann lege ich dich einfach hin. Rücklings. Es wird schon gehen.« In der Tat fiel es ihm nicht schwer, sie auf die Truhe zu betten, denn sie hatte während der Behandlung gehörig abgenommen. Helles Licht fiel

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