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Die Hitzkammer

Die Hitzkammer

Titel: Die Hitzkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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sehn lassen. Sollich Euch auch Brot holn? Hab auch nochn bisschen Eingemachtes unten inner Kühlgrube. Apfelgelee un so.«
    »Nein! Äh … ein Stück Brot mit Honig wäre sehr schön.« Lapidius setzte sich. Er musste sich von dem Schrecken erholen, den Marthe ihm mit ihrem freundlichen Angebot eingejagt hatte. Es fehlte noch, dass die Magd das Kompassgehäuse mit dem Frauenkopf in der Kühlgrube entdeckte. Der Gedanke an den Schädel, der in den Tiefen seines Hauses noch immer einer anständigen Beerdigung harrte, erinnerte ihn nur allzu deutlich daran, dass er mit seinen Nachforschungen entscheidend weiterkommen musste.
    »Is gut, Herr. Un ich kann auch noch Bier holn!« »Wie bitte? Ach so, ja.« Lapidius dachte an die Filii Satani. Sie waren die Täter. Es waren drei. Er kannte sie, da war er sicher. Das Problem war nur, dass vier, möglicherweise sogar noch mehr Männer in Frage kamen. Tauflieb, Fetzer, Krabiehl, Veith, vielleicht Nichterlein und Meckel, dazu Gorm, der sich selbst als Teufel bezeichnet hatte. Allerdings, das hatte Tauflieb gestern auch getan. Ich glaube, dass in jedem von uns ein Stück Teufel steckt, hatte er gesagt.
    Marthe schnitt ein dickes Stück vom Brotlaib ab. »Un wassis nu mit Bier, Herr?«
    »Äh … kein Bier. Danke.« Lapidius biss ins Brot, ohne den Honiggeschmack zu spüren. Er fand es bezeichnend, dass er mit allen seinen Überlegungen immer wieder bei Tauflieb landete. Was hatte der Mann gestern gesagt? Er wolle zum Büttel gehen und von ihrem Gespräch berichten. Lapidius rief sich das Wortgefecht noch einmal in Erinnerung und sprang plötzlich auf. Er hatte Tauflieb gesagt, dass dessen Bohrer genau in die Stirnlöcher der Toten passe, was bedeutete, dass er, Lapidius, den Kopf untersucht haben musste. Das wiederum setzte voraus, dass der Kopf in seinem Besitz war – eine Tatsache, die er dem Büttel gegenüber geleugnet hatte. Wenn Krabiehl das erst einmal wusste, hatte er ihn in der Hand. Eine erneute Durchsuchung seines Hauses drohte. Der Kopf würde gefunden werden und Freyj a in ihrer Kammer auch. Und nur Gott allein mochte wissen, was dann mit ihr passierte.
    Was konnte er tun? Das Einzige, was ihm einfiel, war, Tauflieb zuvorzukommen. Er musste zum Büttel gehen und mit ihm reden. »Marthe, ich laufe rasch zum Gemswieser Markt.« Lapidius war schon auf der Diele und warf sich den Mantel über.
    »Ich auch, Herr. Hamja nix zu beißen mehr. Ich mein, außer den Vorräten.«
    »Gut, gehen wir zusammen.« Für einen Augenblick kam Lapidius in den Sinn, dass Freyja dann ganz allein im Haus war, aber Marthe würde sicher protestieren, wenn er sie jetzt bäte, zurückzubleiben.
    Wenig später eilten sie gemeinsam die Böttgergasse hinunter, Marthe munter schwatzend, denn es schmeichelte ihr, mit einem so feinen Herrn gesehen zu werden, Lapidius hingegen schweigsam und in sich gekehrt. Als sie den Markt erreicht hatten, zeigte sich alsbald, dass Lapidius gut daran getan hatte, die Magd nicht im Haus zu lassen, denn schon wurden wieder einige der Händlerinnen dreist und riefen »Seht nur, der Hexenbuhler ist da!« und »Der Galan der Säckler, der Vornehmtuer!« und Ähnliches, und Marthe trat ihnen sofort entgegen und schrie: »Haltet euer Maul, verdammich, oder ich kauf nich mehr bei euch, un ich sorch dafür, dass alle annern Mägde auch nich bei euch kaufen, un dann könnter sehn, wo ihr bleibt!«
    Zu Lapidius’ Erstaunen schwieg das Marktvolk für einen Augenblick verdutzt. Aufatmend sagte er: »Danke, Marthe, wir trennen uns hier. Ich muss zu Krabiehl, eine wichtige Sache besprechen. Kauf du nur in Ruhe ein. Solltest du vor mir fertig sein, geh schon nach Hause. Sag Freyja, ich schaue nach ihr, sowie ich zurück bin.«
    »Ja, Herr, j a, aber mitm Büttel is nich gut Kirschen essen, der is tückisch, seht Euch vor.«
    »Ja, ja, keine Sorge. Nun geh.« Lapidius löste sich von Marthe und strebte Krabiehls Dienstgebäude zu. Dort angelangt, musste er feststellen, dass der Büttel nicht anwesend war. Er setzte sich auf den einzigen Stuhl im Raum und wartete. Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Nach über einer Stunde, er war schon drauf und dran zu gehen, erschien der Büttel endlich. Er pfiff fröhlich vor sich hin, hielt aber abrupt inne, als er Lapidius’ ansichtig wurde. Seine Miene verdüsterte sich. »Ihr seid der Letzte, den ich hier erwartet hätte«, sagte er statt einer höflichen Begrüßung.
    Lapidius wahrte die Form. »Guten Tag, Krabiehl. Ich

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