Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hitzkammer

Die Hitzkammer

Titel: Die Hitzkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
Vom Netzwerk:
durch das Fenster; er sah überdeutlich ihre Brüste, den flachen Bauch, den Schoß und versuchte, sie nur als Arzt zu betrachten. Es gelang nicht.
    Er griff zu Lappen und Eimer und wischte die Reste der letzten Einschmierung fort. Als er sie umgedreht und die Reinigung auch auf dem Rücken vollzogen hatte, bat er sie, in dieser Lage zu bleiben, denn er hatte ihre wunden Liegestellen bemerkt. Er holte das Kalkpulver, weil er nichts anderes mehr besaß, und tupfte es auf. Dann begann er mit der neuen Schicht. Er verteilte sie und hob seine Patientin vorsichtig in eine sitzende Position.
    Freyja suchte Halt an ihm. »Ich … ich kipp um.«
    »Das tust du nicht.« Er saß jetzt rittlings neben ihr, umfasste ihre Schulter mit der Linken und strich mit der Rechten das Unguentum auf ihre Halspartie. Dann wanderte seine Hand nach unten, wobei er ihren Busen umging.
    »Du hast was vergessen.«
    »Ich weiß, ich wollte nicht …« Die verdammte Verlegenheit! Warum war er nicht in der Lage, sie einfach einzureiben! Es ging schließlich nur darum, Salbe auf ein Stück Haut zu bringen. Er fasste sich ein Herz und massierte die Schmiere in ihre Brüste ein. Zögernd erst, dann immer sicherer werdend.
    »Du machst es gut.«
    »Ja.« Seine Stimme klang heiser, während er behutsam weiterrieb und dabei spürte, wie ihre Brustspitzen sich erhärteten. Er selbst fühlte ebenfalls Erregung. Um sich abzulenken, sagte er: »Ich weiß mittlerweile, dass die Augen, die Hände und die Stimme dich damals in eine Höhle lockten. Ich war dort und habe das Gesicht aus Stein entdeckt und auch die Zähne, an die du dich zu erinnern glaubst. Es sind Stalaktiten, Tropfsteinzapfen, die von der Gesteinsdecke herabhängen.«
    Freyj a wandte sich ihm zu. Ihre Augen schienen plötzlich in weite Ferne zu blicken. »Eine Höhle? … Ja«, sagte sie. »Ja.«
    Lapidius fragte sich, ob es richtig gewesen war, sie in ihrem Zustand an die schrecklichen Geschehnisse zu erinnern, aber da sie sonst keinerlei Regung zeigte, fuhr er fort: »Sie heißt Sabbathöhle.«
    »Ja«, sagte Freyja abermals.
    »Sie liegt hoch oben im Otternberg.« Lapidius nahm neue Salbe aus dem Topf und begann den Bauchbereich einzureiben. »Es gibt in ihr einen großen Dom, eine Art Halle mit mehreren Abzweigungen, dorthin könnte man dich gebracht haben.«
    »Ich … ich erinnere mich.« Freyja hatte plötzlich ein Bild vor Augen. Die Lücken, die ihr Gedächtnis bislang aufgewiesen hatte, schlossen sich. »Es war … es war schön, zuerst. Aber dann, dann …«
    Lapidius’ Hand hielt inne. »Ja? Was dann?«
    »Ich weiß nicht. Die Erinnerung ist wieder weg.«
    Lapidius hätte aufschreien mögen vor Enttäuschung. Aber er beherrschte sich. Seine Hand arbeitete weiter. »Du sagtest doch, du hättest ein verschwimmendes Rot gesehen, könnten das Masken gewesen sein – Teufelsmasken?«
    Freyja hatte die Augen geschlossen. Nun begann sie zu zittern.
    »Teufelsmasken?«, wiederholte Lapidius eindringlich. »Das verschwimmende Rot – waren das Teufelsmasken?«
    »Ja«, hauchte Freyja. »Ja, ja, jetzt sehe ich sie wieder. Die Masken singen, ich höre sie singen … ein Gebet … Feuer brennt, es flackert …«
    Lapidius’ Herz hämmerte wie wild. »Weiter, weiter! Erzähle weiter! «
    Freyja schwieg. Um ihre Mundwinkel zuckte es. Sie öffnete die Augen. »Nichts. Es ist aus. Ich seh nichts mehr.«
    »Das kann doch nicht sein! Eben war die Erinnerung doch noch da, versuche, dich zu konzentrieren.« Er war so aufgeregt, dass er sie schüttelte.
    »Du tust mir weh.« »Entschuldige. Es fällt mir nur so schwer, zu begreifen, dass dein Gedächtnis plötzlich wieder fort ist.«
    Tränen traten ihr in die Augen.
    »Um Gottes willen, weine doch nicht! Ich konnte mir nur nicht erklären, warum du auf einmal … ich … ich.« Ihm fiel nichts anderes ein, als sie in beide Arme zu nehmen. »Ich meinte es doch nicht so … ich meinte es doch nicht so … ich meinte es doch nicht so«, sagte er immer wieder, während er sie wie ein Kind hin und her wiegte und sich fragte, wie er ihrer Erinnerung auf die Sprünge helfen könnte. Das Eisen musste geschmiedet werden, solange es noch heiß war. Wenn er sie doch nur so beeinflussen könnte, wie es die Augen, die Hände und die Stimme seinerzeit vermocht hatten. Halt! Konnte er das nicht auch versuchen? Freyj a hatte erzählt, dass die Stimme freundlich geklungen hatte, die Augen starr gewesen seien und voller Kraft …
    Lapidius wiegte Freyj a weiter und

Weitere Kostenlose Bücher