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Die Hitzkammer

Die Hitzkammer

Titel: Die Hitzkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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herrsche in der Stadt, aber Lapidius hatte kaum Anzeichen dafür bemerkt. Sicher, an einigen Hausecken hatten Weiber gestanden, die, seiner ansichtig geworden, augenblicklich die Köpfe zusammensteckten, und auch der eine oder andere Finger hatte sich auf ihn gerichtet, doch insgesamt schien alles seinen gewohnten Gang zu gehen.
    Ein prüfender Blick sagte ihm, dass Krabiehl nicht in seiner Dienststube war. Nun gut, er würde den Büttel ein anderes Mal befragen. Sein Blick wanderte weiter, denn nur dreißig Schritte von dem alten Mauerbau entfernt hatte Freyja Säcklers Kräuterwagen gestanden.
    Doch der war fort.
    Lapidius eilte zu der Stelle und untersuchte sie. Schwarze Flecken zwischen den Pflastersteinen stachen ihm ins Auge. Kein Zweifel, das war eingesickertes Blut. Hier hatte die Unbekannte gelegen. Er richtete sich auf und schaute sich suchend um. Ein paar Fuß weiter entdeckte er einen zweiten Fleck und noch entfernter einen dritten. Die Richtung wies in die Schellengasse. Und die wiederum führte aus der Stadt hinaus. Das ließ nur einen Schluss zu: Die Tote war auf Freyja Säcklers Wagen transportiert und dieser, wahrscheinlich mitten in der Nacht, auf dem Marktplatz abgestellt worden. Anschließend hatte man die Frau unter den Wagen gelegt. Aber warum? Vielleicht hatte der Täter sie verstecken wollen, weil er gestört worden war? Vielleicht aber hatte sich alles auch ganz anders zugetragen.
    Lapidius brach ab. Es hatte keinen Zweck. Doch schon wenige Augenblicke später begannen seine Gedanken wieder zu kreisen. Wo war der Wagen jetzt? Hatte ihn die Person, die ihn zum Markt gebracht hatte, auch wieder fortgeschafft? Oder war er von der Stadt sichergestellt worden?
    Weiter grübelnd schlug er den Weg zur Böttgergasse ein. Wer war der Mörder, der so grauenvoll getötet hatte? Oder waren es gleich mehrere gewesen? Die Hämatome auf dem Rücken fielen ihm ein, und er versuchte sich vorzustellen, wie sie entstanden sein mochten. Blutergüsse, das wusste j eder, traten nach Druck oder Schlag auf, wobei hier nahe lag, dass sie durch Druck hervorgerufen worden waren, denn die Haut war unverletzt geblieben. Was konnte der Unbekannten so in den Rücken gedrückt haben? Da ihr Gewalt angetan worden war, hatte man sie wahrscheinlich auf den Boden gepresst. Ja, das mochte sein. Aber was war das für ein Boden, der solche Ausbuchtungen aufwies? Und in solcher Anordnung? Lapidius merkte, dass er auf diese Weise nicht weiterkam.
    Der Todesschnitt. Was war mit dem Todesschnitt? War er vor oder nach der Schändung erfolgt? Wahrscheinlich danach, damit die Vergewaltigte nicht mehr reden konnte. Oder doch davor. Lapidius hatte schon von Männern gehört, denen es perverse Lust bereitete, Verkehr mit einer Toten zu haben. Davor oder danach … Auch hier tat sich eine Sackgasse auf.
    Und was hatte es mit dem Bilsenkraut auf sich? Vielleicht war es Bestandteil eines Rauschtranks gewesen, der das Opfer willenlos gemacht hatte? Lapidius pfiff sich zurück, der Gedanke kam ihm zu spekulativ vor.
    Auf jeden Fall, sagte er sich, war es ein Mord mit einzigartigem Merkmal – den Buchstaben F und S auf der Stirn. Und er war sicher: Da wollte j emand Freyj a die Schuld in die Schuhe schieben. Der Totentransport auf ihrem Wagen bestätigte diese Annahme. Ja, jemand wollte sie unschädlich machen, gezielt und heimtückisch. Genau so, wie es durch die Verleumdungen vor Gericht schon versucht worden war.
    Aber wer war dieser Jemand?
    Auguste Koechlin und Maria Drusweiler hatten Freyj a der Hexerei bezichtigt und dabei das Blaue vom Himmel gelogen. Waren sie die Mörderinnen? Schließlich hatten sie Bilsenkraut bei Freyja gekauft, und die Leiche hatte danach gerochen. Nach Teufelsauge … Nein, der Gedanke war absurd. Frauen vergewaltigten keine Frau. Frauen hatten kein Sperma. Also musste es ein Mann gewesen sein.
    Als Lapidius mit seinen Überlegungen so weit gekommen war, empfand er ein Gefühl der Zufriedenheit. Immerhin schien nun klar, dass die Zeuginnen mit j emandem in Verbindung standen. Mit einem oder mehreren Unbekannten, die sich im Hintergrund hielten. Mit Unholden. Schlächtern. Bestien, die es zu finden galt.
    Doch dann wich seine Zufriedenheit der Ernüchterung, denn er musste einräumen, dass seine Erkenntnisse ihn kein Jota weiterbrachten. Noch nicht j edenfalls.
    »Was wollt Ihr essen, Herr?«, fragte Marthe in der Diele. Lapidius schreckte aus seinen Gedanken auf.
    Er hatte wie im Schlaf nach Hause

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