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Die Hitzkammer

Die Hitzkammer

Titel: Die Hitzkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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»Verdammich, das war nötich! «
    Holm wischte sich mit der Hand über den Mund. Seine Augen blickten jetzt klarer, sein Gesicht gewann etwas Farbe. »Ich brauch öfter maln anständigen Schluck, weißte. Wülste auch?«
    »Nein! Nein, danke. Wenn du hast, etwas Wasser.«
    »Wasser? Pöhhh, sowas habich nich.«
    »Das dachte ich mir fast.«
    »Wie? Ach so, ja.« Holm sprach erneut der Kanne zu. Seine Laune wurde sichtlich besser. »Schöner Tach heut. Bisschen kalt, aber schöner Tach, hupps … wunderschöner Tach.«
    Lapidius verspürte wenig Neigung, mit dem Alten über die Reize dieses Tages zu sprechen, obwohl der Wald um ihn herum mit seinen schneebedeckten Wipfeln einen atemberaubenden Anblick bot. »Sag einmal, Holm, du hast doch die tote Frau auf dem Marktplatz gefunden, stimmts?«
    Der Alte, der sich unterdessen an Lapidius’ Seite gesetzt hatte, antwortete: »Ja, habich. Wieso?«
    »Und ein paar Tage später hast du doch den Frauenkopf über einer Tür in der Böttgergasse entdeckt?«
    »Mann, ich dacht, so besoffen könnt ich doch nich … doch nich, hupps … nich sein, nich? Abers warn toter Kopf, mit Hörnern dran. Hab schon gedacht, ich wär zur Hölle gefahrn … abers war nich so, warn toter Kopf, tot warer, mausetot.« Holm schüttelte sich.
    »Was mich nun wundert, ist, dass ausgerechnet du beide Male die Toten gefunden hast, du und niemand sonst, wo Kirchrode doch Hunderte von Bürgern hat. Findest du das nicht auch seltsam? Erst die Ermordete auf dem Markt, dann den Frauenkopf über der Tür …« Lapidius schwieg bedeutungsvoll.
    In Holms Gesicht arbeitete es. Er versuchte, das Gesagte zu verstehen. Dann, plötzlich, fiel ihm die Kinnlade herab. »Gottsakra, Kumpel, glaubste, ich find nochne dritte? Glaubste das? Nee, das haltich, hupps … nich aus, nich aus haltich das, hupps ! «
    Lapidius schwieg noch immer. Er beschränkte sich darauf, Holm scharf zu beobachten.
    Der nahm einen Schluck. Allmählich setzte die vertraute Wirkung des Alkohols ein. Er beruhigte sich. »Meinste, da, hupps … da will mir ei… einer was anhängen, Kumpel?«
    Lapidius war mittlerweile zu der Überzeugung gekommen, dass es tatsächlich Zufall sein musste, was Holm widerfahren war. Es schien unvorstellbar, dass dieses menschliche Wrack zwei derartige Morde geplant haben sollte. Und ebenso unmöglich, dass es sie ausgeführt hatte. Auch nicht für andere. Nein, Holm war nur ein harmloser alter Säufer, dem das Schicksal übel mitgespielt hatte. Mehr nicht. »Ich bin sicher, du warst nur zweimal zur falschen Zeit am falschen Ort.«
    »Hä …?«
    »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Es ist alles in Ordnung.« Lapidius wandte den Kopf zur Seite, denn Holms saurer Atem schlug ihm zum wiederholten Male ins Gesicht, und auf die Dauer war das nicht auszuhalten. In die andere Richtung sprechend, fragte er: »Gibt es in dieser Gegend eigentlich Höhlen?«
    »Höhlen?«
    »Ja. Du kennst dich hier oben doch gut aus. Gibt es so etwas und wenn j a, wo?«
    Holm nahm einen Schluck. Es war der letzte. »Höhlen, hupps … türlich gibts die. Jede Menge.«
    Lapidius sank das Herz. Wenn es so viele Höhlen gab, war die Wahrscheinlichkeit gering, dass er die richtige fand. Zumal es nicht genügte, sie zu finden – er musste sie auch rechtzeitig aufspüren. Rechtzeitig genug, um Freyj a zu retten. »Und du kennst alle?«
    Der Alte stierte auf die nun leere, von ihm kerzengerade gehaltene Kanne, schnaufte und warf sie zu Boden. »Da kannste einen drauf la… lassen.«
    »Und wo befinden sie sich?«
    »Essis die Toter-Mann-Höhle, die, hupps … Wasserthalhöhl, die Grotte aufm Grat, die, die Meij ersche Höhle un, un …« Holm schwieg abrupt. »Ja, die sins.«
    Lapidius, der zunächst seine Frage nach dem Wo wiederholen wollte, beließ es dabei. Es war ihm nicht entgangen, dass der Alte etwas verschwiegen hatte. »Ich glaube, du hast eine vergessen.«
    Holm senkte den Blick und knetete die Hände.
    »Du wolltest doch noch eine nennen, war es nicht so?« »Ja … ja. Aber die kennich nich.«
    »Das macht nichts. Sage nur, wie sie heißt.«
    »Essis die Sa… Sa… hupps … Sabbathöhle.« Dem Alten fiel es – ob durch den Alkohol oder aus anderen Gründen – sichtlich schwer, den Namen über die Lippen zu bringen. »Hat es mit ihr etwas Besonderes auf sich?«
    »Nee, nee.«
    »Nun gut.« Lapidius wandte sich Holm wieder voll zu. Mit abgewandtem Gesicht war auf die Dauer kein Gespräch zu führen. Die Bierfahne musste

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