Die Hochzeit meiner besten Freundin
wie möglich, wobei ich Dots erster Frage ausweiche.
»Er hat Nerven wie Drahtseile. Ein Blick von ihm genügt, und du kriegst es mit der Angst zu tun.«
»Ehrlich?«
»Ehrlich«, bestätigt sie kichernd, »zumindest, wenn er den Chef raushängen lässt, aber er ist auch total süß.«
»Als Mensch oder als Mann?«
»Beides. Er hat einen durchtriebenen Humor, kann wirklich lustig sein, ist sehr tolerant – ooh, und er hat eine tolle, breite Brust.« Bei dem Gedanken leckt sie sich die Lippen. »Die Hälfte unserer Gäste sind Frauen, die kommen, um ihn anzuhimmeln.«
»Und du?«
»Ich?« Sie fängt schallend an zu lachen. »Nein, ich doch nicht! Er ist gerade alt genug, um nicht mein Sohn sein zu können.« Sie streicht sich mit der flachen Hand die Locken aus der Stirn. »Nicht, dass das Alter je eine Rolle für mich gespielt hätte, aber ich fürchte, er sieht es so.«
»Also kennst du ihn schon länger?«
»Seit er so klein war.« Dot hält ihre Hand etwa in Taillenhöhe. »Eine kleine Nervensäge war er damals – kann er manchmal immer noch sein. Aber längst nicht so schlimm wie die Bande da!«, sagt sie laut und in Anspielung auf die stämmigen Stammgäste, die an den Tresen gekommen sind, so dass sie uns leichter belästigen können.
»Werden wir hier noch mal bedient oder was?«, ruft der Anführer der Gruppe, ein arroganter Endzwanziger mit blonden Haaren.
Ich gehe Dot bei der Bestellung zur Hand.
»Du hast Erfahrung, das sehe ich.« Sie sieht anerkennend auf das Bier, das ich gerade gezapft habe und das glücklicherweise nahezu perfekt ist.
Ich nicke und stelle das letzte Bierglas auf die Theke.
»Traurig, was? Ich bin fünfundzwanzig, und das Einzige, was ich kann, ist Bier zapfen. Na ja, wahrscheinlich bin ich genauso gut im Trinken wie im Zapfen _«
»Untertreib mal nicht.« Dot grinst. »Deine Vorgängerin war eine totale Platzverschwendung – das Einzige, was die konnte, war Männer aufreißen. Absolut hinreißend, aber oben hatte sie nichts außer zwei Silikonsäcken und einer einzelnen grauen Zelle. Meiner Meinung nach war sie ein bisschen neben der Kappe. Keine Ahnung, was die hinter einem Tresen zu suchen hatte, ihr Daddy hatte nämlich sichtlich genug Kohle. Hat mir erklärt, sie wollte mal sehen, wie es in der Wirklichkeit so zugeht. Arrogante Zicke! Tja, die ›Wirklichkeit‹ war anscheinend nicht nach ihrem Geschmack, sie hat’s nur zwei Wochen ausgehalten.«
»Das überrascht mich nicht. Wie kommst du bloß mit diesem Pack zurecht?«
»Findest du sie schlimm? Zugegeben, die Handwerker sind eine absolute Plage. Wir haben acht verschiedene Sorten Kaffee, und alles, was sie wollen, ist ihr ewiger Tee«, stöhnt Dot, »und Alkohol darf man ihnen nie geben, egal, wie sehr sie jammern, stöhnen, flirten oder betteln.«
Dot ist einfach eine Wucht.
Es haut mich fast um, als sie mir erzählt, dass sie Anfang vierzig ist. Wenn ich hätte schätzen müssen, hätte ich sie höchstens für drei- oder vierunddreißig gehalten.
Sie schwört, dass sie ihr jugendliches Aussehen einer Diät jüngerer Männer verdankt.
Mit ihren eins sechzig, den schimmernden, kastanienbraunen Locken, die ihr bis auf die Schultern reichen, und den hellen, grünbraunen Augen, die sie hinter einer Brille versteckt, die sie nicht wirklich braucht, ist sie ein absoluter Männermagnet. Das könnte auch an dem großzügigen Dekollete liegen, das sie normalerweise zur Schau stellt, aber ich glaube eher, dass es an ihrer Persönlichkeit liegt, die so warm und herzlich ist wie ein gemütliches Kaminfeuer.
Sie verfügt über üppige Kurven und eine Schlange williger Männer, die länger ist als die Schlange vor dem »Daisy’s« an einem Samstagabend – und die, das dürfen Sie mir glauben, ist verdammt lang.
Ganz wie Dot vorhergesagt hat, ist der Club gegen halb neun brechend voll. Ich bin an diesem Abend bereits häufiger angebaggert worden als in den letzten zwei Monaten zusammen.
»Hi, Süße, was macht denn ein so nettes Mädel wie du an einem Ort wie diesem?«
Ich fahre herum und finde mich Auge in Auge mit einem frech grinsenden Jamie und einer leicht benommen dreinblickenden Nicky wieder.
»Wir dachten, wir kommen vorbei und leisten ein bisschen seelische Unterstützung«, ruft Jamie mir über den Lärm der Menge und der Musik zu, die aufgedreht worden war, als die Gäste begannen, in Scharen hereinzuströmen.
»Seelische Folter trifft es besser«, sage ich seufzend und streiche mir das
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