Die Hochzeit meiner besten Freundin
unwillkürlich an Nicky denken, die so manchen Bauarbeiterhintern zu einem Besuch in ihren Höschen einlädt.
»Nun ja, wenn sie von einer Woche reden, meinen sie drei. Zum jetzigen Zeitpunkt hätten sie längst fertig und von hier verschwunden sein sollen. Wir mussten die große Wiedereröffnung um einen Monat verschieben, worüber der Chef nicht gerade glücklich ist.«
Ah, genau, der Chef. Der eigentlich Grund für meine Anwesenheit statt einer angeblichen Leidenschaft fürs Zapfen.
»Mit dem zusätzlichen Clubraum unten werden wir unsere Kapazitäten verdoppeln. Es wird verdammt hektisch werden. Das hoffe ich zumindest, sonst bin ich meinen Job los. Wenn es dir Spaß macht, besoffenen Kerlen dabei zu helfen, zu noch besoffeneren Kerlen zu werden, dann wirst du dich hier richtig wohl fühlen.« Er grinst breit, wobei er sehr weiße Zähne und eine sehr blaue Zunge enthüllt, da er etwas zu fest auf dem Kugelschreiber gekaut hat.
»Ah. deine Zunge. der Stift.« Ich tippe mir mit dem Finger auf meine eigene Zungenspitze.
Er schmeckt an der Spitze seiner Zunge, streckt sie dann so weit es geht heraus und bricht in ansteckendes Gelächter aus. Gleichzeitig ruft er nach der Frau, die jetzt hinter dem Tresen Flaschen auffüllt.
»Dot, meine Liebe, tu uns einen Gefallen – schenk uns noch mal nach. Ich hab einen widerlichen Geschmack im Mund.« Er streckt Dot seine dunkelblaue Zunge entgegen, woraufhin sie erneut einen auf Sid James macht und in Richtung Espressomaschine verschwindet.
»Willst du noch einen?«
Ich schüttele den Kopf, während er völlig selbstvergessen anfängt, seine Zunge mit einer Papierserviette abzutupfen.
Ich glaube, ich mag Ben.
Er erinnert mich an Jamie. Nicht äußerlich. Jamie gleicht einem ätherischen Engel, der gerade einen auf den Deckel bekommen hat, Ben dagegen sieht auf markante Weise gut aus, doch sie scheinen die gleiche Wärme und Offenheit zu haben.
»Also, Annabelle, wann kannst du anfangen?«
Überrascht setze ich mich auf.
»Wie, einfach so? Willst du mich gar nichts fragen? Ein richtiges Bewerbungsgespräch mit mir führen?«
Leicht verwirrt sieht er mich an.
»Du bist doch längst angestellt, hier geht es nur noch um die Einzelheiten.«
»Ach ja?«
»Klar. Wie wär’s«, Ben schiebt seinen Stuhl zurück und steht auf, »wenn ich dich ein bisschen rumführe?«
Unten in dem massiven Gewölbekeller befindet sich also die neue Tanzfläche. Das Ganze erinnert an eine Kirche ohne Bänke und Kanzel. Noch immer ist dort ein Grüppchen Handwerker zugange, die drauflos hämmern, Holz beizen und die Anlage überprüfen.
Ben erzählt weiter.
»Ich mache diesen Job jetzt seit fünf Jahren, und seit einem Jahr arbeite ich für Eddie.« Er erwähnt Eddie, als würde ich ihn sehr gut kennen. »Klasse Typ, oder? Was mich betrifft, ich hänge sowieso viel in Bars rum, da kann ich mich auch dafür bezahlen lassen. Und im Interesse meiner Leber hatte ich gedacht, dass es vielleicht wie in einem Süßwarenladen ist – du weißt schon, erst stopft man sich voll mit dem Zeug, dann packt man es nie wieder an. Leider bin ich immer noch in der Vollstopfphase. Ich fürchte, die rabiate Methode hat nichts gebracht, aber ich bin noch nicht an Alkoholvergiftung gestorben, dem Himmel sei Dank. Ich werde wahrscheinlich eher am Kummer sterben, weil dieses Pack seine Arsche nicht hochkriegt!« In gespielter Wut wedelt er mit der geballten Faust in Richtung der Arbeiter, die sein Lachen gutmütig erwidern.
»In der Zwischenzeit läuft der Betrieb oben weiter wie immer. Wenn du also bereit, willig und in der Lage bist, dann könnte ich dir einen Sprung ins kalte Wasser anbieten. Eines der Mädchen, Abi, liegt mit einer Grippe im Bett. Könntest du also schon Samstagabend? Glaubst du, dass du damit klarkommst? Das ist eine von den Killerschichten, von sechs Uhr abends bis drei Uhr früh.«
»Ich bin da.«
»Großartig.« Er strahlt hocherfreut. »Eddie hat gesagt, du passt zu uns wie die Faust aufs Auge, und ich glaube, er hat Recht. Aber er hat auch ein Auge für gute Mädchen.«
»Klar, und für schlechte hat er auch eins, wenn ich das richtig sehe«, murmele ich ohne nachzudenken.
Amanda ist so aufgeregt darüber, dass ich im »Daisy’s« arbeiten werde, dass sie einen ihrer seltenen normalen Momente zeigt und mich durchs Wohnzimmer wirbelt.
Was hatte sie eigentlich da im Wohnzimmer zu suchen, als ich aus dem Club zurückkam? Seit meinem Treffen mit Eddie Farrar gehört sie beinahe
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