Die Hochzeit meiner besten Freundin
eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr und fährt sich dann mit der Hand über die Augen, um die Tränen wegzuwischen, »wenn du hier gewesen wärst, dann wäre es mir wohl auch nicht passiert. Du hättest ihn in Sekundenschnelle durchschaut.«
»Vielleicht, aber du hättest nicht auf mich gehört.«
»Aber«, fährt sie traurig fort, »wenn du hier gewesen wärst, hätte ich sowieso keine Chance gehabt. Er hätte sich nämlich Hals über Kopf in dich verliebt.«
Ich beschließe, dass es besser ist, darauf nichts zu antworten, und werfe stattdessen mit einem Kissen nach ihr, was sie glücklicherweise zum Lachen bringt.
»Hat er dich gesehen?«, frage ich und halte ihr gleichzeitig die verbleibenden Ecken des Schokoriegels hin.
»Oh, ja. Du kannst stolz auf mich sein, Belle.« Sie grinst trocken und streicht sich über das zerzauste Haar. »Ich war cool. Habe mich nicht aufgeregt, habe ihm keine Szene gemacht, ich habe nicht mal mit ihm gesprochen. Ich habe ihn einfach nur registriert. Du weißt schon, mit einem gnädigen Kopfnicken. Wie die Queen.« Sie verschlingt eine Ecke der Schokolade und greift sich den Rest des Riegels.
»Wie die Queen?«
»Wie die Queeeeeen.« Sie ahmt den königlichen Akzent nach. »Ganz majestätisch und elegant.« Wieder kichert sie.
»Und dann?«
»Und dann habe ich mir den am nächsten stehenden süßen Kerl geschnappt und ihm meine Zunge in den Rachen gesteckt, und das vor den Augen von Rattengesicht Richard. Danach habe ich meine Handtasche und Amanda geschnappt und bin gegangen.«
»Mein Gott, wer ist denn das noch!«, jammert sie, als die Klingel erneut ertönt. »Wenn es Amanda ist, sag ihr, dass sie eigentlich nebenan wohnt, falls sie es vergessen hat.«
»Keine Sorge, das ist wahrscheinlich die Pizza. Endlich. Mit einer Stunde Verspätung.«
»Mmmm, Junk-Food.« Nicky hört auf zu schluchzen und strahlt mich an. »Vergiss die Diamanten, Belle, du bist wahrhaftig der Frauen bester Freund.«
»Ich dachte immer, der Frauen bester Freund ist Junk-Food?«
»Ja, das und Pickelabdeckcreme.«
»Vergiss die Schokolade nicht.«
»Gehört die nicht zum Junk-Food?«
»Neiiin. Schokolade ist eine Klasse für sich. Genau wie Alkohol.«
»Also sind der Frauen beste Freunde Diamanten, Junk-Food, Pickelabdeckcreme und Schokolade?«
»Wenn das nicht bezeichnend ist, was? Eine Frau kann nie genug Freunde haben.«
Das Treffen mit Richard scheint einen Wendepunkt in Nickys Leben darzustellen.
Um es ganz platt auszudrücken: Es ist, als hätte sie einen Geist flachgelegt, weshalb sie nicht länger die Lebenden flachlegen muss. Nicht, dass sie mit allen Männern geschlafen hat, mit denen sie aus war. Dafür verdiente sie einen Eintrag ins GuinnessBuch der Rekorde.
Nickys Traummann
Rücksichtsvoll
Gutmütig
Aufrichtig
Mit viel Sinn für Humor und einem Knackarsch
Nun, das verrät ja wohl mehr über Nicky als über die Art Männer, hinter denen sie her ist, nicht wahr? Es zeigt, dass sie endlich über die Phase mit dem Motto »Anschauen, anmachen, flachlegen« hinweg ist, die sie durchlebte, weil sie auf so schändliche Weise gerichardet worden ist.
Zumindest hoffe ich, dass ich richtig liege. Wenn man selber allein ist, gibt es nichts Schlimmeres, als die Laute im Nebenzimmer, die sich zur Ekstase steigern. Selbst wenn sie von der besten Freundin kommen. Ach was, besonders wenn sie von der besten Freundin kommen.
Kapitel 9
Eine weitere Nacht hinter einem Busch.
Dieses Mal habe ich in einem Gebüsch vor einem netten Restaurant in Epping Forest Stellung bezogen. Dot hat mir verraten, dass Eddie mit jemandem zum Abendessen verabredet ist.
Nachdem ich Arnold zu seiner weitesten Reise seit zwei Jahren gezwungen habe, stellt sich Eddies heißes Date als eine kleine blonde Dame Mitte fünfzig heraus. In Gedanken durchforste ich das Guinness-Buch des Eddie Farrar und komme zu dem Schluss, dass es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um seine Mutter handeln muss.
Ich habe Glück. Eddie sitzt an einem Fenstertisch, der vom Busch aus gut zu sehen ist.
Zehn Minuten später gesellt sich eine strahlende Frau zu ihm, die wie eine kleinere Ausgabe einer höchst vergnügten Judith Chalmers aussieht. Sie ergreift seine Hände und küsst ihn herzlich auf beide Wangen.
Nickys Handy, das in den letzten Wochen eher zu meinem Handy geworden ist, fängt an, eine gedämpfte Version der »Nussknacker-Suite« zu spielen und kündigt somit einen Anruf an. Ich zucke zusammen und verhake mich prompt
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